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6 Gründe, warum Baerbocks feministische Außenpolitik kein „Gedöns“, sondern richtig ist

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Von: Martin Trotz

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Annalena Baerbock
Mit Leitlinien zur feministischen Außenpolitik haben die Baerbock-Spötter wohl nicht gerechnet. © Bernd Elmenthaler/Imago/Collage/BuzzFeed

Belächelt und doch umgesetzt: Für ihr vielleicht persönlichstes Anliegen im Amt hat Annalena Baerbock Spott geerntet. Damit ist jetzt Schluss.

MEINUNG

Schon bei ihrem Amtsantritt als Außenministerin kündigt Annalena Baerbock eine „feministische Außenpolitik“ an. Was damals folgt, ist auch die hämische Reaktion von Friedrich Merz, der das Vorhaben als „Gedöns“ abtut. Tiefpunkt der Kritik: Als Baerbock vor einem Jahr im Bundestag über die Bundeswehr und Sicherheitspolitik spricht und mit den Worten „Mir bricht es das Herz“ am Pult steht, fasst sich der CDU-Chef theatralisch an die Brust. Baerbock erzählt daraufhin von den Müttern beim Massaker im bosnischen Srebrenica, von Massenvergewaltigungen und Völkermord, von unbestraften Kriegsverbrechen. Auch mit diesem Konter ist die Kritik aus den CDU-Reihen in dieser Form mittlerweile verstummt.

Aus gutem Grund: „Frauenrechte sind ein Gradmesser für den Zustand von Gesellschaften“, erklärt das Auswärtige Amt schon vor der Präsentation der gemeinsamen Leitlinien für eine feministische Außenpolitik durch Entwicklungsministerin Svenja Schulze und eben Baerbock. Ein Satz, wie eine Selbstverständlichkeit. Doch das ist er nicht: Die weltweite Realität sieht in vielen Ländern düster aus, die Häme über die herausgestellte Bedeutung durch die Ministerin zeigt die Dringlichkeit ihres Anliegens.

Feste Leitlinien: 80 Seiten schildern, wie eine feministische Außenpolitik aussehen soll

Eine kleine Überraschung, dass Baerbock jetzt mit festen Leitlinien daherkommt – vor allem für die Kritiker, die seit 2021 auf dem alleinstehenden und kaum ausgestalteten Reizwort herumreiten. Doch jetzt schildern 80 Seiten, wie eine feministische Außenpolitik in der politischen Praxis aussehen soll: mehr diplomatische Beteiligung von Frauen, mehr Berücksichtigung der Risiken für sie in Krisen und humanitären Katastrophen, mehr Sichtbarkeit von Frauen in verschiedenen Arbeitsbereichen, mehr Ausrichtung von Projektmitteln nach den Bedürfnissen von Frauen.

Es gibt sechs gute Gründe, warum Baerbocks feministische Außenpolitik richtig ist:

Erstens: Vergewaltigung wird im Ukraine-Krieg nicht nur, aber vor allem an Frauen als perfide Kriegswaffe genutzt. Schon aus aktuellem Anlass sorgt Spott für einen Kloß im Hals. Es geht um schlimmste Kriegsverbrechen, die mit Schulzes und Baerbocks Anliegen in Verbindung stehen.

Zweitens: Die Ministerinnen besuchen bereits auf vielen ihrer Reisen in Krisengebiete bewusst und dezidiert Projekte, die Frauen fördern und in den Mittelpunkt rücken. Die politische Ausrichtung ist also kein diplomatisches Blabla, sondern schon gängige Praxis.

Denn – drittens – Mahnungen nach konkreten Ergebnissen aus CDU-Reihen hält Baerbock die etablierte Chefinnenriege einer äthiopischen Kaffeerösterei entgegen – oder den Wiederaufbau eines Dorfes mit sanitären Anlagen, bei denen die zentrale geografische Lage entscheidend für junge Mädchen und deren Sicherheit ist.

Apropos gängige Praxis: In vielen Partnerländern und modernen westlichen Gesellschaften wie Schweden oder Kanada ist feministische Außenpolitik längst festgeschriebene Realität. Warum sollte das in Deutschland anders sein?

Friedensverhandlungen mit Frauen am Tisch sind erfolgversprechender

Fünftens: Friedensverhandlungen mit Frauen am Tisch sind erfolgversprechender und nachhaltiger, zeigen Studien und Expert:innen auf. Einen besseren Grund kann es kaum geben.

Sechstens: Auch in Deutschland ist die strukturelle Benachteiligung von Frauen Alltag. Stichwort „Gender Pay Gap“: Der Lohn von Frauen in Deutschland liegt bei gleicher Arbeit und im Vergleich zu dem der Männer bei 79 Prozent – weltweit ist die Lücke mit 63 Prozent noch gravierender. Gut, dass die Außen- und Entwicklungsministerinnen vorangehen, weltweit ein Zeichen setzen und Feminismus im politischen Alltag leben und umsetzen.

Es gibt (nur) ein Problem: Es hapert noch an der Möglichkeit der Umsetzung feministischer Außenpolitik

Das einzige zugegebenermaßen nicht kleine Problem: In einer Welt mit vielen männlichen Autokraten an der Macht hapert es hier und da an der Möglichkeit der Umsetzung feministischer Außenpolitik. Doch in Deutschland und da, wo die Ministerinnen Einfluss geltend machen können, sollten solche Anliegen politische Normalität sein, breit getragen werden – und Bewertungen wie „Gedöns“ ein für alle Male verschwinden. 

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