1. BuzzFeed.at
  2. News
  3. Gender

Junge Frau protestiert gegen frauenverachtende Politik der Taliban und muss 27 Tage in Haft

Erstellt:

Kommentare

Eine junge Frau kämpft gegen die frauenverachtende Politik der Taliban in Afghanistan und nimmt sogar Inhaftierung, Folter und Mord in Kauf.

Es war an einem kühlen Januartag in Kabul, fünf Monate nachdem die Taliban die Macht im Land übernommen und damit begonnen hatten, eine Vielzahl von Frauenrechten abzuschaffen. An diesem Tag gingen Parwana Ibrahimkhel und eine Gruppe anderer Frauen auf die Straße, um gegen die Politik des Regimes zu protestieren. Ihr Slogan lautete „Brot, Arbeit, Freiheit“.

Die Taliban reagierte auf die Proteste mit einer Razzia. Am Abend des 22. Januar verhafteten die Taliban Ibrahimkhel und ihren Schwager. Sie verbrachte 27 Tage in einer Militäreinrichtung der Taliban. „Am Anfang war die Reaktion des Regimes nicht sehr aggressiv, aber mit der Zeit wurde sie feindselig“, so Ibrahimkhel gegenüber BuzzFeed News US.

Parwana Ibrahimkhel sitzt in einer Bibliothek an einem Tisch, vor ihr ein Laptop und ein Buch. Sie schaut direkt in die Kamera.
Parwana Ibrahimkhel ist eine von vielen jungen Frauen, die gegen die Politik der Taliban protestiert haben. © Parwana Ibrahimkhel

Taliban-Regime in Afghanistan: Nach der Vertreibung 2000 machten Frauen enorme Fortschritte

Nachdem die Taliban Anfang der 2000er Jahre, die jetzt wieder auferstanden sind, vertrieben wurden, machten afghanische Frauen in den vergangenen zwei Jahrzehnten erhebliche Fortschritte. Laut einem Essay des Brookings Institutes, habe die 2004 anerkannte Verfassung für die Zeit nach den Taliban, das Recht der Frauen erweitert, zur Schule zu gehen, wählen, arbeiten, in zivilen Einrichtungen mitwirken und protestieren zu dürfen. Im Jahr 2009 kandidierten Frauen zum ersten Mal in der Geschichte des Landes für das Präsident:innenamt.

Von 2003 bis 2017 stieg der Anteil der Mädchen, die die Grundschule besuchen, laut einem Bericht des Brookings Institute von 10 Prozent auf 33 Prozent. Bis 2020 waren 21 Prozent der afghanischen Beamt:innen Frauen. 16 Prozent davon in der Führungsebene. 27 Prozent der afghanischen Parlamentsabgeordneten waren Frauen. Doch jetzt haben die Taliban die Zukunft von afghanischen Frauen und Mädchen schon wieder zerstört.

„Unsere jungen Mädchen leben heute in einem Zustand der Verzweiflung und Enttäuschung.“

Doch jetzt, nach 20 Jahren Demokratie und Milliarden von Dollar an Investitionen der internationalen Gemeinschaft, befinden sich die Frauen Afghanistans wieder unter den repressiven Bedingungen der Taliban-Herrschaft. Nach Übernahme des Landes durch die Taliban schloss das Regime Schulen und Universitäten für Frauen und Mädchen.

Das Regime löste auch das Ministerium für Frauenangelegenheiten auf und wandelte es in eine religiöse Polizeibehörde um, deren Aufgabe es ist, die neuen Regeln und Richtlinien der Taliban umzusetzen. Darunter die Regelung, dass sich TV-Journalistinnen komplett verschleiern müssen. Michelle Bachelet, hohe Kommissarin der Vereinten Nationen für Menschenrechte, erklärte, dass unter den Taliban mehr als 90 Prozent der von Frauen geführten Haushalte unter Hunger und Ernährungsunsicherheit litten, während 1,2 Millionen Mädchen im Land von einem Verbot der Sekundarschulbildung betroffen seien.

„Unsere jungen Mädchen leben heute in einem Zustand der Verzweiflung und Enttäuschung“, sagte Ibrahimkhel. „Die Mädchen sind völlig gebrochen und sehen keine Zukunft. Seit dem 15. August hat sich für Mädchen und Frauen in Afghanistan viel verändert“. An diesem Tag wurde Kabul von den Taliban im Jahr 2021 erneut erobert. Laut einem Amnesty-Bericht ist die Lage für afghanische Frauen dort jetzt desaströs. „Heute erleben alle einen schleichenden Tod“, so Parwana Ibrahimkhel gegenüber BuzzFeed News US.

„Heute erleben alle einen schleichenden Tod.“

Parwana Ibrahimkhel gegenüber BuzzFeed News US

Parwana Ibrahimkhels Kampf gegen Politik der Taliban: „Ich war mir der Gefahr bewusst“

Ibrahimkhel und ihre Familie haben einen hohen Preis dafür gezahlt, dass sie in ihrem Land geblieben sind. Ihr Vater kam im Krieg ums Leben, ihr Bruder erblindete bei einem Selbstmordattentat in Kabul. Das Risiko, auf die Straße zu gehen, um gegen die Abschaffung der Frauenrechte durch die Taliban zu protestieren, war sie bereit einzugehen. „Ich war mir der Gefahr bewusst. Ich hatte das Gefühl, dass mir eines Tages etwas zustoßen würde, was meine Erwartungen übersteigt. Ich glaube, dass jeder Kampf seinen Preis hat, und dieser Preis kann Inhaftierung, Folter und sogar Mord sein. Aber ich war entschlossen, zu kämpfen.“

„Ich war mir der Gefahr bewusst. Ich hatte das Gefühl, dass mir eines Tages etwas zustoßen würde, was meine Erwartungen übersteigt. Ich glaube, dass jeder Kampf seinen Preis hat, und dieser Preis kann Inhaftierung, Folter und sogar Mord sein. Aber ich war entschlossen, zu kämpfen.“

Parwana Ibrahimkhel gegenüber BuzzFeed News US

Ibrahimkhel wurde wegen ihrer Proteste gegen die Taliban inhaftiert

Ibrahimkhel wurde wegen ihrer Proteste am 22. Januar in einer nahe gelegenen Militäreinrichtung inhaftiert und wusste nicht, wie lange sie in Haft bleiben würde, bis sie vier Wochen später entlassen wurde. Sie sagte, sie fürchte um ihr Leben, wolle sich aber zu Wort melden, um auf das Leben in Afghanistan unter der Herrschaft der Taliban aufmerksam zu machen.

Nach internationalen Aufrufen an die Taliban, die Schulen für Mädchen wieder zu öffnen, veranstaltete das Regime eine Versammlung von 4000 Geistlichen in Kabul, um diese Frage zu erörtern. Frauen oder internationale Medienvertreter:innen waren nicht anwesend. Das Treffen endete, ohne dass etwas an der Politik geändert wurde.

Hier schreiben wir über eine Stadt in China, die mit ähnlichen Unterdrückungen leben muss, wie die Menschen in Afghanistan. Es handelt sich um eine muslimische Uiguren-Stadt, aus der China jetzt eine Art touristisches Disneyland machte.

Autor ist Syed Zabiullah Langari. Dieser Artikel erschien am 26. Juli 2022 zunächst auf buzzfeednews.com. Aus dem Englischen übersetzt von Aranza Maier.

Auch interessant

Kommentare