3 Gründe, warum wir Zoos brauchen und 3, warum sie problematisch sind
Sollte man in den Zoo gehen oder lieber nicht? BuzzFeed News sammelt drei Gründe für und gegen einen Tag im Tiergarten.
Spätestens seit der Serie Tiger King haben wir verstanden, dass es nicht wirklich gut für Großkatzen sein kann, wenn sie in kleinen Käfigen gehalten werden und ihre Welpen von Menschen gestreichelt werden. Auch dank der Netflix-Serie sind Tiger wie bei „Tiger King“ in den USA bald Geschichte. Ein Gesetz soll ihren Besitz strenger kontrollieren. Sie dürfen dann in Zukunft nur noch in Wildtierauffangstationen, Universitäten und zertifizierte Zoos gehalten werden.
Doch auch in Zoos, so beklagen Tierschützer:innen immer wieder, haben Tiger, Giraffen, Elefanten, Delfine, Krokodile und Affen nichts verloren. Der Tierschutzverband Peta ruft dazu auf, keine Zoos mehr zu besuchen – und hat dafür gute Gründe. Aber gibt es auch Argumente weiterhin in Zoos zu gehen? BuzzFeed News DE schaut sich beide Seiten genauer an. Hier sind drei Gründe, warum wir Zoos brauchen und drei, warum sie problematisch sind:
1. Zoos betreiben Erhaltungszucht und können Tiere vor dem Aussterben retten.

Ein Beispiel dafür ist der europäische Wisent: Von 57 überlebenden Zootieren im Jahr 1923 ist der Bestand mittlerweile auf 3000 angestiegen. Mehrere hundert Wisente besiedeln heute wieder in Freiheit ihre ehemaligen Heimatwälder, das bestätigt auch der Biologe und Umweltpädagoge Rainer Borcherding im Gespräch mit der taz.
Der Zoochef Dag Encke des Nürnberger Tiergartens nennt weitere Beispiele: Mendesantilopen in Nordafrika, goldene Löwenäffchen in Südamerika, Przewalskipferde in Ostasien und Bartgeier in Mittel- und Südeuropa. Zoos versuchen immer wieder bedrohte Arten zu vermehren und wenn möglich wieder auszuwildern. „Gut geführte und international anerkannte Zuchtprogramme in Zoos können beispielsweise einen wichtigen Beitrag zum Artenschutz leisten“, sagt auch Arnulf Köhncke, Fachbereichsleiter Artenschutz beim WWF Deutschland.
2. Zoos engagieren sich für Artenschutz und leisten Bildungsarbeit.

Zoos sind durchaus sinnvolle Umwelt-Pädagogik: Wo sieht man schon mal einen echten Elefanten? Nicht jede:r hat das Geld und die Zeit in seinem Leben in verschiedene Länder zu reisen und sich dort auf eine Safari zu begeben, um Giraffen und Löwen in freier Wildbahn zu sehen. Zoos sind Orte, an denen Kinder ein Stück Natur erleben und ein Bewusstsein dafür entwickeln, was schützenswert ist.
Und: „Die Zoos sind nicht nur Artenspeicher, sondern auch Wissensspeicher. Ein Großteil unseres heutigen Kenntnisstands über die Biologie von Wildtieren basiert auf Erkenntnissen, die in Zoos gewonnen wurden“, sagt Encke der taz. Erst am 3. März 2023, dem World Wildlife Day, riefen Verbände wie der Verband der Zoologischen Gärten (VdZ) die Zoo Sience Library ins Leben. Sie dokumentiert Forschung rund um den Artenschutz und fördert die Vernetzung der Wissenschaftler:innen in ganz Europa.
Deshalb seien Zoos ein wichtiger Baustein, um weltweit für Artenschutz zu kämpfen, das sagt auch Köhncke vom WWF. Nicht jeder Zoo, weil der Begriff nicht rechtlich definiert sei. Aber mit den Zoos des VdZ arbeitet der WWF zusammen. Man versuche alle möglichen Quellen für den Artenschutz zu aktivieren und dazu gehörten auch Spenden des VdZ, die meist über Ticketpreise generiert werden. Rund acht Millionen Euro spendet der VdZ laut Good Impact jährlich an Naturschutzprojekte.
3. Manche Tierarten könnten wir bald nur noch in Zoos sehen.

Es klingt fast so dystopisch wie der Pilz aus „The Last of us“, aber dank des Klimawandels könnte sich die gesamte Tier- und Pflanzenwelt verändern – und teilweise aussterben. „Viele Wissenschaftler:innen rechnen mit einem Rückgang der biologischen Vielfalt durch den Klimawandel“, schreibt das Helmholtz-Zentrum. Sollte das größte Ausmaß des Klimawandels eintreten, so wären viele Arten nicht mehr in der Lage, in ihren ursprünglichen Lebensräumen zu bleiben.
Die Nahrung dort wird zu knapp werden, wenn das Klima sich weiterhin in dieser Schnelligkeit erwärmt. So wie auch beim Eisbär, dessen Lebensgrundlage im wahrsten Sinne des Wortes dahinschmilzt. Eisbären jagen auf Packeis nach Robben. Da dieses jedoch immer weiter schmilzt, könnten sie bis Ende des Jahrhunderts fast vollständig ausgestorben sein, denn sie finden einfach nichts mehr zu fressen, zeigt eine Studie des WWF.
Eisbären könnten dank des Klimawandels also bald anur noch in Zoos zu finden sein. Aber ist das ein Argument, sie einzusperren – oder sollte man ihnen noch ein paar letzte Jahrzehnte in freier Wildbahn gönnen? Hier drei Gründe, warum Zoos trotz guter Argumente problematisch bleiben.
1. Wilde Tiere gehören nicht in Zoos.

Der erste Punkt ist uns allen klar. Wilde Tiere in einem Zoo einzusperren ist nicht viel anders, als Menschen, die nichts verbrochen haben, ins Gefängnis zu stecken.„Für uns sind Zoos nichts anderes als Gefängnisse. Es gibt keinen anderen Ort in Deutschland, wo Lebewesen eingesperrt sind, ohne etwas verbrochen zu haben“, sagt der Peta-Fachreferent Peter Höffken dem Bayrischen Rundfunk (BR).
Viele Tiere im Zoo entwickeln Verhaltensstörungen, weil sie zu wenig Beschäftigung haben. Sie schaukeln beispielsweise hin und her (bei Elefanten heißt dieses Verhalten „Weben“), verstümmeln sich oder essen ihre eigenen Exkremente. Ein Eisbär gehört eben nicht in ein auf wenige Quadratmeter begrenztes Gehege, sondern in eine große eisige Landschaft, in der er kilometerweit umherwandern und jagen kann – zumindest, solange er noch Nahrung findet.
Auch Tiervideos zeigen oft verhaltensgestörte Tiere: Hier drei Gründe, warum du manche Tiervideos nicht teilen oder liken solltest.
2. Zoos tun nicht genug für Artenschutz und wollen am Ende nur Geld verdienen.

Das findet der Biologe und Umweltpädagoge Rainer Borcherding im Gespräch mit der taz. Noch vor rund 100 Jahren waren selbst Menschen Teil von Zoos und wurden dort präsentiert – so zum Beispiel bei der Völkerschau im Hamburger Tierpark Hagenbeck. Tiere wirklich zu schützen und zu vermehren rechne sich für Zoos nur, wenn die Tiere spannend seien. Also dann, wenn es bunte Vögel sind. Oder Tiger und Elefanten.
Tiere, für die Leute Eintritt zahlen. Mit dem Eintritt machen die Zoos des VdZ einen Jahresumsatz von 300 Millionen Euro, von dem laut Torsten Schmidt vom Bund gegen den Missbrauch der Tiere „nur“ acht Millionen Euro an Naturschutzprojekte gehen. Das sei zu wenig, es müssten fünf Prozent sein, so Schmidt gegenüber dem Magazin Good Impact.
„Graue Mäuse aller Art und wirbellose Krabbeltiere gehen unterdessen ungezüchtet in die ewigen Jagdgründe ein, egal wie faszinierend oder genetisch außergewöhnlich sie sein mögen“, sagt Borcherding der taz. Täglich würden etwa 100 Tierarten aussterben. „Alle Erhaltungszuchten der Welt zusammen beschützen derzeit etwa 500 Arten von Wirbeltieren vor dem Aussterben – ein Prozent aller Wirbeltiere.“ Auch bei Korallen und Insekten würden Zoos nicht wirklich Artenschutz betreiben, sagt Schmidt.
3. Zoos vermitteln kein echtes Wissen, denn Zootiere sind eher Haustiere.

In den Zoos sehe man keine echten Eisbären, Elefanten und Löwen – zumindest irgendwann nicht mehr, sagt Borcherding der taz. „Nur ständige natürliche Auslese sichert die Überlebensfähigkeit einer Art im Freiland.“ Da es die in Gefangenschaft nicht gebe, entwickeln sich Wildtiere im Zoo langsam aber sicher zu Haustieren (um die vor dem Krieg zu retten, riskieren Menschen in der Ukraine ihr Leben).
Wer also denkt, er lerne im Zoo viel über das natürliche Verhalten der Tiere, der liegt falsch. Geparden dort können nicht rennen, Vögel teilweise nicht fliegen, Elefanten nicht durch die Steppe wandern und Affen nicht in hohe Baumkronen klettern. Jede Tierdokumentation vermittle Kindern hier ein besseres Bild über die Lebensrealität der Tiere, schreibt Peta. „Kinder wollen nicht, dass Tiere leiden, und es ist nicht richtig, ihnen vorzumachen, dass Elefanten, Löwen und Affen in Gefangenschaft artgerecht gehalten werden können.“
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