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„Die kleine Raupe Nimmersatt“ soll schädlich für Kinder sein

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Von: Christian Kisler

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Das Cover von „Die kleine Raupe Nimmersatt“, eine junge Frau und ihr Kind beim Lesen von „Die kleine Raupe Nimmersatt“
Eine australische Forscherin übt Kritik an „Die kleine Raupe Nimmersatt“ © Christophe Gateau/dpa/Jochen Zick/Action Press/APA-PictureDesk

Eine Forscherin hat Kinderbücher in Kindertagesstätten untersucht. Ihrer Meinung sind viele „veraltet“ und „schädlich“. Darunter: „Die kleine Raupe Nimmersatt“.

Wir alle waren einmal klein, und wenn wir Glück hatten, bekamen wir dabei auch Kinderbücher in die Hände. Viele sind heute Klassiker, „Das kleine Ich-bin-Ich“ etwa wurde erst kürzlich 50 Jahre alt. Außerdem ist es ins Ukrainische übersetzt worden, wobei 5.000 Exemplare an ukrainische Kinder gespendet wurden. Natürlich ist es auch ein Geschäft, ein sehr gutes sogar. Und genauso natürlich haben sich nicht nur Moden, sondern auch Wertvorstellungen über die Jahre und Jahrzehnte gewandelt. Bei Pumuckl zum Beispiel wurde sowohl in den Büchern, im Hörspiel und in der Serie geraucht und gesoffen. Gecancelt werden muss er deswegen trotzdem nicht. Kindern eine Serie zu zeigen oder ein Buch vorzulesen bedeutet für Eltern, Geschwister, Tanten, Onkel und wer auch immer sich zum Erziehungsberechtigten berufen fühlt, Verantwortung. Dazu gehört, dass du manche Sachen eben erklären musst, aber das sollte sich eigentlich von selbst verstehen.

Einer australischen Forscherin sind einige Kinderbuchklassiker unangenehm aufgefallen

Nun ist eine australische Kindheitsforscherin herangetreten und hat untersucht, welche Bücher in Kindertagesstätten aufliegen und auch vorgelesen werden. Helen Adam von der School of Education der Edith Cowan University in Australien hat deshalb den Kinderbuchbestand in acht Kindergärten durchforstet, vier in Australien, vier in Großbritannien. Ihr Ziel war es, herauszufinden, inwieweit die betroffenen Bücher auch divers und inklusiv genug seien. Dabei sind ihr einige im englischen Sprachraum beliebte Klassiker unangenehm aufgefallen, würden sie doch „veraltete Stereotypen aufrechterhalten“.

Neben bei uns weniger bekannten Werken wie „Harry the Dirty Dog“, „Hairy Maclary“, „Wombat Stew“ und „We’re Going on a Bear Hunt“ stieß sie sich auch an auch in unseren Breiten gern in der deutschen Übersetzung gelesenen Kinderbüchern. Und vorab, bis dato waren beide über jeden Verdacht erhaben und galten bisher als pädagogisch wertvoll. Einerseits Maurice Sendaks „Wo die wilden Kerle wohnen“, im Original „Where the Wild Things Are“ von 1963 und andererseits „Die kleine Raupe Nimmersatt“ von Eric Carle, im Original „The Very Hungry Caterpillar“ von 1969. Darin frisst sich die titelgebende Raupe durch verschiedene Lebensmittel, um ihren immerwährenden Hunger zu stillen, und entpuppt sich schließlich als Schmetterling. Auffällig war damals und ist heute noch die ungewöhnliche Gestaltung des Buches: Die Raupe hinterlässt tatsächlich Löcher in den Kartonseiten, was die Geschichte für kleine Kinder besonders greifbar macht - im wahrsten Sinne des Wortes.

Eltern sollen zu modernen Kinderbüchern greifen

Helen Adam und ihr Team wollten dabei keines der meist schon älteren Werke verteufeln, der nähere Inhalt oder gar die Botschaft scheinen nicht beachtet worden zu sein. Vielmehr machte sie darauf aufmerksam, dass 90 Prozent der Bücher eben veraltet und nicht besonders divers seien. Außerdem würden sie einen Mangel an der Repräsentation von Jungen und Mädchen in nicht-traditionellen Geschlechterrollen aufweisen. Was das mit „Die kleine Raupe Nimmersatt“ zu tun hat, verstehe ich nicht so ganz, aber ich hatte das Büchlein ja auch schon seit ewigen Zeiten nicht mehr in der Hand. Vielleicht würde ich es heute mit anderen Augen sehen. Soweit zu gehen und es wie Helen Adam als „schädlich“ für Kinder einzustufen, würde ich halt nicht. Ich bin aber auch kein Pädagoge.

Letztlich geht es Helen Adam auch darum, aufzuzeigen, dass die Bücher an sich nicht schuld an der Entwicklung von Kindern seien. Sondern die Eltern, die immer wieder die gleichen alten Klassiker kaufen würden. Stattdessen sollten sie zu modernen Werken greifen, da gäbe es genug mit diversen, inklusiven und fortschrittlichen Rollenverteilungen zwischen Frau und Mann oder Mädchen und Bub - oder Mädchen und Mädchen und Bub und Bub oder in jeder erdenklichen Konstellation. In Ungarn etwa erschien ein Märchenbuch mit queeren Prinzen und Trans-Bambis.

Eine kleine Anekdote noch zur „Kleinen Raupe Nimmersatt“: 1999 erklärte der spätere US-Präsident George W. Bush es zu seinem Lieblingsbuch. Es hätte ihm beim Heranwachsen wertvolle Hilfe geleistet. Allerdings war der gute Mann zum Zeitpunkt des Erscheinens der „Kleinen Raupe“, 1969, schon 23 Jahre alt. Das erklärt rückblickend sehr viel.

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