7 Versionen des Antikriegslieds „Sag mir, wo die Blumen sind“, weil wir das jetzt dringend brauchen

Ein Antikriegslied, gleichzeitig traurig und voller Hoffnung, ist jetzt wichtiger denn je. Auch wenn es wie „Sag mir, wo die Blumen sind“ schon uralt ist.
Eigentlich heißt „Sag mir, wo die Blumen sind“ ja „Where Have All the Flowers Gone“, schon 1955 vom Folkmusiker Pete Seeger geschrieben. Berühmt wurde es in der deutschen Version von der großen Schauspielerin Marlene Dietrich 1962. Das Ende jeder einzelnen Strophe knüpft dabei an die nächste an. Erst wird beklagt, wo die Blumen geblieben sind, dann wo die Mädchen, die Männer, die Soldaten, die Gräber und schließlich wieder die Blumen. Der Text dreht sich also im Kreis und schließt dort, wo er angefangen hat. Es ist ein berührendes Lied, traurig, aber nicht gänzlich hoffnungslos.
Letztendlich geht es um die Fassungslosigkeit über den Krieg, jede Strophe endet mit „Wann wird man je verstehen?“. Und dann wird dieses vor 60 Jahren das erste Mal in deutscher Sprache veröffentlichte Lied wieder topaktuell. Seit über fünf Monaten führt Wladimir Putins Russland einen Angriffskrieg gegen die Ukraine, die Brutalität und Gewissenlosigkeit, mit der hier vorgegangen wird, macht uns immer wieder sprachlos. Sollte es aber nicht, wie diese Versionen von „Sag mir, wo die Blumen blühen“ zeigen, in keiner bestimmten Reihenfolge.
1. Russkaja feat. Lidia Baich
Lidia Baich ist eine in Russland geborene österreichische Violinistin von Weltruf und war vor kurzem erst bei Christoph Grissemann und Dirk Stermann in „Willkommen Österreich zu Gast“. Zum Schluss spielte sie mit der Hausband Russkaja nicht nur Geige, sondern sang auch. Gemeinsam mit dem Kopf der Gruppe, Georgij Makazaria, der hier nicht wie sonst das Brülltier gab, sondern seine Stimme fast zärtlich erhob. Auch viele Russ:innen verurteilen den Krieg, aber das sollte eigentlich eh klar sein.
2. Ben Becker bei „Inas Nacht“
Der deutsche Schauspieler ist so etwas wie ein Berserker seiner Zunft, wiewohl ihm eh auch bisweilen die leisen Töne liegen. Hin und wieder fällt er mit eigenartigen Performances auf, liegt dann aber auch wieder richtig. In der Kneipen-Talk-Show „Inas Nacht“ etwa sang er jüngst bereits sichtlich angeheitert, dafür umso beseelter „Weißt du, wo die Blumen sind“. Schräg, aber irgendwie wunderschön.
3. Marlene Dietrich
Der deutschsprachige Ursprung, der unzählige Nachahmungen nach sich zog. Marlene Dietrich, die ewige Diva, interpretierte als erste bei einer UNICEF-Gala die deutsche Version von „Where Have all the Flowers Gone“, also „Sag mir, wo die Blumen sind.“ Mit Turmfrisur, aber auch mit Würde und bebender Stimme. Dass sie das Lied schließlich auch auf Französisch und Englisch sang, tat dem Bekanntheitsgrad des Songs keinen Abbruch, im Gegenteil.
4. Ute Lemper beim Life Ball
Schließt die Augen, dann ist das hier wirklich eine tolle Version, das Orchesterarrangement ist großartig, die Stimme von Musical-Star Ute Lemper sowieso. Siehst du dir das Ganze allerdings an, dann wird es mit seiner pompösen, kitschigen Inszenierung dem eigentlich fast schon demütigen Grundton nicht gerecht, es erstickt das Lied fast. Aber hey, es war der Life Ball 2017, es ging um Awareness und den guten Zweck. Und einen Klos im Hals hat man auch hier.
5. Wolf Maahn
Wolf Maahn ist eine fixe Größe in Deutschland, bei uns nicht so. 1982, 20 Jahre nach Marlene Dietrich, machte er jedenfalls sein Solo-Debüt mit - genau - „Sag mir, wo die Blumen sind“. Und zwar in einer Electro-New-Wave-Version, rhythmisch eigenartig verschoben, aber irgendwie niemals überladend und nicht ohne Respekt vor dem Original. Ganz wichtig auch, der Schluss des Texts wurde geändert, und irgendwie passt er auf traurige Weise zum Ukraine-Krieg heute, 40 Jahre später: „Sag mir, wo die Menschen sind, ein Präsident ist ausgeklinkt. Wann wird man je verstehen?“ Schon ziemlich großes Kino.
6. Joan Baez‘ deutsche Version
Joan Baez ist ohne Zweifel eine der wichtigsten US-amerikanischen Folk-Sängerinnen ever, sie ist bis heute engagierte Bürgerrechtlerin, Pazifistin und Umweltaktivistin. Ihre Version von „Where Have All the Flowers Gone“ gehört zu den bekanntesten überhaupt, dennoch ließ sie es sich nicht nehmen, den Song auch in seiner deutschsprachigen Version zu performen. Nur sie, ihre glockenhelle Stimme und ihre Gitarre, ganz im Sinne des Urhebers. Das Publikum lauschte ihr mit offenen Mündern. Solltest du auch.
7. Und zu guter Letzt: Pete Seegers Original
Pete Seeger hat diesen Song wie gesagt 1955 geschrieben, er selbst fand die deutsche Version sogar besser als die englische, auch wenn er einräumte, sie so nicht singen zu können. Bei diesem Auftritt in Schweden 1968 begleitet er sich nach einer launigen Einleitung, während der er sein Instrument stimmte, nur auf seinem Banjo. Was soll ich sagen, auch wenn es abgedroschen ist, tausendmal gecovert wurde, oft auch verkitscht, das hier ist immer noch berührend und wunderschön. Ich hab Pipi in den Augen.