Das hat sich in Österreich in den letzten 6 Jahren für Frauen verändert

Seit 1918 gibt es in Österreich eigentlich die gesetzliche Gleichstellung von Mann und Frau. In der Gesellschaft ist die komplette Chancengleichheit aller Geschlechter jedoch noch nicht angekommen.
In der österreichischen Verfassung ist zwar festgehalten, dass Mann und Frau gleichgestellt und Maßnahmen zur Förderung der Gleichstellung der Geschlechter zulässig sind. Dennoch gibt es immer noch gesellschaftliche Strukturen (zum Beispiel überwiegend männliche Führungskräfte in Unternehmen oder wissenschaftliche Daten, die sich vor allem auf männliche Probanden stützen), die es Frauen alles andere als einfach machen. Frauenrechte nehmen daher eine wichtige Stellung im politischen System ein. In den letzten Jahren hat sich in diesem Bereich viel getan, vieles aber auch nicht. Wir haben uns angesehen, was sich in den letzten sechs Jahren für Frauen in Österreich geändert hat:
2015: Erweiterung der Elternkarenz
2015 wird die Elternzeit angepasst. Jetzt dürfen auch Partnerinnen von Frauen, die sich künstlich befruchten ließen, in Karenz gehen. Das ist eine Errungenschaft für lesbische Paare. Außerdem wird ein höherer arbeitsrechtlicher Schutz für Arbeitnehmerinnen nach einer Fehlgeburt. Ein vierwöchiger Kündigungs- und Entlassungsschutz soll die psychische Belastung so gering wie möglich halten.
Auch Freie Dienstnehmerinnen erhalten außerdem erstmals nach der Geburt eines Kindes einen Freistellungsanspruch und einen viermonatigen Motivkündigungsschutz. Ein Motivkündigungsschutz bedeutet, eine Kündigung oder Entlassung aufgrund der Inanspruchnahme kann beim Arbeits- und Sozialgericht angefochten werden. Die Änderungen treten 2016 in Kraft. Es ist ein Meilenstein für gleichgeschlechtliche Paare sowie für arbeitende Mütter.
2017: Frauenquote in Aufsichtsräten
Im Juni 2017 beschließt der Nationalrat das Gleichstellungsgesetz von Frauen und Männern in Aufsichtsräten von großen Unternehmen. Das bedeutet, dass ab 2018 in allen börsennotierten Unternehmen und Unternehmen mit mehr als 1.000 Beschäftigten Frauen mit einem Mindestanteil von 30 Prozent vertreten sein müssen. Es handelt sich um einen weitere wichtigen Schritt zu mehr Gender-Gerechtigkeit in der Wirtschaft. Und er trägt auch Früchte: Laut dem „Frauen-Management.Report 2020“ der Arbeiterkammer hat sich der Frauenanteil in den von der Regelung betroffenen Unternehmen von 22,4 Prozent im Jahr 2018 auf 31,7 Prozent erhöht.
Die in den USA aufflammende Metoo-Bewegung trifft 2017 auch Österreich. Vor allem in den Bereichen Politik, Kultur und Sport werden Missbrauchsfälle bekannt. Im November macht die Ex-Skirennläuferin Nicola Werdenigg Missbrauchsvorwürfe öffentlich und stößt eine Debatte über sexualisierte Gewalt im Skisport an. Der Parlamentarier Peter Pilz nimmt sein Nationalratsmandat nicht an, nachdem eine ehemalige Assistentin sexuelle Belästigung vorwirft.
2018: Partnereinkommen und Frauenvolksbegehren
Frauen verdienen in Österreich im Durchschnitt um 27,9 Prozent weniger als Männer. Grund dafür ist, dass sie oft in Teilzeit oder geringfügig arbeiten, um sich um Hausarbeit, Kinderbetreuung oder die Pflege von Angehörigen zu kümmern. Diese unbezahlte Care-Arbeit fällt nämlich noch immer zum Großteil auf Frauen zurück. Diese Rahmenbedingungen haben fatale Folgen: Frauen sind besonders stark von Armut betroffen.
Ein großes Problem ist auch, dass Frauen oftmals gesetzlich von ihrem Ehepartner abhängig sind. So war es bis 2018 notwendig, bei der Beantragung von Notstandshilfe das Einkommen seines Partners anzugeben. Das floss dann auch in die Entscheidung mit ein, wie hoch der Bezug ausfällt. Seit Juli 2018 wird das Partnereinkommen bei der Berechnung allerdings nicht mehr berücksichtigt. Das ermöglicht vor allem verheirateten Frauen eine bessere finanzielle Absicherung.
Ebenfalls 2018 fand die Eintragungswoche des 2016 initiierten Frauenvolksbegehren 2.0 statt, das anlässlich des 20-jährigen Jubiläums des ersten Frauenvolksbegehrens die „echte soziale und ökonomische Gleichstellung der Geschlechter mit verfassungsgesetzlichen Regelungen“ einforderte. Es erreichte 481.959 Unterschriften.
2019: Erste Bundeskanzlerin Österreichs
Nach der Ibiza-Affäre zerbricht die türkis-blaue Regierung unter Bundeskanzler Sebastian Kurz. Am 3. Juni 2019 wird einer Übergangsregierung angelobt. Die Verfassungsrichterin Brigitte Bierlein wird Österreichs erste Bundeskanzlerin. Ihre Expertenregierung besteht aus sechs weiblichen und sechs männlichen Ministerinnen. Es ist das erste Mal in Österreich, dass die Hälfte der Regierungsmitglieder Frauen sind. Mit der Angelobung der Bundesregierung Kurz II am 7. Jänner 2020 endete die Übergangsregierung Bierleins.
2020: Hass im Netz und Upskirting
Hass und Hetze ist im Internet weit verbreitet. Laut einer Studie der Verbrechensopferhilfe Weisser Ring ist jede dritte Frau in Österreich von Gewalt im Internet betroffen. 2020 beschließen die ÖVP-Ministerinnen Elisabeth Köstinger und Susanne Raab sowie die Grüne Justizministerin Alma Zadić, die selbst kurz nach ihrem Debüt im Parlament Opfer von Cybermobbing wurde, strenger gegen Hass im Netz vorzugehen.
Mit dem Hass-im-Netz-Bekämpfungs-Gesetz (HiNBG), das 2021 in Kraft tritt, will man Beschimpfungen, Verleumdungen, Hetze und Drohungen im Internet entgegenwirken. Auch das sogenannte Upskirting wird im Rahmen des Gesetzespakets erstmals verboten. Bei Upskirting handelt es sich um das unbefugte Fotografieren des Intimbereichs. So können sich Frauen besser gegen die Aufnahme von Spanner-Fotos wehren.
2021: Immer mehr Frauen in der Kommunalpolitik
Aufgrund von Quotenregelungen in den 80er- und 90er-Jahren ist der Frauenanteil in der Politik im letzten Jahrhundert deutlich gestiegen. Der Anstieg verlangsamt sich in den letzten Jahren allerdings. Dennoch gibt es 2021 auf Kommunalebene einen kleinen Erfolg zu verbuchen: 200 Bürgermeisterinnen gibt es in Österreich - so viele wie noch nie. Der Frauenanteil an der Führungsspitze der österreichischen Gemeinden liegt somit bei 9,5 Prozent. Vor zehn Jahren lag dieser noch bei fünf Prozent.
Ein langer Weg mit vielen Rückschlägen
Die Frauenrechte in Österreich wurden seit der gesetzlichen Gleichstellung von Mann und Frau 1918 hart erkämpft. Alleine die letzten fünf Jahre zeigen, wie wichtig frauenpolitische Agenden noch immer sind. Das 2018 veranstaltete Frauenvolksbegehren 2.0 wurde von knapp 500.000 Menschen unterzeichnet. Zu den darin formulierten Forderungen zählen Mitspracherecht, faire Bezahlung, die Vorbeugung und erhöhte Gewaltprävention. Auch wenn seither nicht alle Forderungen umgesetzt wurden, so erhalten feministische Themen seit dem Volksbegehren wieder erhöhte mediale Aufmerksamkeit.
Doch die Corona-Krise hat gezeigt: Strukturelle Probleme und Geschlechterklischees sind immer noch vorherrschend. Den Großteil der Mehrarbeit im Haushalt, der durch die Lockdowns angefallen ist, wurde von Frauen übernommen. Der Großteil der unbezahlten Care-Arbeit wird noch immer von Frauen erledigt und auch der Gender Pay Gap ist noch lange nicht geschlossen. Zudem steigt hierzulande die Gewalt gegen Frauen in den letzten Jahren immer weiter an. 2021 gab es bereits 30 Femizide (Stand Mitte Dezember), 2020 waren 31. Die Politik hat also auch in den nächsten Jahren noch viel zu tun, um den langen Weg zur Gleichstellung zwischen Mann und Frau zu beschreiten.