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„Männern passiert das auch“: Ich habe es satt, wie gegen Feminismus argumentiert wird

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Von: Emily Erhold

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Bildmontage: Frau beim Diskutieren und Aktivist:innen, die die Anzahl der Femizide auf eine Wand malen.
Wie gegen Feminismus argumentiert wird nervt. © Panthermedia/Imago/Andrea Klamar-Hutkova/AFP/APA-PictureDesk/BuzzFeed Austria

Der Feminismus hat schon seit Langem ein Image-Problem. Deswegen wird die Notwendigkeit, sich für Frauenrechte einzusetzen, oft hinterfragt. Meine 2Cents dazu:

Feminismus ist kein schöner Begriff. Er ist sperrig und abstrakt. Trotzdem können sich viele etwas darunter vorstellen. Nur ist das, was sie sich vorstellen, oftmals negativ. Aus irgendeinem Grund ist das Bild der männerhassenden Frau fest in den Köpfen der Menschen verankert. Zumindest scheint es so, wenn ich in meinem Bekanntenkreis darauf aufmerksam mache, dass manche Probleme noch immer geschlechtsspezifisch sind. „Männern passiert das auch“, habe ich erst letztens wieder von einer Freundin zu hören bekommen, als es um familiäre Gewalt ging. Jo eh. Nur ist das halt nicht der Punkt.

Feminismus nervt

Es sollte mich nicht wundern, dass Feminismus die Menschen in Österreich nervt. Immerhin leben wir in einem Land, in dem sich nicht einmal unsere Frauenministerin als Feministin bezeichnen möchte. Das Image-Problem des Feminismus zeigte 2018 auch Hannah Herbst in ihrem Buch „Feminstin sagt man nicht“ auf. Vier Jahre später sieht es nicht anders aus. Feminist:innen - egal, welcher Art, denn feministische Ansätze gibt es viele - fordern nach wie vor Geschlechtergerechtigkeit. Kritiker:innen werfen ihnen weiterhin vor, an den „echten Problemen“ vorbeizureden, sich gar nicht einig zu sein, welche Probleme sie überhaupt bekämpfen möchten oder gar Probleme zu konstruieren, wo es gar keine gebe.

„Das Geschlecht kann kein Motiv sein“

Doch geschlechtsspezifische Diskriminierung ist noch immer Teil unserer Gesellschaft. Ja, auch in reichen Industrieländern wie Österreich. Beispiele aus der Praxis gibt es genug. Erst vor Kurzem wurde am Equal Pay Day darauf aufmerksam gemacht, dass Frauen hierzulande durchschnittlich noch immer weniger verdienen als Männer. Dass Frauen sogar schon beim Bewerbungsprozess für einen neuen Job anders behandelt werden, zeigt auch ein Experiment unserer Leser:innen. 2021 gab es 29 offiziell bestätigte Femizide, also Morde an Frauen aufgrund ihres Geschlechts. Wir sind noch lange nicht an dem Punkt angekommen, an dem wir darüber diskutieren können, ob es den Feminismus wirklich noch braucht.

Dennoch werden feministische Themen gerne infrage gestellt. Zuletzt im Gespräch mit einer Freundin. „Aber sind Femizide nicht einfach nur Morde? Das Geschlecht kann doch kein Motiv sein. Es gibt doch auch Frauen, die Männer umbringen“, argumentierte sie.

Ein legitimer Einwand, der im Zusammenhang mit Femiziden öfter genannt wird. Es ist extrem schwer, das Geschlecht als Motiv einzuordnen. Zudem gibt es noch keine offizielle und einheitliche Begriffsdefinition von Femizid. Dieses Problem hat auch das Europäische Institut für Gendergleichheit (EIGE) erkannt und deswegen eine EU-weite Studie gestartet, um eine genaue Begriffsdefinition zu finden und die Datenlage zu Femiziden zu verbessern. Fehlt dem Begriff Femizid deswegen aber die Glaubwürdigkeit? Nur, weil etwas schwer zu erfassen ist, existiert es nicht? Und nur, weil es auch Männer gibt, die von Frauen getötet werden, darf es den Begriff Femizid nicht geben?

Falsch! Denn der Begriff wurde erstmals von der Soziologin Diana Russell verwendet, um auf ein bestimmtes Problem aufmerksam zu machen. Und bei diesem Problem handelt es sich nun einmal um Morde an Frauen, bei dem das Geschlecht beziehungsweise die Geschlechterrollen eine wichtige Rolle spielen. Dass das nicht erfunden ist, zeigt die Statistik: Laut dem UN-Büro für Drogen- und Verbrechensbekämpfung sind es in acht von zehn Fällen Frauen, die von einem (Ex)-Partner oder einem Familienmitglied umgebracht werden. Männer werden hingegen eher vorn Fremden oder Menschen außerhalb der Familie getötet.

Männern passiert das auch

Dass Männer einen Vorteil gegenüber anderen Geschlechtern haben, ist mittlerweile sehr häufig mit Zahlen und Statistiken zu beweisen. In einer Diskussion kriegt man aber oft gar nicht die Chance, damit zu argumentieren. Viel mehr wird gleich das ganze Konzept des Feminismus infrage gestellt. Männern passiert das auch. Deswegen darf es den Feminismus nicht geben? Deswegen darf man sich Frauenrechten nicht widmen? Der Feminismus diskriminiert, weil er Männer außen vor lässt? Den Feminismus braucht es ja gar nicht mehr, weil Frauen alles dürfen, was Männer dürfen? Nein, nein, nein und nein! Und ich habe es satt, zuerst einmal diese Fragen zu beantworten, bevor ich überhaupt eine Diskussion über das eigentliche Problem führen kann.

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