Militante Veganerin gegen Markus Rühl: Was wirklich während des Interviews passiert ist

Eigentlich wollten die Influencerin und der Bodybuilder über Veganismus diskutieren. Dann kam es zu einem rechtlichen Verstoß.
Raffaela Raab, bekannt als Militante Veganerin, sorgte mit einem Interview-Auftritt an der Seite von Bodybuilder Markus Rühl erneut für Aufsehen. In dem erst kürzlich veröffentlichten Youtube-Video diskutierten Raab, die gerne anhand von Videos polarisiert, und Rühr fast eine gesamte Stunde über den Konsum von tierischen Produkten. Das anfänglich ruhige Gespräch entwickelte sich besonders in den letzten Minuten in eine andere Richtung. Was ist passiert?
Hier sind die wichtigsten Fakten zum Fleischesser-Veganerin-Interview.
1. Um welches Format handelt es sich?
In dem Format „Leeroy will‘s wissen“ treffen stets zwei Gegenpole aufeinander, um eine Diskussion auf Augenhöhe zu führen. Das Youtube-Format erfreut sich großer Beliebtheit bei mehreren Millionen Zuseher:innen. Im Mittelpunkt jeder Folge steht der Moderator Leeroy, der öfter die Wogen zwischen den Gesprächspartner:innen glätten muss.
Das Format ist dafür bekannt, Thematiken anzusprechen, vor denen viele zurückschrecken. Die Gegenüberstellung einer Jüdin und eines ehemaligen Nationalsozialisten ist nur ein Beispiel.
2. Wer ist die Militante Veganerin?
Raffaela Raab wurde in Wien geboren. Sie ist 26 Jahre alt und hat im Jahr 2021 ihr Medizinstudium abgeschlossen. Zurzeit arbeitet Raab als Aktivistin: Durch etliche Aktionsformen der letzten Jahre und den sozialen Medien konnte sie Aufmerksamkeit erlangen. Unter dem Online-Namen „Die Militante Veganerin“ setzt sich Raab besonders gegen Speziesismus ein. Dabei handelt es sich um die moralische Diskriminierung von Lebewesen aufgrund ihrer Artzugehörigkeit.
Ihre Herangehensweise hat in der Vergangenheit für viel Aufregung gesorgt. Raab wird besonders für ihren Umgangston und ihre Art der Aktivismus-Vermittlung kritisiert.
3. Wer ist Markus Rühl?
Markus Rühl ist 51 Jahre alt und wurde in Darmstadt geboren. Der gelernte KFZ-Mechaniker und Bürokaufmann begann 1991 mit dem Bodybuilding. In den darauffolgenden Jahren gewann er einige Preise als Bodybuilder. 2010 gab er seinen endgültigen Rücktritt bekannt und ist seither als Leiter eines Sportstudios tätig. Der ehemalige Bodybuilder ist des Öfteren auf Sportmessen zu sehen.
Rühl ist bekennender Fleischesser und dafür bekannt, sich gerne mit proteinreicher Ernährung zu beschäftigen. Der 51-Jährige wurde erst kürzlich wegen eines Vorfalls auf der Fitnessmesse FIBO 2023 kritisiert. Er soll Fitness-Kollegen und Veganer Paul Unterleitner versucht haben zu überreden, Fleisch zu konsumieren.
4. Wie verlief das Interview?
Zu Beginn des Interviews kommunizieren Raab und Rühr in Ruhe und voller Überzeugung. Bodybuilder Rühr gibt der Militanten Veganerin in vielen Punkten sogar recht. Es wird kritisch, sobald Rühr während des Interviews mehrmals darauf verweist, dass eine vegane (und generell gesunde) Ernährung für viele zu teuer ist. Rühr erwähnt auch den traditionellen Aspekt des Fleischkonsums und dass er nicht verzichten möchte. Er sagt: „Ich würde auch einen Hund essen“.
Die Militante Veganerin ist anderer Meinung. In weiterer Folge des Interviews verdeutlicht Raab ihre Position zu Speziesismus, indem sie die Fleischindustrie als den größten Fall von Massenvernichtung jemals bezeichnet. Außerdem merkt sie darauf an, den Moderator ähnlich wie ein Tier schlachten zu können und zieht Vergleiche zwischen der Tierhaltung und dem Holocaust.
5. Was ist an Raabs Holocaust-Vergleichen problematisch?
Der Holocaust, auch Schoah genannt, war ein gezielter Völkermord, bei dem rund zwei Drittel aller damals in Europa lebenden Jüd:innen getötet wurden. Es mussten während des Zweiten Weltkriegs somit 5,6 bis 6,3 Millionen europäische Jüd:innen sterben.
2004 startete PETA eine Kampagne, die Massentierhaltung mit dem Holocaust verglich. Die Aktion wurde unter dem Motto „Der Holocaust auf ihrem Teller“ europaweit geschaltet. Das Leid von Masttieren wurde mit dem von KZ-Insassen gleichgesetzt. In den USA und Deutschland wurde erfolgreich von Holocaust-Überlebenden Klage eingereicht. Es kam zu einem Verbot, das 2012 vom Europäischen Gerichtshof erneut bestätigt wurde.
Der Vergleich der Militanten Veganerin ist somit rechtswidrig. In zwei Infoboxen wird während des Interviews auf das Gerichtsurteil und die Bagatellisierung hingewiesen.
6. Welche Reaktionen gibt es auf das Interview?
Zurzeit kursieren Kurzclips des Interviews auf Tiktok. Einige User:innen sind sich sicher, dass Markus Rühr die Militante Veganerin fast zum Weinen gebracht hat. Für andere ist klar, dass sie dem ehemaligen Bodybuilder lediglich zugehört hat - laut User:innen eine Seltenheit. Ein Tiktok-User schreibt: „Auf einmal ist sie still und hört zu. Er macht das unmögliche möglich“.
Auf Youtube finden sich weitere Kommentare der Zuseher:innen. Ein User schreibt: „Also mal abgesehen von der Art und Weise wie Raffaela einem versucht das Thema näherzubringen, hat sie zum Großteil schon recht mit dem, was sie sagt“. Die Mehrheit der User:innen ist sich allerdings sicher, dass die Militante Veganerin zu radikal kommuniziert.
Passend dazu: 3 Gründe, warum ich nach TikTok-Videos der militanten Veganerin erst recht Fleisch essen will