Die eierlegende Wollmilchfrau: Veraltete Geschlechterrollen stressen uns auch heute noch

Es gibt zwar mehr als zwei Geschlechter, das veraltete Rollenbild von Mann und Frau kann trotzdem stressen. Hier meine 2 Cents zu dem Thema:
Wenn man sich die Studien vom letzten Jahr ansieht, könnte man meinen, dass uns alte Rollenbilder richtig happy machen. In der Corona-Krise sind wir nämlich genau in diese wieder zurückgefallen. Der Großteil der Frauen kümmerte sich in den Lockdowns 2020 um Hausarbeit, Kinderbetreuung und Homeschooling. Die Männer waren arbeiten. Kaum wird es schwierig: back to the roots also.
Kein Wunder: In den meisten Familien geht es sich finanziell besser aus, wenn die Frau beruflich zurücksteckt (Danke Gender Pay Gap). Das traditionelle Bild von Mann und Frau existiert also auch noch 2021. Gleichzeitig verändern sich die Rollen der Geschlechter. Ich finde, das stresst.
Geschlechterrollen: Die eierlegende Wollmilchfrau
Wer jetzt nicht gerade eine 200 Quadratmeter-Wohnung am Graben geerbt bekommen hat, weiß: Das Leben ist teuer. Mittlerweile ist es so teuer, dass die meisten Familien von zwei Einkommen abhängig sind. In heterosexuellen cis-Partnerschaften bedeutet das also: Frau und Mann müssen beide zum Haushaltseinkommen beitragen. Sie haben also beide die Rolle des Versorgers oder der Versorgerin.
Und damit alles fair aufgeteilt ist, sollte man meinen, dass die Hausarbeit auch 50:50 aufgeteilt wird. So ist es aber leider in der Regel nicht. Das Rheingold-Institut in Deutschland fand schon vor der Corona-Krise heraus, dass Frauen den Großteil der Mental Load tragen, also der „mentalen Last“ der Familienplanung.
Das kann daran liegen, dass Frauen jahrhundertelang als Hausfrau und Mutter betrachtet wurden. Solche festgefahrenen Rollenbilder lassen sich nur schwer aus den Köpfen der Menschen bringen. Das kann aber auch daran liegen, dass man gar nicht erst weiß, dass diese Rollenbilder unseren Alltag beherrschen. Egal, woran es jedenfalls liegt, fest steht: Die moderne Frau des 21. Jahrhunderts ist auch die eierlegende Wollmilchfrau. Sie muss arbeiten und Geld verdienen, am Weg nach Hause einkaufen und die Kinder abholen, die Wohnung gehört dann auch noch geputzt - achja - und das Abendessen hergerichtet.
Wer Karriere machen und gleichzeitig Mutter sein möchte, hat es auch jetzt noch schwer. Und selbst wenn der Partner diese Aufgaben übernimmt und nicht nur das Brot verdienen, sondern auch der Haushalt 50:50 aufgeteilt wird: Die Verantwortung über den Haushalt hat meist noch immer die Frau. Der Stress der Planung gehört ganz ihr.
Apropos Stress: Den hat man als Frau schon lange vor der Gründung einer Familie. Uni-Abschluss und erfolgreiche Karriere, die dann hoffentlich noch vorm ersten Kind am Höhepunkt ist, sollten am besten vor 30 in der Tasche sein. Denn noch immer ist es so, dass man als Frau einen ordentlichen Karriereknick hinnehmen muss, wenn man ein Kind bekommt und dann auch noch in Karenz geht. Am besten also fett Kohle verdienen bevor die Kinder kommen. Will eine Frau aber keine Familie gründen, wird sie in unserer Gesellschaft noch immer schief angesehen. Ganz schön stressig.
Geschlechterrollen: Der Mann, der alles kann
Dem modernen Mann geht es aber auch nicht anders. Er muss auch heute noch einem gewissen Männlichkeitsideal entsprechen. Wann ist ein Mann ein Mann? Die Frage, die sich Herbert Grönemeyer schon 1984 stellte, ist bis heute nicht geklärt. Traditionelle Vorstellungen von Männlichkeit lehren jungen Buben, ihre Gefühle zu unterdrücken, dominant zu sein und Konkurrenz zu lieben. Der US-Psychologenverband fand 2019 heraus, dass dieses Ideal dazu führt, dass Männer wesentlich öfter strenger Disziplin unterworfen sind, aber gleichzeitig häufiger die Uni abbrechen und oft unter psychologischen Problemen leiden würden.
Gleichzeitig wird von Männern auch immer mehr Empathie und Offenheit und Fürsorge erwartet. Sie sollen nicht mehr nur Brotverdiener, sondern auch liebevoller Vater sein, der im Idealfall auf einen großen Anteil am Haushaltseinkommen, um in die noch immer schlecht finanzierte Vater-Karenz zu gehen. Haben sie als Kinder gelernt, ständig in Konkurrenz zu treten, sollen sie jetzt ihr gelerntes Rollenbild vergessen und zurückstecken, wenn die Frau mehr verdient. Brauchen sie dann vor Gericht Unterhalt für die Kinder, weil sie als Hausmann zu Hause geblieben sind, müssen sie sich nicht nur vor der Gesellschaft, sondern auch vor der Richter:innen erklären. Ganz schön stressig.