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Können wir bitte aufhören so zu tun, als wäre der Valentinstag der Nationalfeiertag für heterosexuelle Paare?

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Von: Sophie Marie Unger

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Zwei homosexuelle Pärchen im Urlaub
Liebe Menschen erzählen uns, wie sie den Valentinstag verbringen. (Fotomontage) © BuzzFeed

Heute ist Valentinstag. Abgesehen davon, dass er der Kommerzialisierung schon lange zum Opfer gefallen ist, zeigt sich immer wieder, dass nicht alle Formen der Liebe gleichermaßen gefeiert werden. Das ist schade. Deshalb wollen wir heute diverse Lebens- und Liebesformen hochleben lassen.

Blättert man Anfang Februar durch Frauenmagazine oder begibt sich auf Shoppingtour fällt eines auf: Überall springen uns Herzerl entgegen - egal ob in Form eines Backblechs oder auf dem Prospekt eines Candlelight-Dinners. Eigentlich eh sweet, nur dass sich diese Angebote vor allem an eine Adressatin richten: die heterosexuelle Zweierbeziehung. Damit werden nicht nur alle anderen Lebens- und Liebesformen ausgeschlossen, sondern auch Menschen, die in einer Beziehung nicht ganz so aufgehen, extrem bemitleidet.

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Ja, am Valentinstag sind die klassischen Genderrollen wieder mal so rosa/blau wie sonst vor allem in der Kinderabteilung und das Singledasein plötzlich wieder so verwerflich wie in den 50ern. Das muss wirklich nicht sein. Wir haben deshalb unterschiedlichen Personen die Möglichkeit gegeben, von ihren aktuellen Lebens- und Liebessituationen zu erzählen.

Sarah und Theresa

Sarah und Theresa haben sich über die Dating-App Tinder kennengelernt und leben in einer Zweierbeziehung. Bei all der Hektik im Job und Alltag, ist es ihnen wichtig, bewusst Zeit füreinander zu schaffen. Sie kochen gemeinsam und entfliehen auch gerne mal dem Stadttrubel. Vielleicht auch deshalb, weil sie sich in manchen Wiener Gemeindebezirken als homosexuelles Paar sehr unwohl fühlen. Unangenehme Blicke und anzügliche und oder beleidigende Kommentare (meistens von cis Männern) sind dann keine Seltenheit.

Wir versuchen es weitestgehend zu ignorieren, aber ganz ist das manchmal leider nicht möglich. Das hat dann die Konsequenz, dass Besuche im Lokal oder das Fortgehen im Club einen fahlen Beigeschmack haben und die Freude immens darunter leidet.

Sarah
Das Pärchen Theresa und Sarah beim Eis essen.
Theresa und Sarah haben sich über Tinder kennengelernt und sind nun ein Paar. © Sarah Gerdenits

Das Valentins-Wochenende verbringen sie in München. Bei der Planung ist ihnen extrem aufgefallen, dass das Marketing rund um Valentinstag stark auf heterosexuelle Paare abzielt. „Da gab es bspw. ein Thermen-Angebot, das damit warb, dass „für die Dame (Einzahl) ein kleines Zusatzpräsent“ am Zimmer bereitliegt - wir haben dann gewitzelt, ob dann für uns beide ein Geschenk vorbereitet wird oder gar keines - Spoiler: wir haben‘s nicht gebucht“, erzählt uns Sarah. Leben und leben lassen - das würden sich die beiden auf jeden Fall für die Zukunft wünschen, genauso wie mehr Aktionismus in der Politik.

Es gibt Parteien die immer mal wieder Vorstöße in diese Richtung machen, die werden dann aber aufgrund von anderen Interessen anderer Parteien in keim erstickt. Das heißt: hier ist auf jeden Fall noch einiges zu leisten.

Sarah

Alex

Alex ist Franzose und wohnt seit einiger Zeit in Wien. Er genießt das Singledasein und fühlt sich dadurch super frei. Was andere von seiner Lebensform halten, interessiert ihn herzlich wenig. Als Barkeeper findet er die Kommerzialisierung des Valentinstags nicht schlimm, im Gegenteil: „in Zeiten von Corona, sollten wir alle froh sein, wenn das Business durch solche Tage gepusht wird“. Der 25-Jährige erinnert sich zurück und meint, dass der Festtag in den vergangenen Jahren schon offener für unterschiedliche Beziehungsformen geworden ist und er auch homosexuelle Paare kennt, die den Tag genauso feiern, wie gleichgeschlechtliche Pärchen.

Am Sonntag geht mir als Single dann aber schon der klassische Chill-Tag auf der Couch ab, aber das wird auch kommen, wenn die Zeit reif ist. Ich lass mich da von keiner Werbung der Welt oder von anderen Personen stressen.

Alex

Michelle und Marvin

Die beiden haben sich im September 2016 auf einer Party von gemeinsamen Freunden kennengelernt und wohnen mittlerweile zusammen. Eine strenge Aufteilung im Haushalt gibt es nicht - die Umsetzung bestimmter Geschlechterklischees erst recht nicht. Man macht das, was einem eher daugt. Michelle kümmert sich um den Müll und die Wäsche, während Marvin kocht und staubsaugt. Den Valentinstag finden beide im Grunde nicht verwerflich. „Wir finden es schön, einen Tag im Jahr daran erinnert zu werden“, sagt Michelle. Am Kommerz-Wahnsinn nehmen sie trotzdem nicht teil, schenken sich also nix, sondern verbringen einfach Zeit zusammen. Hinsichtlich Diversität fällt ihnen vor allem auf, dass die medial Abbildung extrem einseitig ist und auf Heterosexualität abzielt.

In den Medien sollte finde ich viel mehr Diversität gezeigt werden, es gibt nämlich nicht nur die typischen Klischeepaare - aber so wird es nach außen kommuniziert. Am Tag der Liebe sowie an allen anderen Tagen im Jahr sollten alle Menschen mit allen Sexualitäten ihre Liebe zeigen können und auch die Medien sollten das unterstützen! 

Michelle

Für die Zukunft wünschen sie sich daher auch, dass sich die Menschen gegenseitig schätzen und alle Arten von Liebe nicht nur akzeptiert, sondern auch supporten. „Wir wünschen uns eine Welt, in der die Liebe alles schaffen kann und in der man durch die Liebe alles schaffen kann“.

Lukas und Anna

„Wir sind dann wohl das, was weitläufig unter ‚Gspusi‘ bekannt ist“, erzählt uns Lukas hinsichtlich seiner Beziehung zu Anna. Die lacht zwar anfangs nur, verfällt dann aber in ein kräftiges Nicken. Wie viele Gspusis haben sie sich über Tinder kennengelernt. Da sie beide frisch getrennt sind, wollen sie nichts überstürzen - genießen aber sehr wohl die Anwesenheit des anderen. Beide leben in verschiedenen WGs und treffen sich einmal da und einmal dort. Im Mittelpunkt steht momentan die sexuelle Beziehung, ab und zu gehen die beiden aber auch was trinken. Anna hat sich bislang nicht getraut, ihren etwas konservativen Eltern von ihrem aktuellen Beziehungsstatus zu erzählen.

Meine Eltern sind - wie viele andere ältere Österreicher:innen auch - einfach sehr verklemmt. Bei uns gab es wenig Kommunikation über Sexualität und Beziehung. Das fand ich immer schade, hab‘s aber irgendwann akzeptiert. Auch hinsichtlich anderer Liebesformen sind sie leider wenig aufgeschlossen.

Anna

Sie hofft daher, dass irgendwann ein Umdenken stattfindet - und das bezieht sie auf die gesamte Gesellschaft nicht nur ihre Eltern. Auch Lukas setzt sich für verschiedene Beziehungsformen ein. „In manchen Lebensabschnitten passen halt manchmal offenere Beziehungskonzepte besser, als klassische Modelle - das ist wie mit einem Hemd, manchmal trägt man es offen, manchmal zu“.

Florian und Mark

Mark und Florian sind seit der Schule ein Paar, also knapp 11 Jahre zusammen. Schon damals hat es ihnen nichts ausgemacht, sich vor ihren Freund:innen zu outen. Die Klassengemeinschaft war ziemlich gut, deshalb war keine große Sache. Mit der Schulkolleg:innen-Crew sind sie auch heute noch viel unterwegs, deshalb machen sie selten negative Erfahrungen beim Weggehen. Bei ihren Eltern und Großeltern war das aber anders. „Mein Vater hat kurzzeitig den Raum verlassen“, erzählt Mark. Danach brachte er Florian mal mit nachhause - sein Vater war wie gewohnt ein guter Gastgeber und nach zwei Schnaps-Runde war die Welt in Ordnung.

Meine Eltern sind auch eher konservativ, weshalb ich ihnen erst 5 Jahre später von Mark erzählt habe. Sie haben es denke ich gemerkt, aber nie darüber gesprochen. Als es raus war, war ich einfach nur erleichtert. Heute verstehen wir uns besser denn je.

Florian
Das Pärchen Mark und Florian in einem Park in Barcelona
Mark und Florian während ihres Urlaubs in Barcelona. © Mark Lesan

Zum Valentinstag wollen die beiden Bouldern gehen. Sie haben sich da eine kleine interne Regel auferlegt, welche besagt, dass sie an Feier- und Festtagen immer jeweils eine neue Aktivität ausprobieren. An Weihnachten waren sie beispielweise Schneeschuhwandern. Ziemlich nice eigentlich so eine Regel - das werd‘ ich mir auf jeden Fall merken. In diesem Sinne Happy Valentine‘s Day!

Wenn du sehen willst, wie crazy Amerikaner:innen den Valentinstag teilweise so gestalten, musst du dir unbedingt das anschauen.

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