12 skurrile Museen, die es nur in Wien geben kann, weil die Hauptstadt eben anders ist

Je niedriger die Temperaturen, desto höher die Wahrscheinlichkeit für einen Museumsbesuch. Statt Kunst und Kultur dürfen es auch Clowns, Ziegel und Särge sein.
Irgendwann wird auch der letzte Lockdown vorbei sein. Jeder Stadtwanderweg wird bis dahin gefühlte 357 Mal absolviert worden sein, das Wort „Spaziergang“ löst nur noch Aggressionen aus. Unser selbst gebackenes Brot gelingt mittlerweile meisterhaft, kann aber niemand mehr sehen geschweige denn essen. Die Wohnung hat eine Ebene der Sauberkeit erreicht, die das letzte Ferkel nicht für möglich gehalten hätte.
Musem statt Konzert und Kino
Was tun also mit den neuen Möglichkeiten? Konzert-, Kino- und Theaterbesuche lösen nach wie vor ein wenig Unbehagen aus, dafür brauchen wir noch ein wenig Zeit. Tiergartenaufenthalte überlassen wir großzügig Familien mit Kindern, die sich dort gegenseitig auf die Füße steigen dürfen. Was sich aber gerade bei gedämpften Temperaturen anbietet, wenn du unbedingt das traute Heim verlassen willst: ein Besuch im Museum.
Menschenmassen verteilen sich in den meisten Häusern ganz gut, man muss ja nicht gerade die Sonderausstellung mit Zeitkarten im Kunsthistorischen Museum besuchen. Alternativen gibt es reichlich, vom Kunst Haus Wien über die Albertina bis hin zum Jüdischen Museum. Wem das alles zu gewöhnlich ist, auch hierfür gibt es genügend Angebote, vor allem in Wien. Achtung, es wird skurril bis gruselig - finde ich zumindest.
1. Circus- & Clownmuseum: Wo das Lachen im Hals stecken bleibt
Nicht erst seit Stephen Kings Klassiker „It“ mit dem Killerclown Pennywise sind sehr vielen Menschen Clowns nicht geheuer. Schlimmer noch: Viele hegen Abscheu gegenüber den rotnasigen Zeitgenoss:innen. Dass mit John Wayne Gacy einer der berüchtigsten Serienmörder der USA sein Geld als Clown auf Kinderpartys verdiente, macht diese Berufsgruppe nicht eben vertrauenswürdiger. Mit dem Circus- & Clownmuseum in der Wiener Leopoldstadt gibt es alles, was der Name dieser Institution bereits vermuten lässt. Kostüme, Requisiten, allerlei Zubehör und Drumherum lassen Zirkusfans auf ihre Kosten kommen und lehren Clown-Hasser:innen das Fürchten. Universalkünstler André Heller soll das tatsächlich weltweit renommierte Museum als „Archiv der wirklichen Träume und geträumten Wirklichkeiten“ bezeichnet haben. Aha.
2. Wiener Kriminalmuseum: Skelette, mumifizierte Köpfe und Galgen
Alle jene, deren Nerven von Clown- und Zirkuskram nicht überstrapaziert worden sind, können diese bei einem Besuch im Wiener Kriminalmuseum endgültig wegwerfen. Untergebracht in einem der ältesten Häuser des zweiten Bezirks wird hier die Geschichte des Wiener Justiz- und Polizeiwesens vom Mittelalter bis in jüngste Vergangenheit beleuchtet. Interessierte dürfen sich in Sachen Verhör-, Folter- und Hinrichtungsmethoden weiterbilden - sämtliche Staffeln „Dexter“ auf einmal zu bingen ist nichts dagegen.
Neben Fotos von Mordopfern, Tatwaffen und anderen grausigen auf 20 (!) Räume aufgeteilten Ausstellungsstücken gibt es zwei Exponate, die Besucher:innen wirklich das Gruseln lehren: das Skelett der 1809 hingerichteten Mörderin Theresia Kandl und der mumifizierte Kopf des Raubmörders Franz Zaglauer von Zahlheim in einem Glassturz, inklusive Zähnen und vollem Haupthaar, hingerichtet 1786. Wir empfehlen: Besser nicht mit vollem Magen dieses spezielle Museum aufsuchen.
3. Pathologisch-anatomische Sammlung im Narrenturm: Nichts für schwache Nerven
Wir bleiben in etwas abseitigen Gefilden und einem Programm, das für zarte besaitete Gemüter wenig geeignet ist. Natürlich ist die zum Naturhistorischen Museum Wien gehörende pathologisch-anatomische Sammlung im Narrenturm streng genommen kein Museum. Sie passt aber trotzdem hervorragend in diese Liste. Dort, wo bis 1869 sogenannte „Geisteskranke“ vor der „gesunden“ Wiener Bevölkerung weggesperrt wurden, ist seit 1971 die weltweit größte pathologisch-anatomische Sammlung untergebracht. Gänge voller in Spiritus eingelegter Präparate, zeigen Fehlbildungen und Krankheiten mitunter unvorstellbaren Ausmaßes. Das hier ist ECHT und nichts für schwache Nerven und Mägen. Hochinteressant ist es hier allemal.
4. Bestattungsmuseum: Urnen, Särge und Lego
Wer stirbt, landet für gewöhnlich nicht als Präparat im Museum oder in einer Schausammlung. Sondern wird am Friedhof beigesetzt, ob im Sarg oder in der Urne. Das Bestattungsunternehmen widmet sich mit Multimediainstallationen und über 250 Schaustücken den letzten Dingen, und das an einem durchaus passenden Ort: am Wiener Zentralfriedhof. Von billigen Klappsärgen über aufwändige Sarkophage bis zu ganzen Leichenkutschen vom 18. Jahrhundert bis in die Gegenwart gibt es hier alles, was das wahre, das morbide Wiener Herz erfreut. Einmal im Jahr, im Rahmen der Langen Nacht der Museen, darf sogar Probe gelegen werden. Legendär auch der Merchandise: USB-Sticks in Sargform, Turnsackerl mit „Ich turne bis zur Urne“-Aufdruck, Leichenzüge aus Lego. Pflichtbesuch.
5. Zauberkastenmuseum: Ein Mal im Monat Hokuspokus Verschwindibus
Wer das Zauberkastenmuseum in der Schönbrunner Straße in Wien-Meidling besuchen will, hat dafür nur ein kurzes Zeitfenster zur Verfügung: Geöffnet hat es nämlich nur jeden 1. Sonntag im Monat, und da auch nur von 10 bis 16 Uhr, dann verschwindet es wieder- nein, Spaß, war nur ein kleiner Scherz! 2010 von Manfred Klaghofer eröffnet, beherbergt das Museum mit 2.400 Exemplaren aus drei Jahrhunderten und 200 ständig ausgestellten Exponaten die weltweit größte Sammlung ihrer Art. Ein Eintrag im Guinness-World-Records-Buch war ihm damit gewiss. Bei Gruppenführungen gibt es auch Vorführungen mit Utensilien aus den verschiedenen Zauberkästen. Wer das gar nicht bezaubernd findet, sollte sich in Acht nehmen, nicht weggezaubert zu werden. Simsalabim!
6. Brennpunkt° - Museum der Heizkultur Wien: Wo dir wirklich eingeheizt wird
Wir bleiben in Meidling und wollen uns der hohen Kunst des Heizens widmen. Wollen. Denn einfach so kann man hier nicht hineinspazieren, auch wenn das Museum der Heizkultur bereits von außen schön leuchtet und schon von Weitem zu sehen ist. Wer den „Brennpunkt°“ besuchen will, muss sich wegen COVID-19 ein Zeitfenster reservieren. Während dieser Zeit stehen dir dafür sämtliche Räumlichkeiten zur Verfügung und du erfährst alles, wirklich alles zum Thema Heizen.
Etwa darüber, wie sich die Menschheit Feuer zunutze machte, welch organisatorischer Aufwand hinter der Beheizung von Schulen, Spitälern, aber auch Schlachthöfen steckt. Dazu gibt es eine hübsche Sammlung von Öfen ab dem 19. Jahrhundert. Damals kam man auf die Idee, dass Heizgeräte nicht nur zweckmäßig, sondern auch optisch ansprechend gestaltet werden können. Achtung, schlechtes Wortspiel: Irgendwie seltsam, aber dennoch wärmstens empfohlen.
7. Rauchfangkehrermuseum: Öfen, Russgewand, Glücksbringer
Eines der kleinen, ein wenig schrulligen Museen ist jenes, das im vierten Bezirk den Rauchfangkehrer:innen gewidmet ist. Wie im Museum für Heizkultur gibt es in der zum Bezirksmuseum Wieden gehörenden Einrichtung jede Menge historische Öfen zu sehen. Wie aufregend. Das ist natürlich nicht alles. Die „Russgewand“ genannte Kleidung gibt es in verschiedenen Ausführungen im Wandel der Zeit zu begutachten, dazu Miniaturrauchfangkehrer als Glücksbringer, Werkzeuge, Kalender, Unterlagen und die Nachbildung einer Werkstätte, wie sie vor 1950 in Wien noch geläufig war. Nach einem Besuch im Rauchfangkehrermuseum strotzt man jedenfalls förmlich vor Glück. Weil Vertreter:innen dieser Berufsgruppe schließlich genau das bringen, e kloa.
8. Feuerwehrmuseum: Tatü tata und jede Menge zum Gucken
Wer unsachgemäß heizt oder aber beim Brot Backen nicht aufpasst, droht nur allzu leicht abzubrennen. In solchen Fällen sorgt es für Beruhigung, wenn die Feuerwehr schnell und fachkundig zur Stelle ist. Nicht zuletzt deshalb ist ihr in der Wiener Inneren Stadt ein eigenes Museum gewidmet, das sich der drei Jahrhunderte währenden Geschichte der Berufsfeuerwehr in Wien annimmt. Ausgestellt sind Uniformen, Geräte, Fotos, Gemälde und Dokumente. Highlights sind freilich Löschfahrzeuge von damals bis heute, vom Holzkastenspritzen bis zu Hightech-Equipment, und sei es aus den 1970ern. Eine heiße Angelegenheit also.
9. Ziegelmuseum: Alles andere als Dachschaden
Es soll ja Leute geben, die Bauchnabelfussel sammeln. Andere sammeln Ziegelsteine. Wobei der historische, kulturelle und gesellschaftspolitische Mehrwert der zumeist zinnoberroten Quader selbstverständlich ungemein höher ist. Das Wiener Ziegelmuseum in Penzing wurde 1978 vom Verband Österreichischer Ziegelwerke ins Leben gerufen. Der residiert wiederum auf dem Wienerberg, wo einst die großen Ziegelteiche zu finden waren und wo einst unter eher nicht so menschenfreundlichen Bedingungen die zum Bauen benötigten Steine hergestellt wurden.
Im Ziegelmuseum selbst sind unzählige Ziegelsteine von unterschiedlichster Herkunft und in jeder erdenklichen Form ausgestellt, reicht die Geschichte des kleinen Grundsteins für jeden Bau doch bis 10.000 Jahre zurück. Wer das Museum besuchen will, muss auch hier pünktlich sein: Geöffnet ist es lediglich jeden ersten und dritten Sonntag im Monat von 10 bis 12 Uhr, dafür bei freiem Eintritt. Allerdings wird man ausdrücklich gebeten, selbst einen Ziegel mitzubringen.
10. Esperantomuseum: Noch mehr Sprachwirrwarr
Nicht zuletzt wegen all der unterschiedlichen Sprachen auf dieser Welt gibt es bekanntlich reichlich Verständigungsschwierigkeiten, die bis zu kriegerischen Auseinandersetzungen führen können. Nichtsdestotrotz hielt es der polnische Augenarzt Ludwik Lejzer Zamenhof 1887 für eine gute Idee, die Menschheit mit einer weiteren zu beglücken. Sein tatsächlich nobler Hintergedanke: Die von ihm entwickelte Plansprache, also komplett konstruierte Sprache Esperanto sollte tatsächlich alle anderen ersetzen, aus dem Sprachwirrwarr führen und letztlich den Weltfrieden sichern.
Im Esperantomuseum in der Wiener Innenstadt erfahren Besucher:innen alles zur Geschichte von Esperanto und können sich auch mittels Hörproben an 500 anderen Plansprachen versuchen - von Klingonisch und Elbisch bis hin zu Volapük. Damit du nicht mehr ratlos mit den Schultern zucken musst, wenn dich jemand fragt: „Ĉu vi parolas Esperanton?“
11. Enkel- und Automatenmuseum: Kaugummi und Kondome auf Knopfdruck
Ferry Ebert galt einst als Automatenkönig, seine Pez-, Kaugummi- und Kondomautomaten stehen noch in so manchem Wirtshausklo, wenn auch außer Betrieb - Ebert war 1956 der Erste, das Verhütungsmittel per Automat feilbot. Inzwischen hat er sein ehemaliges Privatbüro zu einem Miniaturmuseum umfunktioniert und bietet eine kleine Auswahl an antiken Süßigkeiten- und Verhüterliautomaten.
Seit 1999 ist Ebert nicht mehr aktiv, damals sagte er dem Automatengeschäft aufgrund der anstehenden Verdrängung des Schilling durch den Euro Adieu. Der Umbau wäre wirtschaftlich wohl nicht rentabel gewesen. Warum das Museum auch „Enkel“ im Namen trägt, hat sich uns allerdings noch immer nicht erschlossen. Privatführungen vom betagten Ferry Ebert gibt es jedenfalls lediglich auf Anfrage.
12. Globenmuseum: Around the World
Das weltweit einzige öffentlich zugängliche Museum für Globen befindet sich wo? Genau, in Wien, im zur Österreichischen Nationalbibliothek gehörenden Palais Mollard in der Herrengasse. Dort ist es seit 2005 untergebracht, nachdem es schon im 19. Jahrhundert Vorläufer davon gegeben hatte. Von den 600 Erd- und Himmelsgloben sind 200 ständig ausgestellt. Dabei sind die meisten davon alt, wirklich alt: Die meisten kugelförmigen Objekte stammen aus der Zeit vor 1850, das älteste aus dem frühen 16. Jahrhundert.
Damals war man noch der Ansicht, dass in den unbekannten und noch nicht erkundeten Meeresabschnitten des Erdenrunds Drachen und Monster hausten. Das wurde entsprechend lebhaft und bunt bebildert und mit dem Hinweis „Hic sunt dracones“, Latein für „Hier sind Drachen“, versehen. In Wahrheit sollte damit freilich verdeutlicht werden, dass es sich dabei um unerforschtes und potenziell gefährliches Gebiet handelt. Nach einem Besuch im Globenmuseum steht eines jedenfalls fest: Die Welt war immer schon ein seltsamer Ort.
Übrigens: Leider nicht in dieser Liste ist das Alt Wiener Schnapsmuseum in Meidling. Seit 2019 hat es seine Pforten bereits für immer geschlossen. Ist wohl auch besser so - zumindest für die Leber.