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125 queere Mitarbeitende der deutschen katholischen Kirche outen sich - das ist auch für Österreich wichtig

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Von: Emily Erhold

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Bildmontage: Eine Messe in der katholischen Kirche und zwei Frauen, die mit dem Rücken zur Kamera Hand in Hand vor einem Gebäude stehen.
125 Mitarbeitende der katholischen Kirche haben sich als queer geoutet und fordern ein Ende der Diskriminierung. © Gustavo Alabiso/Westend 61/Imago7BuzzFeed Austria

In der Nacht auf den 24. Jänner haben sich 125 Mitarbeitende der katholischen Kirche in Deutschland geoutet. Sie fordern eine Änderung des kirchlichen Arbeitsrechts.

So eine Aktion hat es noch nie zuvor gegeben. Hunderte Priester, Gemeinde- und Pastoralrefent:innen, Religionslehrer:innen und Mitarbeitende in der Verwaltung outen sich im Rahmen der Initiative #OutInChurch und der ARD-Doku „Wie Gott uns schuf“. Auch österreichische LGBTQIA+-Vertreter:innen begrüßen das.

In a Nutshell

Queere Mitarbeitende der Kirche machen auf Diskriminierung aufmerksam

Menschen wie Monika Schmelter müssen ihr Leben geheim halten, um ihren Glauben zu leben und ihren Arbeitsplatz nicht zu verlieren. Schmelter ist Mitarbeiterin der Caritas, dem Wohlfahrtsverband der römisch-katholischen Kirche. Sie musste die Beziehung zu ihrer heutigen Frau, einer Religionslehrerin, 40 Jahre lang verheimlichen. Nachdem die Partnerschaft doch ans Licht gekommen war, wurde ihr von ihrem Chef nahegelegt, ihren Job nur behalten zu können, wenn sie die Beziehung weiterhin geheim halte.

125 Mitarbeitende der katholischen Kirche in Deutschland wollen das nicht mehr hinnehmen. Im größten Coming-Out, das die Kirche wohl je gesehen hat, machen sie auf ihre Situation aufmerksam und fordern die Kirche dazu auf, die Diskriminierung gegen queere Personen zu beenden. Denn noch immer ist es in der katholischen Kirche ein Kündigungsgrund, wenn die sexuelle Orientierung oder die geschlechtliche Identität nicht dem traditionellen Rollenbild von Mann und Frau entspricht.

#OutInChurch fordert Änderung des kirchlichen Arbeitsrechts

Die Initiative #OutInChurch, die in der Nacht zum 24. Jänner online gegangen ist, fordert daher eine Änderung des kirchlichen Arbeitsrechts. Außerdem sollen beleidigende und verletzende Aussagen zu Geschlechtlichkeit und Sexualität aus der kirchlichen Lehre gestrichen werden. Zudem wollen die Initiatoren, dass der Zugang zu allen katholischen Sakramenten und zu allen Berufsfeldern der Kirche queeren Menschen nicht mehr vorenthalten werde. Zu den sieben Sakramenten in der katholischen Kirche gehören unter anderem Taufe, Firmung und Ehe.

Im März hatte der Vatikan betont, dass homosexuelle Partnerschaften nicht den „Plänen Gottes“ entsprechen würden. Erst im Herbst sprach sich Papst Franziskus erneut deutlich gegen die Öffnung des Ehe-Sakraments für gleichgeschlechtliche Paare aus. Die katholische Kirche betrachtet die Ehe als Verbindung zwischen Mann und Frau.

Solidarisierung mit queeren Kolleg:innen

Etwa 20 katholische Verbände und Organisationen solidarisieren sich mit ihren queeren Kolleg:innen. In einer gemeinsamen Erklärung, die die deutsche Katholische Nachrichten-Agentur veröffentlichte, heißt es: „Es darf nicht länger hingenommen werden, dass Menschen in kirchlichen Kontexten aus Angst gegenüber Kirchenvertreter:innen ein Schattendasein führen müssen, wenn sie nicht dem von der Kirche normierten Geschlechterbild entsprechen.“ Auch die Reformbewegung Maria 2.0 solidarisierte sich mit der Initiative. Eine Reform des kirchlichen Arbeitsrechts und der kirchlichen Lehre seien unbedingt notwendig.

Die österreichische Bischofskonferenz wollte auf Anfrage von BuzzFeed Austria die Initiative in Deutschland derzeit noch nicht kommentieren. Man wisse noch zu wenig darüber. Die steirische LGBTQIA+-Interessensvertretung RosaLila PantherInnen begrüßt das Coming-Out in Deutschland. „Wir finden das großartig und wichtig. In der katholischen Kirche sind queere Themen ein großes Tabuthema. Auch in Österreich gilt der Diskriminierungsschutz in der Arbeitswelt nicht für die Mitarbeitenden der Kirche. Das ist überhaupt nicht mehr zeitgemäß. Ich freue mich sehr, dass die deutschen Mitarbeitenden die Courage haben, sich zu outen“, erklärt der Vorsitzende Joe Niedermayer. Auch er fordert, dass sich die Grundhaltung der Kirche zu queeren Themen ändert. „Ich kenne viele gläubige schwule und lesbische Paare, die gerne kirchlich heiraten würden. Warum ist das noch immer nicht erlaubt?“, fragt Niedermayer.

Coming Out in TV-Doku

Am 24. Jänner läuft auf dem deutschen Sender ARD die Dokumentation „Wie Gott uns schuf“ von Investigativjournalist Hajo Seppelt. Rund 100 queere Katholik:innen sprechen darin öffentlich über ihre Erfahrungen in der katholischen Kirche und deren Einrichtungen. Sie berichten von jahrelangen Versteckspielen und ein Leben in Angst vor dem Outing.

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