Grüner Gesundheitspolitiker kritisiert Nahles „Arbeit ist kein Ponyhof“-Aussage als „zynisch“

Bundesarbeitsagentur-Chefin Andrea Nahles mahnt, dass „Arbeit kein Ponyhof“ sei. „Wenig hilfreich“, findet der Grünen-Abgeordnete Johannes Wagner.
Die ehemalige SPD-Vorsitzende Andrea Nahles spricht in einem Interview über den Fachkräftemangel, Arbeitslose und die Arbeitsmoral der jungen Menschen. „Fragen der Work-Life-Balance müssen neu ausgehandelt werden“, sagt die Chefin der Bundesagentur für Arbeit. Und Aushandeln heiße aber auch an die jüngere Generation gerichtet: „Arbeit ist kein Ponyhof.“
Der Satz störte einige Twitter-User:innen, die auf „Arbeit ist kein Ponyhof“ mit „Ok, Boomer“ kontern. Auch der Obmann der Grünen im Unterausschuss Globale Gesundheit, Johannes Wagner, kritisiert die Aussagen der 52-Jährigen.
Bundesarbeitsagentur-Chefin Andrea Nahles: „Arbeit ist kein Ponyhof.“
Andrea Nahles spricht im Interview mit der Augsburger Allgemeinen vor allem darüber, wie es vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels gelingen kann, dass Menschen mehr arbeiten. Der Arbeitsmarkt verändere sich, das sei ihr klar. Dennoch sei sie auch manchmal „irritiert“, wenn Menschen beim Einstellungsgespräch forderten, keine einzige Überstunde machen zu müssen. Für sie sei Arbeit „mehr als Existenzsicherung“. Wer sich mit seiner Arbeit identifiziere, so Nahles, sei flexibel und bereit, eins draufzulegen, wenn es mal eng werde.
Das sehen manche Menschen nicht so. Für sie ergibt das Konzept Arbeit gar keinen Sinn mehr. „Fragen der Work-Life-Balance müssen neu ausgehandelt werden, wie meine Generation die Verteilung der Arbeit zwischen Frau und Mann in Familien neu ausgehandelt hat“, sagt Nahles gegenüber der Augsburger Allgemeinen. Aber: „Aushandeln heißt aber auch an die jüngere Generation gerichtet: Arbeit ist kein Ponyhof.“
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Grünen-Gesundheitspolitiker: „Diese Aussage empfinde ich als zynisch“
Der Obmann der Grünen im Unterausschuss Globale Gesundheit, Johannes Wagner, äußert sich gegenüber BuzzFeed News DE zu der Ponyhof-Aussage von Andrea Nahles. „Wenn ich mir vorstelle, wie Menschen mit Gesundheitsberufen dieses Zitat von Frau Nahles hören, muss ich klar sagen: Diese Aussage empfinde ich als zynisch.“ Er verstehe jeden, der da aufgebe, weil er ausgebrannt sei.
„Abgesehen davon, dass ein ausgewogenes Arbeitsleben einfach gesünder ist, gibt es viele junge Menschen, die Zeit für ihre Familie haben wollen oder sich um ein Ehrenamt kümmern. Das hat absolut nichts mit Ponyhof zu tun. Es ist nichts verwerflich an dem Wunsch, dass jeder Mensch mit Freude zur Arbeit gehen können sollte, ohne daran kaputtzugehen“, so der Grünen-Bundestagsabgeordnete.

Fachkräftemangel: „Zu ermahnen, dass Arbeit kein Ponyhof sei, ist wenig hilfreich“
Wagner hält nicht viel von Klagen über die Generation Z, weil sie angeblich so wenig arbeiten will. Durch Automatisierung und den Einsatz von Maschinen habe man an Effizienz und Lebensqualität gewonnen. Die auch nicht verloren gingen, wenn manche Menschen weniger als 40 Stunden pro Woche arbeiten würden. „Der Appell von Frau Nahles klingt da eher nach einem Rückschritt“, sagt Wagner zu BuzzFeed News DE.
Für ihn sei es „ein klares Zeichen von jahrelanger verfehlter Arbeitsmarkt- und auch Einwanderungspolitik“, dass „viele Menschen über ihre Grenzen gehen müssen und Überstunden oft zur Normalität gehören“ – Stichwort Fachkräftemangel. In der Gesundheitspolitik arbeite man bereits an Reformen. „Die jungen Menschen aber zu ermahnen, dass Arbeit kein Ponyhof sei, ist da wenig hilfreich. Mit einem Weiter-so reiten wir nur weiter in die Krise.“
Gerade in pädagogischen Berufen mangelt es momentan an Personal. Das Kinderhilfswerk warnt jedoch, dass selbstständiges Lernen „der falsche Weg“ aus dem Lehrkräftemangel sei.