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Von Ludwig und dem Deep-Fake-Klitschko können wir noch einiges lernen

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Von: Christian Kisler

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Michael Ludwig im Video-Call mit einem Deepfake von Vitali Klitschko
Wiens Bürgermeister Ludwig dachte, mit dem echten Vitali Klitschko zu sprechen und postete ein Bild auf Twitter. Er saß einem Betrug auf. © Twitter Screenshot/BuzzFeed Austria

Wiens Bürgermeister Michael Ludwig ist einem gefälschten Vitali Klitschko aufgesessen. Zu digitaler Aufmerksamkeit kann man daraus einiges lernen.

Wer den Schaden hat, spottet jeder Beschreibung. Oder so. Jedenfalls war das Gelächter groß, als bekannt wurde, dass Wiens mächtiger Bürgermeister Michaels Ludwig (SPÖ) einem Betrüger aufgesessen war. Und das auch noch, zu diesem Zeitpunkt noch unwissend, dass er reingelegt worden war, auch noch groß auf Twitter verkündete. Was war passiert? Ludwig plauderte über Zoom mit dem Bürgermeister von Kiew, Vitali Klitschko. Eine unvermutete Sensation! Dachte man im Wiener Rathaus. Die auf dem Bildschirm zu sehende Person war nämlich nicht Klitschko, wie dieser recht bald wissen ließ. Außerdem spreche er im Gegensatz zu seiner Fälschung deutsch.

Deepfakes dürfen nicht übertrieben sein

Der Fake, ein sogenannter Deepfake, war aber auch zu gut gemacht. Bei Deepfakes werden Foto- oder Videoaufnahmen real existierende Menschen von einer Künstlichen Intelligenz wie eine Schablone verwendet und können so jeden erdenklichen Inhalt von sich geben. Wobei es nicht zu auffällig werden darf. Spricht sich etwa der Papst plötzlich für Frauen als Priesterinnen und für Abtreibungen aus, ist gesundes Misstrauen schon angebracht. Bislang wird die Technik auch eher für künstlerische und satirische als für politische Zwecke eingesetzt.

Ludwig war mit seinem Klitschko-Deepfake jedenfalls nicht alleine. Auch seine Amtskolleg:innen von Berlin und Madrid hatten einen Video-Call mit „Vitali Klitschko“. Allerdings legte der madrilenische Stadtchef José Luis Martínez-Almeida schnell wieder auf, weil im etwas an dem Ganzen seltsam vorkam. Auch Franziska Giffey, Regierende Bürgermeisterin von Berlin, beendete den Anruf nach einer Weile, weil auch sie Verdacht schöpfte.

Ludwig war nicht der einzige, der reingelegt wurde

Kritik gab es aber dennoch, und zwar nicht nur an Ludwig, sondern auch an Giffey und Martínez-Almeida und den Teams des Trios. Nicht nur, weil sie alle diplomatischen Protokolle und Wege missachteten und sich weder mit jeweils ihrer noch der ukrainischen Botschaft abgesprochen hatten. Offenbar, weil man geil darauf war, ein vermeintliches Exklusiv-Gespräch mit dem Bürgermeister der Hauptstadt der vom russischen Angriffskrieg gebeutelten Ukraine führen zu können. Sondern auch, dass man sämtliche Sorgfalt im Check des Gegenübers hatte fahren lassen. Das ist auch bei über TikTok oder Instagram verbreitete Nachrichten so. Dafür gibt es Angebote, bei denen man lernen kann, wie man Nachrichten auf ihren Wahrheitsgehalt checkt.

Dazu gehört auch die gründliche Untersuchung der jeweiligen Quelle, von wem eben das Angebot für ein Gespräch mit jemandem wie Vitali Klitschko stammt. Wenn etwa eine E-Mail-Adresse mit einer Gmail-Endung angegeben wird, sollten schon alle Alarmglocken schrillen. Auch vermeintlich offiziell aussehende Mail-Adressen sind eines zweiten Blickes oder einer kurzen Recherche würdig: Gibt es die wirklich? Wer verwendet sie? Dafür wurde unter anderem Google erfunden, das nur am Rande.

Die Stadt Wien sieht sich als Opfer von Cyberkriminalität

Der Schaden ist jedenfalls groß. Nicht nur, dass sich der politische Gegner lustig macht und es von allen Seiten Kritik hagelt, auch die Vertrauenswürdigkeit auf dem internationalen Parkett wurde leichtfertig verspielt. Wobei Stadtchefs ohnehin die Finger von der Außenpolitik lassen sollten und sich lieber um kommunale Anliegen kümmern sollten. Ludwig hat jedenfalls seinen Tweet, der ihn im Gespräch mit „Vitali Klitschko“ zeigt, wieder gelöscht. Dafür twitterte die Stadt Wien nun, dass sie Opfer eines „schweren Falls von Cyberkriminaliät“ geworden sei. So kann man es natürlich auch sehen. Muss man aber nicht.

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