„Inakzeptabel“: Minister Schallenberg vergleicht den Ukraine-Konflikt mit der NS-Zeit und erntet Kritik

Mit seiner Aussage im „ZIB 2“-Interview sorgte Außenminister Alexander Schallenberg für einiges an Aufregung.
Die Lage in der Ukraine sieht derzeit gar nicht gut aus. Laut dem britischen Premierminister Boris Johnson drohe sogar der „größte Krieg in Europa seit 1945“. Dazu war am Sonntag (20. Februar) Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) in der „ZIB 2“ zu Gast. Darin verglich Schallenberg den Ukraine-Konflikt mit der Zeit des Nationalsozialismus. Österreich habe nämlich 1938 am eigenen Leib erlebt, wie es sei, „wenn man alleingelassen wird“.

Damit bezog sich Schallenberg auf den Anschluss Österreichs im März 1938, als Adolf Hitler und deutsche Truppen in Österreich einmarschierten und der „kleine Nachbar“ in das nationalsozialistische Deutsche Reich eingegliedert wurde. Was der Außenminister jedoch nicht erwähnte: Ein Großteil der Menschen in Österreich, zu diesem Zeitpunkt ohnehin schon eine faschistische Diktatur, begrüßte den Anschluss. Das beweisen zahlreiche Bilder mit jubelnden Menschen.

Die Begeisterung vieler Menschen in Österreich aufgrund des Anschlusses Österreichs an Deutschland zeigte sich auch am 15. März 1938, als Adolf Hitler in Wien vom Balkon der Neuen Hofburg vor einer tobenden Menge am Heldenplatz eine Rede hielt. Bilder wie diese stehen im Gegensatz zu der immer noch weit verbreiteten Meinung, dass Österreich reines Opfer der NS-Zeit gewesen sei.

Damit widerspricht sich Außenminister Schallenberg zu einem gewissen Grad selbst, denn erst im November 2019 sagte er: „Österreich hat sich zu lange selbst ausschließlich als Opfer des Nationalsozialismus betrachtet.“ Diese Aussage gab Schallenberg bei einer Gedenkveranstaltung im Jüdischen Museum Wien ab.

Daher ist es wenig überraschend, dass der Ukraine-Anschluss-Vergleich von Minister Schallenberg auf einiges an Empörung stieß. Bini Guttmann, Präsident der European Union of Jewish Students, schrieb auf Twitter, dass der Anschluss von Nazis im ganzen Land „frenetisch bejubelt“ worden sei und der Außenminister Geschichtsrevisionismus betreiben würde. Also dass ein anerkanntes Bild der Geschichte anders dargestellt werden würde, als es eigentlich geschehen ist.
Kritik kam auch aus der Politik. Der niederösterreichische Landeshauptmannstellvertreter Franz Schnabl (SPÖ) etwa bezeichnete die Aussage von Außenminister Schallenberg als „inakzeptabel“.
Am Montag (21. Februar) sagte Schallenberg, er glaube, dass es sich bei der Reaktion auf seine Aussage um ein „Missverständnis“ gehandelt habe. Ihm wäre es nämlich vor allem um die „massiven Anstrengungen“ Österreichs Ende 1937 bzw. Anfang 1938 gegangen, als sich Österreich noch „eine internationale Reaktion, internationale Solidarität“ erhoffte. Dabei hätte der Außenminister jedoch wissen müssen, dass, wenn man das Jahr 1938 aus österreichischer Sicht erwähnt, automatisch an den Anschluss im März 1938 gedacht wird.
Obwohl es mittlerweile fast 84 Jahre her ist, als deutsche NS-Truppen in Österreich unter viel Jubel einmarschierten, müssen wir uns immer wieder in Erinnerung rufen, wie furchtbar die Maßnahmen des Nazi-Regimes war. Anlässlich des Holocaust-Gedenktages am 27. Jänner haben wir dazu mit der 92-jährigen Zeitzeugin Lucia Heilman gesprochen.