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Was die Europäische Union bis 2025 mit Frauen vorhat

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Von: Emily Erhold

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Wenn es um die Gleichstellung der Geschlechter geht, hat sich viel getan. Trotzdem muss mehr weitergehen. Die Europäische Union hat bis 2025 zumindest viel vor, um Frauen die gleichen Chancen zu ermöglichen wie Männern. Was genau und wieso es wichtig ist, erfährt ihr hier:

Jede dritte Frau in der EU hat in ihrem Leben bereits sexuelle und/oder körperliche Gewalt erfahren. Obwohl es mehr Hochschulabsolventinnen als -absolventen gibt, verdienen Frauen noch immer weniger als Männer und arbeiten öfters in niedrig bezahlten Jobs. Das muss sich ändern, damit wir auch tatsächlich die vollkommene Gleichstellung zwischen weiblich und männlich gelesenen Personen erreichen. Die Europäische Union (EU), zu der auch Österreich noch immer gehört, hat immerhin diese Gleichstellung als einen ihrer Grundwerte festgelegt.

In a Nutshell:

Obwohl Europa im weltweiten Vergleich zwar kein so schlechtes Pflaster für Frauen ist, braucht es weiterhin Maßnahmen, um irgendwann in einer Welt zu leben, in der Frauen endlich nicht mehr nur Nischenthema sind. Die EU-Kommission, die Vorschläge zu neuen Rechtsvorschriften macht, hat sich in ihrer „Strategie für die Gleichstellung der Geschlechter 2020 bis 2025“ viel vorgenommen. Und so sehen die Pläne aus:

Gewalt gegen Frauen verhindern

2014 befragte die Agentur der Europäischen Union für Grundrechte (FRA) 42.000 Frauen in der EU zu ihren Erfahrungen mit Gewalt, sexueller Belästigung, Stalking und Cyberstalking. Dabei kam heraus, dass 33 Prozent der Frauen in der EU bereits sexueller und/oder körperlicher Gewalt ausgesetzt waren. 22 Prozent von ihnen waren bereits Opfer häuslicher Gewalt und mehr als die Hälfte (55 Prozent) sind schon einmal sexuell belästigt worden. Für einen Staatenverbund wie die EU, der auf Demokratie, Freiheit und Menschenrechten basiert, sind das keine erfreulichen Zahlen.

Ein Meilenstein: Die Istanbul-Konvention

Damit Frauen besser vor Gewalt geschützt werden können, muss die Gleichstellung der Geschlechter in der Verfassung und im Rechtssystem eines Landes verankert sein. Außerdem müssen die Staaten ausreichend Hilfsangebote für Frauen anbieten und die Menschen ausreichend über das Problem von geschlechtsspezifischer Gewalt aufmerksam machen. So steht es zumindest in der Istanbul-Konvention. Die Istanbul-Konvention ist ein Vertrag, der 2011 von 13 Staaten unterzeichnet wurde und Gewalt gegen Frauen als gesellschaftliches Problem anerkennt. Er gilt als Meilenstein im Kampf gegen Gewalt an Frauen, da es sich um die erste zwischenstaatliche Vereinbarung zum Schutz von Frauen vor Gewalt handelt. Nicht alle EU-Mitglieder haben diesen Vertrag unterzeichnet beziehungsweise ratifiziert, also in nationale Gesetze umgewandelt.

Bildmontage: EU-Viertel in Brüssel und Frau bei einer Demonstration.
Die EU-Kommission hat in ihrer Strategie für die Gleichstellung der Geschlechter bis 2025 viel vor. © Future Image/aal.photo/Imago/BuzzFeed Austria

Die EU-Kommissionspräsidentin Ursula Von der Leyen fordert daher einen kompletten, einheitlichen Eintritt der EU in die Konvention. So soll der Gewaltschutz innerhalb der Europäischen Union verbessert werden. Doch nicht alle EU-Länder sind damit glücklich. Bulgarien sieht das Abkommen als verfassungswidrig. Polen möchte überhaupt austreten und auch Ungarn hat die Istanbul-Konvention noch nicht ratifiziert. Gründe dafür sind meist Kritik an einem sogenannten „Gender-Wahn“ oder wie im Fall von Polen, dass die Konvention die Religion nicht ausreichend respektiere.

Die Debatte um die Umsetzung der Istanbul Konvention bringt Spannungen zwischen die EU-Kommission und den Mitgliedsstaaten. Der Europäische Gerichtshof (EUGH) prüfte deshalb, ob die EU auch ohne Zustimmung aller Mitglieder dem Vertrag beitreten können. Das Ergebnis: Die EU muss nicht auf die Zustimmung aller Länder warten und kann auch ohne einstimmiges Ergebnis der Istanbul Konvention einheitlich beitreten. Eine Umsetzung durch die EU würde den Gewaltschutz von Frauen in den Mitgliedsstaaten wesentlich verbessern.

Bye Bye veraltete Geschlechterklischees

Frauen sind zwar bereits seit Jahren auch in der Arbeitswelt vertreten. Das typische Frauenbild ist trotzdem nicht ganz aus den Köpfen der Leute verschwunden. Laut einer Eurobarometer-Umfrage aus dem Jahr 2017 waren damals noch vier von 10 Europäer:innen der Auffassung, dass die wichtigste Aufgabe einer Frau es ist, sich um Haushalt und Familie zu kümmern. Auch das möchte die EU-Kommission laut ihrer Strategie für die Gleichstellung der Geschlechter bis 2025 ändern und äußerte das Vorhaben, eine EU-weite Kampagne gegen Geschlechterstereotypen zu starten.

Projekte in KI und Kultur

Außerdem möchte die Kommission die Mitarbeit von Frauen in der Entwicklung Künstlicher Intelligenz fördern. Denn KI kann ganz schön frauenfeindlich sein. Sprachassistenz-Tools wie Siri oder Alexa reagierten bis vor Kurzem auf sexistische Kommentare mit Antworten wie „Wenn ich könnte, würde ich erröten“. Damit es auch im Kulturbereich mehr Chancengleichheit gibt, will die EU-Kommission Projekte zur Förderung der Geschlechtergleichstellung unterstützen. Mit dem Programm MEDIA sollen etwa Filmemacherinnen, Produzentinnen und Drehbuchautorinnen finanziell und mit Schulungsmaßnahmen unterstützt werden.

Gleiche Chancen auch in der Arbeit

Auch wenn Frauen mittlerweile Karriere machen, in Führungspositionen gibt es noch immer weitaus weniger Frauen als Männer. Nur acht Prozent der Vorstandsvorsitzenden in den größten Unternehmen der EU sind Frauen. Der Gender Pay Gap innerhalb der EU liegt bei 14 Prozent. Dabei wirkt sich die Beteiligung der Frauen am Arbeitsmarkt richtig gut auf die Wirtschaft aus. Laut dem Europäischen Institut für Gleichstellung würde eine bessere Gleichstellung der Geschlechter das Pro-Kopf-BIP (Brutto-Inlands-Produkt: Maß für die wirtschaftliche Leistung eines Landes) der EU bis 20250 um 6,1 bis 9,6 Prozent wachsen lassen.

Weil aber noch immer vor allem Frauen den Haushalt schmeißen, ein Familienmitglied pflegen oder bei den Kindern bleiben, sehen ihre Karriere-Chancen durchschnittlich schlechter aus als jene von Männern. Im August 2022 müssen die EU-Mitgliedsstaaten deswegen die EU-Richtlinie zur Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben umsetzen. Damit soll eine ausgewogene Aufteilung der Betreuungs- und Pflegearbeit zwischen den Geschlechtern gefördert werden. So sollen Männer und Frauen beruflich und persönlich die gleichen Chancen erhalten.

Damit Eltern ihren Beruf und ihr Privatleben besser vereinbaren können, wurden 2002 die Barcelona-Ziele vereinbart. Sie fordern den Ausbau von Betreuungseinrichtungen für Kleinkinder in den Mitgliedsstaaten. Noch nicht alle Mitgliedsstaaten der EU stellen aber ausreichend Kinderbetreuungseinrichtungen zur Verfügung. Die Kommission plant daher eine Überarbeitung der Ziele.

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