Mein erstes Mal … bei einem Musikvideo-Dreh

Die österreichische Rapperin Hunney Pimp hat ein Musikvideo für ihre neue Single gedreht. Ich war dabei.
Musikvideos faszinierten mich schon als Kind. Damals, als es noch VHS-Kassetten und gute alte fette Röhrenfernseher gab, schaute ich stundenlang MTV und nahm mir meine Lieblingsclips auf. Ich tanzte mit Sean Paul in einer schwitzenden Dancehall-wütigen Menge bei illegalen Keller-Partys und imitierte die Choreografien von Jennifer Lopez.
Irgendwas haben sie an sich, diese rund dreiminütigen Clips. Wenn sie gut gemacht sind, ziehen sie einen in ihren Bann, man fühlt und sieht die Musik, vergisst den Alltag für einen Augenblick. Umso mehr habe ich mich gefreut, dass sich mir vor kurzem die Möglichkeit geboten hat, selbst bei so einem Musikvideo-Dreh dabei zu sein - und zwar für die neue Single der österreichischen Rapperin Hunney Pimp.

Sexy Posen und viel Attitude
An diesem sonnigen Freitag sind wir zur Mittagszeit im Shanghai Tan verabredet, einem sexy Lokal im 6. Wiener Gemeindebezirk. Und wenn ich „sexy“ schreibe, dann meine ich auch sexy. Rote Lampions, dunkle Holzverkleidung, bestickte Samtpolster, that kind of sexy. Die Crew ist gut gelaunt, die Künstlerin gerade mit den ersten Shots fertig, als wir (die Statistinnen) eintreffen. Farben, Formen, Posen, all das und noch vieles mehr gilt es, zu beachten.
Ein Blick (oder mehrere) in den Spiegel, ob das Outfit sitzt, und dann geht es auch schon hinunter in das Subterrain, wo wir als Gruppe von fünf Ladies vor ein riesiges Studiolicht treten. Aufgabe 1: Nicht bewegen und im Hintergrund cool posen, während Hunney Pimp mit gewohnt professioneller Hip-Hop-Attitude ihre Strophen zum Besten gibt.

Der Entstehungsprozess eines Musik-Videodrehs
Während dicke Bässe und harte Punchlines den Boden zum Beben bringen, werden Minuten zu Stunden. Verpflegung gibt es in Form von Pizza und Eistee. Ausdauer ist gefragt - schließlich kann selbst der Dreh eines dreiminütigen Clips den ganzen Tag dauern. Wie entsteht so ein Musikvideo aber eigentlich? „Während ich Lieder schreibe, habe ich meist schon Farben und eine Atmosphäre im Kopf. Ich weiß dann auch recht bald, in welche Richtung das Musikvideo gehen wird”, erzählt Rapperin Hunney Pimp.
Nicht alles, was man sich vorstelle, könne man aber umsetzen: „Die Realität gibt natürlich Grenzen vor, aber ich suche nach möglichst passenden Utensilien, Menschen und Locations, und das braucht seine Zeit.” Hunney Pimp hat sich jetzt mit ihrem eigenen Label selbstständig gemacht. Als Indie-Artist liegt die Verantwortung für alle Aspekte der Produktion letztendlich bei ihr selbst, von der Konzeption bis hin zum Organisieren von Equipment und Kostümen.
Dabei messe man sich auch mit Major Label-Produktionen. „Ich will die besten Bilder bekommen, aber auch dass der Dreh für alle angenehm ist.“ Ein kleines Team von kompetenten Leuten auf die Beine zu stellen, die ihr Handwerk beherrschen und eine ähnliche Vorstellung von Ästhetik haben, das sei der Schlüssel zur effektiven Arbeit.
Spontanität beim Dreh
„Bei einem Musikvideo-Dreh ist uns vernünftige Spontanität sehr wichtig. Zu Tode geplant ist nicht so unser Workflow“, erzählt Raphael Moser, selbst Fotograf, der Hunney Pimps kreatives Schaffen seit einigen Jahren begleitet und heute auch für das Lichtdesign zuständig ist.
Zwar habe man ein Grundgerüst und eine Shotlist, viel wichtiger sei aber, die vorhandene Umgebung gut zu nützen - mit passendem Lightning zum Beispiel. Im Vordergrund stehe ein stimmiges, in sich geschlossenes Gesamtbild, für das man auch das richtige Gespür haben müsse. „Ein Musikvideo-Set ist wie eine unbeschriebene Leinwand. Wichtig ist, was du draus machst“, sagt Moser.

To-Dos und No-Gos am Set
Kameramann Deissi, der bereits an verschiedenen Projekten mit der Rapperin und dem Fotografen gearbeitet hat, schätzt das gegenseitige Vertrauen der Crew. Man habe auch mehr kreativen Freiraum bei einer Indie-Produktion. „Im Vorfeld hat man zwar schon Bilder im Kopf, aber viel entsteht dann erst während der Arbeit am Set.”
Wie man sich als Statist:in verhalten sollte? „Einfach immer den Anweisungen der Crew folgen“, lacht Deissi. No-Gos gebe es natürlich auch, wie beispielsweise schlechte Stimmung am Set - „oder wenn Leute so richtig besoffen sind, nicht auf die Regie hören oder im schlimmsten Fall sogar Equipment beschädigen. Respect the art!“
Langsam trudeln die ersten Lokalgäste ein. Unser Drehtag neigt sich dem Ende zu. Beim anschließenden After-Hour Drink lassen wir den Video-Shoot nochmal gemeinsam Revue passieren. „Leute, des wird a wüder Clip!”, lacht Hunney Pimp zufrieden.
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