Was macht das Hacker-Kollektiv „Anonymous“ genau und welche Rolle spielt es im russischen Angriffskrieg?

Seit einer Woche greift das internationale Hacker-Kollektiv „Anonymous“ russische Regierungsseiten und Staatsmedien mit Cyberattacken an. Jetzt soll auch die Kommentarfunktion von Google Maps dazu genutzt werden, um Putins Zensur zu umgehen. Wir haben dir die wichtigsten Facts dazu zusammengefasst.
„Das Anonymous-Kollektiv ist offiziell im Cyber-Krieg gegen die russische Regierung.“ Gleich zu Beginn des russischen Angriffskrieges in der Ukraine sagte die Hacker-Gruppierung Anonymous mit dieser Twitter-Meldung dem Kreml den Kampf an. Seitdem ist rund eine Woche vergangen. Neben Cyber-Attacken auf russische Regierungsseiten und Staatsmedien kommen nun auch andere kreative Protest-Ideen gegen Putins Zensur zum Einsatz: „Geht auf Google Maps. Geht nach Russland. Findet ein Restaurant oder Geschäft und schreibt eine Bewertung. Wenn ihr schreibt, erklärt, was gerade in der Ukraine passiert“, forderten die Hacker:innen erst gestern auf Twitter.
In a nutshell
- Was ist Anonymous? Eine weltweite Gruppierung anonymer Hacker:innen, die „Hacktivismus“ betreiben, also online und offline Protestaktionen organisieren und kollektive Cyberattacken starten. Im Zentrum der Organisation stehen Werte wie Redefreiheit, soziale Gerechtigkeit und die Unabhängigkeit des Internets. Die Kommunikation der Mitglieder findet vor allem in verschlüsselten Chats und über soziale Medien statt.
- Wer steckt hinter dem Hacker-Kollektiv? Die Aktivist:innen sind anonym, weswegen nie mit hundertprozentiger Sicherheit gesagt werden kann, ob Proteste und Attacken auch tatsächlich auf das Kollektiv zurück zu führen sind. Bei öffentlichen Kundgebungen tragen Anonymous-Mitglieder meist eine „Guy Fawkes“-Maske, die zum Markenzeichen der Bewegung geworden ist. Die Maske referenziert das politische Comic V wie Vendetta, in dem der Hauptcharakter maskiert gegen ein unterdrückerisches Regime kämpft.
- Wer stand in der Vergangenheit im Visier von Anonymous? Cyberattacken trafen bereits verschiedene staatliche Behörden, global agierende Konzerne, Urheberrechtsgesellschaften, aber auch die umstrittene Sekte Scientology. Während der Corona-Pandemie waren auch Querdenker-Bewegungen das Ziel von Hacker-Angriffen.
- Wie attackiert Anonymous? Die Gruppierung arbeitet unter anderem mit sogenannten DDoS(Distributed Denial-of-Service)-Attacken, wo in kurzer Zeit sehr viele Anfragen an eine Webseite gesendet werden, um die Kapazität zur Verarbeitung von Anfragen zu überlasten und damit die Verfügbarkeit der Seite zu stören.
- Was ist seit der Kampfansage auf den Kreml passiert? Kurz danach ließen sich diverse russische Regierungsseiten nicht mehr aufrufen, zum Beispiel die des Verteidigungsministeriums. Zudem wurden auf Twitter Emailadressen und Daten von Mitarbeitern verschiedener Ministerien veröffentlicht, gleich danach allerdings wieder gelöscht, wahrscheinlich durch das Einwirken des Social-Media-Anbieters selbst. Auch russische Staatsmedien wie Russia Today, einige russische Banken und der Energiekonzern Gazprom wurden laut Anonymous bereits attackiert.
- Wie wehrt sich Anonymous gegen Putins Medien-Zensur? Viele Russ:innen glauben noch immer, dass es sich bei dem Angriffskrieg auf die Ukraine um eine „Sonder-Militäroperation“ handelt, weil die Zensurbehörde Roskomnadzor die mediale Berichterstattung stark einschränkt. Einige regierungskritische Medien sind sogar verboten worden. Jetzt ruft Anonymous die internationale Internet-Community dazu auf, Russ:innen im Rahmen von Google-Maps-Bewertungen zum Geschehen in der Ukraine informieren. Inhaltlich ist es nämlich nur schwer möglich, den Google-Dienst zu zensurieren.