Warum nach der Bahn jetzt bald der Handel streiken könnte

Bald schon könnte nach den ÖBB der Handel die Arbeit niederlegen. Und das mitten in der für den Konsum so wichtigen Adventzeit. Warum eigentlich?
Nach dem Streik ist vor dem Streik. Erst am Montag (28. November) sind sämtliche Züge der ÖBB stillgestanden. Trotz langer Verhandlungsrunden hat man sich auf keinen neuen Bahnkollektivvertrag einigen können. Die Folge war ein landesweiter Streik, die Bahnhöfe in ganz Österreich sind von 0 bis 24 Uhr stillgelegt worden. Was letztlich etwa auch auf Twitter für geteilte Meinungen gesorgt hat.
Jetzt könnte die nächste Sparte die Arbeit niederlegen: der Handel. Bis jetzt waren die Kollektivvertragsverhandlungen ungefähr so erfolgreich wie jene bei der Bahn - nämlich gar nicht. Und nicht zuletzt deshalb wird nun darüber entschieden, ob es zu Warnstreiks im Handel mitten in der Adventszeit kommen soll oder nicht.
Verhandelt wird zum fünften Mal
Einmal noch kommen die Verhandlungsteams von Gewerkschaft und Arbeitgeber:innen zusammen, um über die Gehälter der rund 430.000 Angestellten und Lehrlinge im Einzel-, Groß- und Kfz-Handel zu feilschen. Und das bereits zum fünften Mal.
Die Chance, dass der Streik abgewendet werden kann, besteht zwar, ist aber aufgrund der verhärteten Fronten gering. Was dazu kommt, ist, dass die Streikfreigabe für das zweite Adventwochenende, also am 2. und 3. Dezember, bereits vom Österreichischen Gewerkschaftsbund eingeholt (ÖGB) worden ist.
Der Kollektivvertrag für den Handel ist einer der größten des Landes, umso bedeutsamer sind die Verhandlungen über höhere Gehälter. Zumal die stets galoppierende Inflation derzeit bei rund elf Prozent liegt. Die Forderung der Gewerkschaft für Handelsangestellte: ein Gehaltsplus von 8,5 Prozent mit einem Mindestbetrag in Höhe von 200 Euro.
Die Gewerkschaft sieht im Angebot der Arbeitgeber:innen eine „Mogelpackung“
Das Gegenangebot der Arbeitgeber:innen: eine steuerfreie Prämie, die noch heuer ausbezahlt werden soll, zumindest großteils, und zwar in Höhe von drei Prozent. Dazu fünf Prozent Erhöhung auf die Mindestgehälter im Kollektivvertrag. Rainer Trefelik, Chefverhandler der Arbeitgeber:innen, sieht darin ein Plus von insgesamt acht Prozent.
Die Gewerkschaft wiederum meint, darin eine „Mogelpackung“ zu erkennen. Dass sie Einmalzahlungen prinzipiell ablehnt und angesichts der besonders hohen Inflation vernünftige Gehaltssprünge sehen will, ist dabei nicht weiter verwunderlich.
Die Bedingungen für einen erfolgreichen Verhandlungsabschluss stehen also schlecht, Warnstreiks sind also durchaus vorstellbar. Es gibt nur zwei große ABERs: Anders als beim Bahnstreik, der 24 Stunden stillgestanden ist, käme es bei den Handelsbetrieben nur zu punktuellen Streiks. Soll heißen, nicht ganztägig, sondern laut Gewerkschaft ein bis zwei Stunden. Daran beteiligen würden sich österreichweit etwa 300 Betriebe, auch Lebensmittelhandlungen.
Große Handelsketten würden sich am Streik wohl nicht beteiligen
Das zweite ABER: Große Ketten, also Baumärkte, Mode- und Textilgeschäfte, der Elektrogroßhandel und auch die großen Lebensmittelketten, haben oftmals keinen Betriebsrat. Und wo es keinen Betriebsrat gibt, kann auch nicht gestreikt werden. Für die Konsument:innen in großen Einkaufszentren und Shoppingmalls wird sich also am Freitag und Samstag nicht viel ändern. Und kleine, von einer Person geführte Geschäft benötigen jeden Cent Umsatz und werden wohl auch maximal eine verlängerte Mittagspause machen.
Übrigens: Im Metallgewerbe hat man sich am Montag bereits in der ersten Verhandlungsrunde einigen können. Somit werden ab Jänner 2023 Mindestlöhne um acht Prozent angehoben, die sogenannten Istlöhne steigen um 7,1 Prozent. Lehrlinge erhalten sogar um bis zu 10,2 Prozent mehr Geld sowie das Klimaticket. Und der Mindestlohn liegt in der Zukunft bei 2.234,52 Euro, die Zulagen steigen um bis zu 8,3 Prozent. Immerhin etwas.