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„Alles ist schlimmer, schneller und egozentrischer“: Schlechte Stimmung in Wiens Technoszene?

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Von: Sophie Marie Unger

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Techno-Rave auf der Donauinsel und im Wiener Prater
Die Technoszene blüht, doch hinter den Kulissen gibt es Spannungen. © Instagram/dutanztmichmal

Open-Air-Techno-Raves retteten uns teils durch die Corona-Pandemie. Für viele sind sie nun zu nicen Party-Alternativen geworden. Doch was spielt sich im Hintergrund ab?

Day- und Outdoor-Technoevents hatten während der Krise Hochkonjunktur. Und irgendwie hat sich das Konzept einfach bewährt: Man muss sich nicht erst um 23 Uhr vom bequemen Plätzchen erheben, nutzt die sommerlichen Temperaturen und hat am nächsten Tag meist auch nicht den Kater des Todes. Grund genug, diese Form des Feierns auch weiterhin in den Alltag zu integrieren. Was sich für uns Gäste so luftig und leicht gestaltet, scheint für viele Organisator:innen jedoch zur Nervenprobe geworden zu sein. BuzzFeed Austria hat nachgefragt, warum die Stimmung gerade angespannt ist.

„Techno ist nicht mehr Techno“

Dieser Trend, der sich wohl schon ein wenig vor Corona abzeichnete, findet zumeist auf dem Rücken des Techno statt. Denn Raves irgendwo im Wald oder an sonstigen abgelegenen Stellen gab es ja schon immer. Während bei diesen Underground-Events aber eher die Musik und die Kulturform an sich im Vordergrund standen, dürfte sich nun immer mehr der Kommerz durchsetzen. Das bekrittelt auch Rudi Wrany alias DJ Crazy Sonic. Er ist seit den frühen 90ern als DJ und Veranstalter in Österreich und im Ausland unterwegs. „Im Moment ist ‚Techno‘ schon so ein ausgezehrter Begriff, längst kein Underground mehr und schon gar kein ‚neuer‘ Sound. Es ist längst nicht mehr das Können entscheidend, sondern die Präsentation auf Social Media, die Follower und das Aussehen [...] Techno ist gerade alles, ist also nichts. Irgendwas mit Techno quasi…“, erklärt Wrany.

Konkurrenzkampf verstärkt sich

Dadurch, dass die Technoszene nun keinen Nischenplatz mehr einnimmt, kommen immer mehr Organisator:innen hinzu, die auf die gestiegene Nachfrage reagieren. Auffallen tut das schon, wenn man so seine Facebook-Veranstaltungen durchscrollt und merkt, dass jeden Tag irgendwo ein Rave stattfindet. Veranstalter und DJ Kristof Grandits spricht sogar von einem „gänzlich übersättigten Markt“. Dieser werde sich über die nächsten Monate, oder gar Jahre ausdehnen, „was dem Genre eventuell nicht guttun wird“, so Grandits. „Irgendwann wird das in sich zusammenbrechen und dann ausdünnen“. Das Problem, das laut Rudi Wrany immer mehr an die Oberfläche kommt ist, dass „alle auf Teufel komm raus gewinnen wollen“.

 „In jeder Branche gibt es Konkurrenz“

Dass es mehrere Mitbewerber:innen gibt, ist für die Szeneplattform dutanztmichmal an und für sich nichts Schlechtes. „In jeder Branche gibt es Konkurrenz [...] Wir leben in einer Millionenstadt, hier wird es immer mehrere Events an einem Tag geben, was auch gut so ist“, heißt es vonseiten der Plattform. Klar ist aber, dass die Corona-Pandemie den Kampf um Mitbewerber:innen verschärft hat. „Coronabedingt sind wir alle extrem ausgehungert und kriechen am Zahnfleisch daher“, hält Grandits fest. „Wir haben alle einen immensen Nachholbedarf und alle sind motiviert, etwas zu machen. Diese Entwicklung ist eine ganz logische Konsequenz und daher kommen die ersten Open Airs nicht gediegen daher“, meint er weiter. Rudi Wrany sieht es noch etwas kritischer: Seit der Krise sei alles „noch schlimmer, schneller, teurer und egozentrischer als davor.“

Kooperation lässt zu wünschen übrig

Einen großen Austausch zwischen den einzelnen Veranstalter:innen dürfte es jedenfalls nicht geben. Deshalb kam es in jüngster Vergangenheit auch zu einigen terminlichen Kollisionen, die für Unmut sorgten. Auch wenn diese nicht gänzlich vermieden werden können, wünsche sich Grandits „einen runden Tisch und mehr Kooperationen zwischen den großen Veranstaltern, wenn auch nur im Sinne einer terminlichen Absprache“. Die Szene-Plattform dutanztmichmal sieht das ähnlich: „Wenn sich die Big Player ein bisschen mehr zusammen sprechen würden, dann würde es der Szene sicher guttun.“ Für Wrany wäre eine natürliche Ausdünnung notwendig, „da man in diesem dichten Gedränge keine Koordination erwarten darf“. Egal, worauf sich die Veranstalter:innen hier einigen - wir feiern euer Engagement und hoffen, dass sich die vorherrschende Energie bald in positive Vibes auflöst.

Eventuell verteilt es sich ja schon bald besser, nachdem die Clubs nun endlich wieder geöffnet haben.

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