1. BuzzFeed.at
  2. News
  3. Gender

Mann zahlt Ex-Frau 200.000 Euro für Carearbeit – diese Ansprüche gelten bei uns

Erstellt:

Von: Jana Stäbener

Kommentare

In Spanien bekommt eine Frau ihre Care-Arbeit bezahlt, weil sich ihr Mann in der Zeit Vermögen anhäufte. In Deutschland sind Entschädigungen ebenfalls denkbar.

Für 25 Jahre Hausarbeit muss ein Mann in Spanien seiner Ex-Frau eine Entschädigung von rund 200.000 Euro zahlen. Das entschied ein Richter in Spanien in Vélez-Málaga, berichteten am Donnerstag, 9. März 2023, die Zeitung La Vanguardia und andere Medien. In Spanien wird dieses Urteil „anderen Frauen die Tür öffnen“, schreibt die spanische Zeitung. Wie sieht es in Deutschland aus, fragt sich BuzzFeed News DE und hakt bei Familienrechtsprofessor:innen nach.

Spanierin verklagt Mann wegen finanzieller Anerkennung für Haushalt und Kinder

Sie sei „sehr verliebt“ gewesen, als sie mit 20 geheiratet habe, erzählte die Klägerin Ivana Moral der La Vanguardia. Doch schon bald habe sie gemerkt, dass sie in ihrer Ehe die ganze Care-Arbeit übernahm, die auch in Deutschland noch hauptsächlich Frauen erledigen. Sie kümmerte sich aber nicht nur um Haushalt und Kinder, sondern arbeitete auch in den Fitnessstudios ihres Mannes mit. Mindestens zehn Stunden pro Tag habe sie geschuftet. Dafür habe sie aber weder finanzielle noch moralische Anerkennung erhalten.

Das Paar hatte bei der Hochzeit eine Gütertrennung vereinbart, die sie vom Vermögens ihres Mannes ausschließen sollte. „Ich hatte nicht einmal eine Bankkarte.“ Haus, Grundstücke, Autos und andere Besitztümer seien auf den Namen des Mannes eingetragen gewesen. Sie sei sehr oft gedemütigt worden und habe ihren sehr wohlhabenden Mann regelrecht um Geld anbetteln müssen – sogar für Menstruationsprodukte. Aus Angst, allein nicht zurechtzukommen, habe sie sich aber erst nach rund 25 Jahren im Jahr 2020 scheiden lassen.

Urteil in Spanien zu Care-Arbeit laut Jurist:innen „nur fair“

Nach Angaben von Expert:innen ist es wohl das erste Urteil dieser Art in Spanien (genauso wie das spanische Urteil, das Genderklischees bei Spielzeugwerbung verbietet). Und das, obwohl es den Artikel 1438 des spanischen Zivilgesetzbuchs schon lange gibt. Dieser ermöglicht der Person, die Care-Arbeit leistet, im Fall der Gütertrennungsvereinbarung einen Anspruch auf Entschädigung, erklärt die Direktorin des Instituts für Familienrecht der Universität Marburg, Christine Budzikiewicz, gegenüber BuzzFeed News DE.

„Dies ist nur fair, wenn man bedenkt, dass der Vermögenserwerb des anderen allein deshalb möglich war, weil dem erwerbstätigen Ehegatten der Rücken freigehalten wurde“, sagt die Juristin. Aber wie ist das in Deutschland? Dort gibt es solch einen Artikel nicht, die Gütertrennung, oft mithilfe eines Ehevertrags vereinbart, jedoch schon. „Ein solcher Vertrag kann bei Ehegatten, die beide erwerbstätig und voneinander finanziell unabhängig sind, völlig unproblematisch sein“, so Tobias Helms. Auch er ist Direktor des Instituts für Familienrecht in Marburg.

Eine Spanierin hat Anspruch auf Bezahlung ihrer Hausarbeit, entschied ein spanisches Gericht. Aber wie sieht das in Deutschland aus? BuzzFeed News fragt Expert:innen. (Symbolbild)
Eine Spanierin hat Anspruch auf Bezahlung ihrer Hausarbeit, entschied ein spanisches Gericht. Aber wie sieht das in Deutschland aus? BuzzFeed News fragt Expert:innen. (Symbolbild) © Panthermedia/IMAGO

Mehr zu Care-Arbeit und deren problematischer Vergangenheit? Hier 11 frauenfeindliche Werbeslogans, die sich heute niemand mehr erlauben würde.

Wann ist eine Gütertrennung Ehevertrag „sittenwidrig“ oder „treuwidrig“?

In manchen Fällen jedoch sei eine Gütertrennung im Ehevertrag problematisch, wenn eine Person „nicht selten die Frau“ den Haushalt mache (auf TikTok sogar ein neuer Trend) und sich dann der Mann ein Vermögen anhäufen könne. „Um hier unbillige Ergebnisse zu vermeiden, werden die Eheverträge vor Gericht einer sogenannten Inhaltskontrolle unterzogen“, erklärt Helms. Da werde dann geprüft, ob der Ehevertrag „sittenwidrig“ (a) oder „treuwidrig“ (b) sei.

Ein:e Richter:in schaut sich also an, ob beide Parteien erwerbstätig waren (a) oder ob eine Person im Laufe der Ehe den Beruf aufgrund der Kinder aufgeben musste (b). „In diesem Fall würde der Vertrag an die von dem ursprünglichen Lebensentwurf abweichende tatsächliche Situation angepasst werden, sodass der durch die Vereinbarung (jetzt) benachteiligte Partner nicht völlig leer ausgeht“, so Helms zu BuzzFeed News DE.

Der oder die Haushalts-führende Partner:in (meist die Frau, was auch in Connie-Büchern so dargestellt wird) wird also durch einen „Zugewinnausgleich am Vermögenszuwachs des anderen beteiligt, oder aber es erfolgt eine Vertragsanpassung nach den Grundsätzen von Treu und Glauben“, erklärt Helms. Entsprechende Entscheidungen seien gar nicht so selten, sind sich die beiden Professor:innen einig. Was es in Deutschland jedoch nicht gebe, sei eine „gesonderte Entlohnung der Haushaltsführung für den Fall der Gütertrennung“, wie das in Spanien geschehen sei.

Deutschland: Bei Mitarbeit im Betrieb des Gatten besteht „gesonderter Zahlungsanspruch“

Auf eines will Budzikiewicz noch hinweisen: Die Spanierin Ivana Moral arbeitete im Fitnessstudio ihres Mannes mit, bekam dafür aber keinen Lohn (nur ein Einzelschicksal, das den Gender-Pay-Gap zwischen Frauen und Männern erklärt). „Im deutschen Recht kann in einem solchen Fall (also bei Mitarbeit im Betrieb des anderen Ehegatten) bei Scheitern der Ehe unter Umständen ein gesonderter Zahlungsanspruch bestehen“, so die Professorin für Familienrecht.

„Vor allem bei Gütertrennung nehmen die Gerichte bei regelmäßigen (und nicht entlohnten) Arbeitsleistungen im Betrieb des Ehepartners einen stillschweigend geschlossenen Vertrag zwischen den Eheleuten an.“ Auf der Grundlage dieses Vertrages könne dann unter bestimmten Voraussetzungen eine Ausgleichszahlung vor Gericht verlangt werden, so Budzikiewicz zu BuzzFeed News DE.

In Deutschland haben Frauen, die wie die Spanierin Moral das Vermögen ihres Mannes mitfinanziert haben, also im Falle einer Scheidung durchaus Anspruch auf verschiedene Zahlungen. Dass in Spanien Care-Arbeit jedoch explizit bezahlt wird, ist für unsere Autorin nur ein weiteres Beispiel für den gelebten Feminismus in Spanien, der das Land für sie als Frau gerade zu einem Traumland macht.

(Mit Material der dpa)

Auch interessant

Kommentare