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Bücher lesen ist auch nicht viel umweltfreundlicher als Binge-Watching auf Netflix

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Von: Christian Kisler

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Fernbedienung mit Knöpfen für Video-Streaming-Anbieter Netflix, Prime, Disney Plus und YouTube, eine junge platinblonde Frau liest ein rotes Buch
Streamen mit Netflix, Prime, Disney Plus und YouTube oder doch lieber zu einem Buch greifen? © NurPhoto/IMAGO, Shotshop/IMAGO, BuzzFeed Austria

Zu Weihnachten und rund um den Jahreswechsel wird besonders viel gestreamt. Sehr zum Leidwesen der Umwelt. Doch sind Alternativen wie Bücher so viel besser?

Hach, die Feiertage rund um Weihnachten. Wenn sie nicht gleich zwei Jahre hintereinander auf ein Wochenende fallen, laden sie ein, innezuhalten, die Beine hochzulagern und sich vom Stress der vergangenen Tage und Wochen zu erholen. Das funktioniert umso besser, wenn man das Sofa für sich alleine hat oder mit dem Lieblingsmenschen teilt und sich eine Serie nach der anderen reinzieht.

Hin und wieder kann man die Aufforderung “Netflix and chill” ja auch wörtlich nehmen. Und einfach so lange auf den Bildschirm glotzen, bis zur Trennung von Jogginghose und Couchbezug Spezialwerkzeug benötigt wird, weil schlicht festgewachsen.

Binge-Watching gar nicht gesund?

Das klingt alles unfassbar verlockend, allein: Wie ist es um die Umweltfreundlichkeit von Streaming-Diensten wie Netflix, Amazon Prime, Disney Plus, Spotify, Deezer und wie sie alle heißen bestellt? Welche Alternativen tun sich auf? Und: Sind diese zwangsläufig weniger umweltschädlich? Wir haben uns das mal kurz angesehen.

Eines vorweg: Endloses Binge-Watching ist tatsächlich nicht besonders zuträglich, allerdings weniger aus Gründen des Schutzes des Klimas, sondern jenem der geistigen Gesundheit. Stundenlanges Dauerglotzen kann tatsächlich zu Depressionen führen und Einsamkeit verstärken. Also Pausen machen und zwischendurch einmal hinausgehen tut durchaus Not.

Nicht Binge-Watchen, rausgehen! Oder?

Womit wir schon bei der ersten Alternative zu Netflix und Co wären: Rausgehen und das wahre Leben leben, am besten mit anderen Menschen. Quasi den Alltag Geschichte(n) schreiben lassen. Aber Vorsicht: Wer viel draußen herumlatscht, sorgt für viel Abrieb bei den Schuhsohlen, der wiederum als kleinste Partikel in die Atmosphäre gelangt und zur Feinstaubbelastung beiträgt. Oder so.

Abgesehen davon, dass so immer wieder neues Schuhwerk gekauft werden muss, was auch nicht unbedingt im Sinne der Nachhaltigkeit ist. Vom witterungsbedingten Verschleiß aller anderen Kleidungsstücke ganz zu schweigen. Wir halten fest: Die eigenen vier Wände nur im Notfall verlassen, alles andere ist schlecht fürs Klima.

Buch als Vorlage zur Serie

Nicht selten lesen wir im Vor- oder Abspann mancher Filme und Serien, das folgende Geschehen basiere auf einem Roman oder einer Kurzgeschichte. Was läge also näher, sich statt der schnöden Verfilmung das Original in Buchform zu Gemüte zu führen? Immerhin sieht so ein Druckwerk schön aus, liegt gut in der Hand und unterstreicht die intellektuelle Ader der lesenden Person.

Doch auch scheinbar harmlose Lektüre birgt ihre Tücken: Wie leicht kann man sich an den Seiten schneiden oder mit Druckerschwärze beschmutzen! Die Folgen: unnötiger Verbrauch von Arznei- und Reinigungsmittel. Schlecht fürs Klima.

Bäume fällen für Bücher

Viel schlimmer noch: Für jeden Blödsinn, der sich neben durchaus lesbarer Literatur älteren und neueren Datums Buch schimpfen darf, müssen Bäume daran glauben. Was zum Waldsterben führen könnte. Andererseits haben die papierenen Freund:innen die Menschheit nicht erst seit der Erfindung des Buchdrucks entscheidend weitergebracht.

Außerdem bezeichnen sich immer mehr Verlage als klimaneutral und belegen das mit einer eigens für sie entworfenen Plakette. Prüfsiegel, die man sich selbst verleiht, sind zwar immer mit Vorsicht zu genießen. Aber immerhin verzichten ebendiese Verlagshäuser, ihre Bücher in Klarsichtfolie einzuschweißen. Punkt fürs Buch.

DVD und Blu-Ray gegen Streaming

Jetzt wird es ein bisserl schwierig. Weil schließlich kann man sich nicht nur mittels Video-on-Demand und anderen Streaming-Diensten berieseln lassen. Man kann auch eine DVD oder Blu-Ray einlegen - sofern man ein geeignetes Abspielgerät sein Eigen nennt. Das ist schon mal ein Hindernis. Und mal ehrlich, damit eine dieser Silberscheiben gegen Streaming in Sachen CO2-Abdruck gewinnt, muss man den jeweiligen Film schon oft anschauen. Sehr oft. Und nicht jeder Film, jede Serie lohnt wiederholtes Gucken.

Verpackung aus Kunststoff, Scheibe selbst aus eigentlich wertvollem Polycarbonat. Wer sich irgendwann eine dieser ausufernden Sammlungen zugelegt hat, sitzt heute auf einem Berg Sondermüll. Schaut im Wettlauf mit Netflix und Co nicht gut aus.

Vinyl oder Spotify?

Gestreamt wird ja nicht nur Video, sondern auch Audio, also Musik. Spotify, Deezer, Tidal und so weiter bieten unfassbar viele Songs für wenig Geld - leider auch für die Künstler:innen. Um nicht nur Gutes fürs Klima, sondern auch für die Moral zu tun, kann man in ohnehin seit Jahren boomendes Vinyl investieren. Sieht gut aus, klingt gut, macht sich gut im Regal.

Allein mit dem Musikgenuss unterwegs wird es ein wenig kompliziert, müsste man die Platte doch auf Kassette überspielen, um diese dann im Walkman hören zu können. Aber mal ehrlich, wir leben doch nicht im Jahr 1987. Abgesehen davon ist Vinyl ja ebenfalls eine Form von Kunststoff, wofür man wiederum Erdöl, also eigentlich tote Dinosaurier braucht. Ein Nischenprodukt zwar, aber trotzdem.

Um musikalisch auf der sicheren Seite zu sein, bleibt nur noch eines: Selber singen. Das will man dann aber lieber doch nicht hören, manche sind diesbezüglich eher wenig begabt. Das gilt auch für Video: Um die Umwelt nicht zu belasten, kann man sich in kleinen Lai:innenschauspielgruppen zusammen tun. In Zeiten von Corona aber vielleicht auch nicht die beste Idee, wegen erhöhter Ansteckungsgefahr nämlich. Was CDs anbelangt: Siehe DVDs und Blu-Ray oben. Also doch lieber streamen?

Klimabilanz von Streaming weniger übel als gedacht

Die Klimabilanz von Streaming fällt nämlich weniger schlimm als 2019 von einer französischen Studie verbreitet. Zwar benötigen die Server, auf denen die Daten, aus denen sämtliche Filme und Serien heutzutage letztlich entstehen, Unmengen an Energie. Auch für die Internetübertragung an sich braucht es Strom. Außerdem: Je höher die Auflösung, desto mehr Saft wird benötigt, bei 4k also besonders viel.

Allerdings nicht, wie in besagter Studie verlautbart, so viel in einem Jahr ganz Spanien. Oder anders gesagt: Eine halbe Stunde Streamen würde soviel CO2 verbrauchen wie 6,2 Stunden Autofahren. Das stimmt nur bedingt, wobei es natürlich sehr wohl darauf ankommt, wie deine Serie übertragen wird.

Bei der Verwendung von Glasfaserkabel und WLAN etwa entfallen pro Stunde Gucken per Stream etwa 2 Gramm CO2. Wenn man jetzt die aktuellen Werte des Verkehrsclub Österreich (VCÖ) hernimmt, wonach ein Auto 167 Gramm pro Kilometer ausstößt, käme man mit besagten 2 Gramm nicht besonders weit.

Kein HD auf deinem Smartphone

Schaust du dir HD-Videos auf deinem Smartphone über eine mobile Leitung an, verbrauchst du nicht nur unnötig viel Strom und hinterlässt so einen großen CO2-Abdruck. Es ist auch insofern nicht besonders schlau, als du den Unterschied auf dem kleinen Display eh nicht sehen würdest.

Also: Streamen geht schon in Ordnung, wie alles im Leben halt mit Maß und Ziel. („Ja, Mama, ja, Papa!“). Dazwischen mal rausgehen, andere Leute treffen oder halt ein Buch lesen, das ist ja auch nicht so schlecht.

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