„Ostbahn-Kurti“ Willi Resetarits war das soziale Gewissen Österreichs und er wird fehlen

Als „Ostbahn-Kurti“ wurde er berühmt, als Menschenrechtsaktivist wird er seine Musik noch lange überdauern. Nun ist Willi Resetarits verstorben. Er hinterlässt eine große Lücke.
„Auf Wiederschaun! Passt‘s auf, seid‘s vuasichtig und losst‘s eich nix gfoin!“ Ein Rat, den Willi Resetrarits seinen Fans nach jedem seiner mittlerweile legendären Konzerten in seiner Rolle als Ostbahn-Kurti mit auf den Weg gegeben hat. Ostbahn-Kurti, später auch als Dr. Kurt Ostbahn bekannt, das war eine Kunstfigur, der Prolo-Rock‘n‘Roller mit Schmäh und Herz, ersonnen von Schriftsteller Günter Brödl und dargestellt von Resetarits von 1983 bis 2003. 2011 durfte er aus der Frühpension zurückkehren, die Konzerte mit seiner Band, der Chefpartie waren legendär und verschafften Willi Resetarits die größten Erfolge seiner Karriere.
„Das Brummen, das Krachen, das Dröhnen. Die (!) Groove, die Kraft, der Witz. Das Pathos der unbestreitbaren Gefährlichkeit. Das Laute im Leisen. Tempo, Entschlossenheit, Grobschlächtigkeit, Wucht“, schrieb Autor Christian Seiler im Beibuch zur Gesamtausgabe des Werks Kurt Ostbahns über dessen frühe Phase. Später wurde er sanfter, weniger Macho, da setzte sich im Kurt der Willi durch. Austropop war er so oder so nie.
Dabei war Resetarits musikalisch schon seit seiner Jugend aktiv. Der gebürtige Burgenlandkroate kam 1952 als kleines Kind nach Wien-Favoriten und wollte nach absolvierter Matura auf Lehramt studieren. Allerdings verlief seine Musikerkarriere so gut, dass er lieber diesen Weg verfolgen wollte. 1969 wurde er Sänger und Schlagzeuger der Polit-Folkrock-Band Die Schmetterlinge und vertrat mit ihnen 1977 Österreich beim Eurovision-Songcontest. Das von seinem Bruder Lukas getextete Lied „Boom Boom Boomerang“ schaffte es gerade einmal auf den vorletzten Platz. Allerdings war das nur eine von sehr wenigen Niederlagen in Willi Resetarits‘ künstlerischem Leben.
Willi Resetarits Standbeine waren Musik und Menschenrechte
Musik war die eine Konstante in seinem Leben, egal ob Folk mit den Schmetterlingen, Rock als Ostbahn-Kurti und mit der Kombo, Blues und Singer/Songwriter-Zeug beziehungsweise Wienerlied mit Stubnblues oder gemeinsam mit Ernst Molden und vielen anderen. Es musste nicht alles gefallen, manche konnten mit seiner Musik, mit seinem Dialekt und seinem leicht raunzigen Gesang gar nichts anfangen. Geschmäcker sind verschieden, jedem Tierchen sein Pläsierchen. Uneingenommen allerdings seine Qualitäten als Performer und die Art, in der er sich in jeden Text einfühlen konnte.
Die andere Konstante im Leben des Willi Resetarits war sein politisches Engagement, schon 1976 bei der Arena-Besetzung. Vor allem galt sein Einsatz jenen, die sich nicht selbst helfen können, den Ärmsten der Gesellschaft. Er war ein Menschenrechtsaktivist, war Mitbegründer von SOS Mitmensch, Asyl in Not und des Integrationshauses. Erst am Samstag, einen Tag vor seinem plötzlichen Tod, eröffnete er den vom Integrationshaus veranstalteten Flüchtlingsball im Wiener Rathaus.
Willi Resetarits belehrte nie mit erhobenem Zeigefinger
Willi Resetraits bewies stets Haltung, war ein Mahner, tat dies aber immer mit einem gewissen Schmäh und ohne erhobenen Zeigefinger. „Wenn man sich lang beschäftigt hat mit der Geschichte des Faschismus, des Nationalsozialismus, dann hat man sich damit beschäftigt, wie es auch dort kleinweise angefangen hat. Das mit dem kleinweise anfangen, das haben wir schon. Dass es nicht weitergeht, dafür müssen wir sorgen“, sagte er zu den politischen Strömungen in Österreich. In einem Interview mit der APA sagte er anlässlich seines letzten Albums, dem mit der Band Stubnblues im September 2021 erschienenen „Elapetsch“: „Wenn man ein Bewusstsein dafür kriegt, dass die Tage gezählt sind, intensiviert das das Leben. Man kriegt ein Gefühl, dass man sich nicht verzetteln muss, indem man allzu viele ungeliebte Tätigkeiten aus Pflichtbewusstsein macht, sich quält und dann missmutig ist.“
Vor Kurzem hätte Resetarits noch an den Ukraine-Benefizkonzerten „We Stand with Ukraine“ und „YesWeCare“ teilnehmen sollen, jeweils als krönender Abschluss. Eine Erkrankung mit dem COVID19-Virus kam ihm dazwischen, er zeigte sich nach seiner Genesung aber wieder in der Öffentlichkeit und schien ganz der alte zu sein. Die Nachricht, dass er am Sonntag, dem 24. April, daheim tödlich verunglückt war, war ein Schock. Ich war nie sein größter Fan, das können bestimmt andere von sich behaupten, aber ich hab ihn immer respektiert, vor allem seinen unermüdlichen Einsatz für Menschenrechte. Und ich kenne erstaunlich viele Songs aus seinem über 50-jährigen Schaffen. Im Sommer hab ich ein Konzert gesehen, bei dem er mit Ernst Molden, Walther Soyka und Hannes Wirth aufgetreten ist. Seine Interpretation von Gordon Lightfoots Klassiker „If You Could Read My Mind“ als „Da Geisd bin i“ hat mich zu Tränen gerührt. Danke für alles, du hinterlässt eine unfassbar große Lücke.