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„Es kotzt uns an“: Frauen werden auf LinkedIn angemacht und es ist nicht einfach, sich dagegen zu wehren

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Von: Emily Erhold

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Bildmontage: Finger tippt auf Handyscreen. LinkedIn ist geöffnet. Eine Frau bekommt eine Nachricht.
Auf der Karriereplattform LinkedIn nehmen sexistische Nachrichten zu. © Yay Images/PhotoAlto/Imago/BuzzFeed Austria

Immer mehr Frauen werden auf der Karriereplattform LinkedIn angemacht, beleidigt oder belästigt. Betroffene können sich wehren. Rechtlich muss sich aber noch viel tun.

In Österreich trat Anfang 2021 das „Hass im Netz“-Gesetzespaket in Kraft. So sollen sich Betroffene von Cybermobbing und Hasspostings einfacher wehren können. Das virtuelle Beleidigen, Bloßstellen, Bedrohen und Belästigen einer Person ist damit strafbar. Aber Sexismus fällt nicht immer in eine dieser Kategorien, wie ein aktuelles Beispiel auf LinkedIn zeigt.

Sexismus auf LinkedIn: Anmachsprüche auf einer Karriere-Plattform

Sarah Stein ist stellvertretende Leiterin des Bereichs Audience Development beim Südwestfunk. So steht es in ihrem LinkedIn-Profil. Auf dem Karriere-Netzwerk geht es darum, berufliche Kontakte zu knüpfen, sich über Themen rund um Job und Arbeitswelt auszutauschen, und Jobangebote auszuschicken oder zu bekommen. Anmachsprüche gehören eher auf Dating-Apps wie Tinder. Trotzdem landete vor einigen Wochen ein solcher Anbandlungsversuch im LinkedIn-Posteingang von Sarah Stein:

Moin Sarah, normalerweise mach ich das nicht mit dem kommentarlosen Adden, aber du hast wirklich mal ne außergewöhnliche Ausstrahlung hier. Nicht so Standard wie viele Profile hier...da hab ich mir gedacht, ich sag einfach mal Hallo und schau was passiert.“

User auf LinkedIn

Die Nachricht teilte Stein in ihrem Feed und schrieb: „Es kotzt uns Frauen einfach an.“ An weitere Betroffene appellierte sie: „Liebe Frauen: Ihr könnt Profile melden, ihr könnt die Nachrichten ignorieren. Ihr müsst nicht antworten. Auch wenn lieb und nett sein uns anerzogen wurde. Hör auf damit. Setzt eure eigenen Grenzen.“ Fast 500 Kommentare und 5.000 Reaktionen hat ihr Beitrag mittlerweile. Gegenüber dem „Handelsblatt“ erklärte Stein, dass sich vor allem Berufseinsteigerinnen bei ihr gemeldet hätten. Denn sie wüssten nicht, wie sie mit solchen Messages umgehen sollen.

#ThisIsNotADatingPlatform: Frauen machen auf sexuelle Belästigung aufmerksam

Dass es Frauen auf LinkedIn mittlerweile reicht, zeigt auch die 27-jährige Recruiterin Celine Melo Cristino, die auf der Plattform bereits mehrere Nachrichten über ihr Aussehen und sogar ungebetene Nacktbilder erhalten hat. Mit dem Hashtag #ThisIsNotADatingPlatform möchte sie darauf aufmerksam machen, dass dieser Sexismus auf LinkedIn keinen Platz hat. „Ich möchte keine Anmachsprüche erhalten“, so Cristino. Andere User:innen griffen den Hashtag auf und solidarisierten sich mit der Recruiterin.

LinkedIn hat ein Sexismus-Problem

Sexismus ist im Internet keine Seltenheit. LinkedIn selbst zeigte in seinem eigenen Transparenzbericht auf, dass Belästigungen und Beleidigungen im zweiten Halbjahr von 2020 um das Neunfache angestiegen sind. Insgesamt 157.108 solcher Fälle wurden in der zweiten Jahreshälfte verzeichnet.

Ganz wehrlos sind die betroffenen User:innen gegen diese Messages aber nicht. In den letzten Jahren hat sich viel getan, um Nutzer:innen vor Hass im Netz zu schützen. In Österreich trat Anfang 2021 etwa das sogenannte „Hass im Netz“-Gesetzespaket in Kraft. Damit können sich Betroffene leichter gegen Cybermobbing, Beleidigungen oder Belästigungen wehren.

Gegen Anmache gibt es kein Gesetz

So ist das Beleidigen, Bloßstellen, Bedrohen oder Belästigen einer Person seit diesem Jahr bereits nach dem ersten Mal strafbar (zuvor musste die Tat wiederholt werden). Außerdem wurde ein verpflichtender Meldebutton auf den Plattformen eingeführt. Gemeldete Inhalte müssen je nach Eindeutigkeit innerhalb von 24 Stunden bis sieben Tagen von der Seite gelöscht werden. Bei der Eindeutigkeit ist es gerade im Fall von Sarah Stein aber schwierig. Eine Anmache muss beispielsweise nicht zwangsläufig eine Beleidigung sein. Gegen einen Anmachspruch an sich gibt es kein Gesetz.

Anmachsprüche im Internet sind auch auf anderen Plattformen verbreitet. „Wir kennen das Problem von Instagram. Hier sind es vor allem Bots, die diese Nachrichten ausschicken“, erklärt Barbara Buchegger von Saferinternet.at. Sie rät den Betroffenen: „Das Klügste ist, die Nachricht zu ignorieren und den Account zu melden.“

Sexismus im Netz: Es muss noch viel getan werden

Frauen müssen sich im Netz mit einer Vielzahl an sexistischen Kommentaren, Beleidigungen und Belästigungen auseinandersetzen. Rechtlich gibt es hier noch Luft nach oben, um die Betroffenen ausreichend zu schützen. „Das ‚Hass im Netz‘-Gesetzespaket ist ein Schritt in die richtige Richtung“, erklärt uns Barbara Buchegger. „Wir sehen aber noch Punkte, die das Gesetz nicht ausreichend abdeckt“, sagt die Expertin.

So ist seit heuer zwar Upskirting (das unerlaubte Fotografieren und Veröffentlichen des Intimbereichs) verboten. „Bei Nacktfotos von Ex-Partner:innen greift das Gesetz aber nicht automatisch, da die Aufnahme potenziell einvernehmlich entstanden sein könnte“. Außerdem gebe es im Bereich von Dickpics noch keine ausreichende gesetzliche Grundlage.

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