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Am Wiener Graben wurde G‘wand einbetoniert - als Mahnmal gegen Konsumwahn

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Von: Christian Kisler

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Die Installation „Vor Ort“ von Hannes Zebedin am Graben, mit in Beton eingegossenen Kleidungsstücken
Bei einer Installation am Wiener Graben wurde G‘wand in Beton eingegossen und thematisiert so Modewahn und Migration. © Iris Ranzinger/Kunst im öffentlichen Raum GmbH/BuzzFeed Austria

Am Graben, der Wiener Luxusmeile, befindet sich seit kurzem ein Monument aus Beton und G‘wand, gegen Konsum- und Modewahn. Ein gewollter Widerspruch.

Es heißt ja, Gegensätze ziehen sich an. Hier, am Graben im ersten Wiener Gemeindebezirk, Geschäfte, in denen ein Monatsgehalt für auch nur eines der dort angebotenen Teile nicht ausreicht. Nicht weit entfernt haben wir mit dem Schwedenplatz einen Ort, der städtebaulich so gar nicht funktioniert und Elend anzieht, nicht nur Feierwütige am Wochenende. Was früher vielleicht nach Freiheit roch, ist in weiten Teilen durchkommerzialisiert worden und zieht nur noch Tourist:innen an. Wenn sie denn einen Abstecher nach Wien und damit vor allem in die Innere Stadt, auf die Kärntner Straße, zum Stephansdom, vielleicht auch zur Goldmeile in den Tuchlauben und eben zum Graben wagen. COVID-19 hat da viel verändert, die Inflation ebenfalls. Sparen ist angesagt.

Eine vier Meter hohe und 80 Quadratmeter große Installation aus G‘wand und Beton

Wer das nötige Kleingeld hat, frönt aber weiterhin dem Konsum, manche sprechen von Wahn. Und, mal ganz ehrlich, gibst du nicht auch nicht deine Kohle für schöne Dinge aus, die du nicht wirklich brauchst? Ich für meinen Teil kann mich da nicht ausnehmen, bei aller Achtsamkeit. Um nun diesem „Wahn“ mit einem Kunstwerk zu entgegnen, hat der Künstler Hannes Zebedin eine vier Meter hohe und 80 Quadratmeter große Installation aus Kleidungsstücken und Beton geschaffen. Titel: „Vor Ort“. Mitten am Graben, symbolträchtiger geht es kaum.

In der Mauer des Objekts sind fein säuberlich hochpreisigere Designerstücke eingegossen, während auf dem „Boden“ Wegwerfg‘wand vermeintlich achtlos angebracht ist, eben wie hingeworfen, zurückgelassen. Das Werk soll zum Nachdenken anregen, und zwar über das eigene Konsumverhalten und Ressourcenverbrauch, aber auch über Migration und all das, was Menschen auf der Flucht zurücklassen müssen.

Und natürlich geht es auch um unser Verhältnis zu Mode. Die meisten von uns, auch du und ich, haben mehr Gewand im Kleiderkasten, als wir je anziehen können. Manche Stücke hattest du vielleicht einmal an, Stichwort: Fehlkauf. Dabei könntest du die Teile ja auch mieten. „Inmitten von glamourösem Shoppingvergnügen und Touristenströmen lässt Hannes Zebedin zwei soziale Parallelwelten aufeinandertreffen“, kann man im Pressetext lesen.

Bis November hast du Zeit, dir die Beton-G‘wand-Installation anzuschauen

Dass Mode, Kleidung, G‘wand auch immer eine Signalwirkung nach außen, einen Symbolwert hat, ist nicht neu. Wir definieren uns ja darüber, wie wir uns anziehen, es zeigt, wo wir dazugehören wollen, sei es gesellschaftlich oder (pop)kulturell.

Zu sehen wird Hannes Zebedins Installation jedenfalls noch bis November sein, finanziert und organisiert wurde sie von KÖR, kurz für „Kunst im öffentlichen Raum“. Der Spot am Graben wird dabei seit 2010 regelmäßig neu gestaltet. „Hannes Zebedin referenziert in seiner Arbeit auf die unmittelbare Umgebung am Graben und greift in seiner Gestaltung die gängige Art der Präsentation vor Ort auf“, erklärt Martina Taig, Geschäftsführerin von KÖR. „Seine Darstellung von Kleidung geht jedoch weit über ein reines Ausstellen zum Goutieren und Konsumieren hinaus. In seiner zweiteiligen skulpturalen Setzung wird einerseits auf den Reichtum und die Sehnsucht mancher Menschen nach Ansehen am Ort verwiesen und andererseits Migration thematisiert und das gezeigt, was Menschen zurücklassen, um aus einem Unort an einen anderen, hoffentlich besseren Ort zu kommen.“

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