in London. Die reichlich bizarre Rahmenhandlung hier wiederzugeben, würde den bescheidenen Rahmen sprengen, nur soviel: David Bowie hatte einen ebenfalls dezent skurrilen Gastauftritt und singt gemeinsam mit dem alten Herren. Dank des in einer Stunde komponierten und von Bowie engelsgleich darüber gesungenen „Peace on Earth“ wird aus dem doch einigermaßen drögen „Little Drummer Boy“ ein Erlebnis. Übrigens großartig parodiert von Will Ferrell und John C. Reilley.
Ich will mich jetzt nicht zu weit aus dem Fenster lehnen, aber das 1818 uraufgeführt „Stille Nacht, heilige Nacht“ ist das womöglich berühmteste Weihnachtslied überhaupt. Es gibt wohl nur wenige Haushalte, in denen Weihnachten OHNE diesem Smash Hit gefeiert wird. Dementsprechend viele Versionen gibt es auch.
Ich empfehle die vom Musikchamäleon Chilly Gonzales. Der gute Mann hat mit Peaches, Drake und Daft Punk genauso gemeinsame Sache gemacht wie Soloklavierabende bestritten. Sein „Stille Nacht“ hat es in sich: Er hat das Lied in seiner Klavier-plus-Viola-Version schlicht von Dur auf Moll gedreht, wodurch es unfassbar zäh und traurig wird. Hat also das Potenzial, dich runterzuziehen. Lieber nüchtern anhören!
Es geht wieder aufwärts und darf geschunkelt werden. „Fairytale of New York“ ist in Großbritannien mittlerweile beliebter als „Last Christmas“ und „All I Want for Christmas Is You“. Bei uns ist diesbezüglich noch Luft nach oben. Der Zwiegesang des ewig von Zahnproblemen geplagten Shane MacGowan und von Gastsängerin Kirsty MacColl ist die perfekte Mischung aus Weihnachtslied und Irish Folk, die Geschichte vom Typen, der in der Ausnüchterungszelle vor sich hinträumt, der ideale Grund, in ein schönes Pint Cider zu heulen. Auch oder gerade zu Weihnachten.
Paul McCartney hat mit den Beatles einige der besten Songs der Musikgeschichte zu verantworten. Punkt. Da lass ich nicht lange mit mir diskutieren. Danach ist ihm nur selten wieder etwas gelungen, was auch nur ansatzweise an seine Glanztaten heranreicht. Das gilt auch für seinen mit merkwürdigen Synthesizern zugekleisterten Weihnachtssong „Wonderful Christmas Time“. Aber hey, es ist Vorweihnachtszeit, da wollen wir nicht so sein, außerdem muss die Stimmung wieder aufgehellt werden!
DIE Hymne für alle, die einmal im Jahr, über Weihnachten nämlich, nach Hause fahren, weil sie dem Ort, in dem sie aufgewachsen sind, vor Ewigkeiten den Rücken gekehrt haben. Die Inspiration kam Goldkehlchen Chris Rea schon in 1980ern, als er im Advent mit dem Auto im Stau steckte. Hoffentlich nicht auf der „Road to Hell“, wie sein größter Hit heißt. Jedenfalls sollte es Jahre dauern, bis der Song zum Klassiker wurde, nämlich bis weit in die 2000er, auch weil ab diesem Zeitpunkt Songs auch einfach downgeloadet werden konnten. Darf spätestens seitdem auf keiner Weihnachts-Playlist fehlen.
Gut gemeint ist das Gegenteil von gut, heißt es. „Do They Know It‘s Christmas?“ war eine von Bob Geldof initiierte und mitgeschriebene Single, um auf die damals aktuelle Hungersnot in Afrika aufmerksam zu machen. An Bord waren die größten Stars ihrer Zeit, etwa Sting, Boy George, Bono von U2 oder Phil Collins, darunter auffällig wenige Frauen. Das Girlgroup-Trio Bananarama durfte immerhin im Chor mitsingen: „Feed the World“. Ein nobler Gedanke, allerdings mit erhobenem Zeigefinger und eindeutig von einem kolonialistischen, westlich-zentrierten Standpunkt aus. Lässt du das beiseite,ist es trotz allem ein toller Song und zurecht auf dieser Liste.
Ein weiterer Klassiker, der erst in der jüngeren Vergangenheit von allem, was Rang und Namen hat, gecovert wurde. Das hier ist die Ur-Version und auch erwiesenermaßen die beste. Eartha Kitt schmachtet sich durch ihrer Wunschliste an den Weihnachtsmann, dass es eine Freude ist. Dabei ist sie zugegeben nicht besonders bescheiden: Auf dem Zettel stehen etwa eine Yacht oder teurer Schmuck. Ob sich Santa von Eartha Kitts betörendem Gesang wirklich erweichen lässt?
Dass Santa nicht nur um teuren Tand angebettelt werden kann, zeigt Ariana Grandes „Santa Tell Me“, endlich mal was halbwegs Neues (2014!) auf dieser Liste. Der Weihnachtsmann soll ihr in dem R‘n‘B-lastigen Song verraten, ob ihr Love Interest bei ihr bleiben oder sie wie die Wappler davor im Regen stehen lassen wird. Verständlich, dass sie jeden Mistelzweig meidet - um nicht geküsst zu werden und sich neu zu verlieben. Ähnlichkeiten mit real existierenden Personen sind natürlich reiner Zufall.
Eine der Schattenseiten an Weihnachten sind für viele die damit verbundenen Familienfeiern und Verwandtschaftsbesuche. Bestimmte Leute aus der weit verzweigten Sippschaft nur einmal im Jahr sehen müssen? Sogar das kann zu viel sein! Genau darum geht es in dem vorzüglich gereimten Song „The Season‘s Upon Us“ von den Dropkick Murphys aus dem Jahre 2012. Fleißig mitgrölen und schunkeln lässt es sich auch, schließlich wird hier Celtic Punk aus US-amerikanischem Anbau serviert. Für den Grinch in dir.
Die großen Weihnachtsliedklassiker haben ja tatsächlich bereits einige Jährchen auf dem Buckel - und ich meine nicht „Alle Jahre wieder“, „Stille Nacht, heilige Nacht“ oder „O Tannenbaum“. Sondern Songs wie „White Christmas“, „I‘ll Be Home for Christmas“ „Santa Claus Is Coming to Town“ oder eben das hier: „Have Yourself a Merry Little Christmas“, am besten gesungen von unserem liebsten Mafia-Freund, Frank Sinatra persönlich. Da ihm der ursprüngliche Text nicht fröhlich genug war, ließ er ihn 1957 kurzerhand abändern. Jetzt sprüht das Lied nur so vor Vorweihnachtsseligkeit und eignet sich hervorragend als Hintergrundmusik, beispielsweise beim Kekse Backen.
Michael Bublé ist ein Phänomen. Er ist nur als Sänger von Weihnachtsliedern aus dem angloamerikanischen Raum erträglich. Ausschließlich. Folgerichtig hat er ein ganzes Album solcher Songs im Stile von Frank Sinatra, Dean Martin, Perry Como, Bing Crosby veröffentlicht und wie all die alten weißen Männer hießen, die in den 1940ern und 1950ern groß waren. Schlüssiger Titel seiner Platte „Christmas“. Mit seiner Version von „It‘s Beginning to Look a Lot Like Christmas“ begibt er sich in die Fußstapfen von Como und Crosby und kann sie beinahe ausfüllen. Unterm Strich ein würdiger Abschluss dieser Liste. In diesem Sinne: Frohes Fest!