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7 Fragen und Antworten zum stillgelegten Kohlekraftwerk Mellach, das reaktiviert werden soll

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Von: Johannes Pressler

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Türme des Kohlekraftwerks Mellach.
Das Kohlekraftwerk Mellach soll für den „Ernstnotfall“ reaktiviert werden. © Ingrid Kornberger/APA-PictureDesk

Wie kommt Österreich aus der Energiekrise? Die Reaktivierung eines Kohlekraftwerks soll dazu verhelfen.

Die Bemühungen der österreichischen Bundesregierung, immer unabhängiger von russischen Gaslieferungen zu werden, gehen weiter. Der neueste Punkt auf der Agenda: Die Reaktivierung des eigentlich stillgelegten Kohlekraftwerks Mellach. Damit auch verbunden sind mögliche Schäden für Klima und Gesundheit. Hier sind sieben Fragen und Antworten zum bevorstehenden Kohle-Comeback Österreichs:

1. Was ist genau passiert?

Seit ein paar Tagen kommt aus Russland über Pipelines deutlich weniger Gas nach Österreich. Die offizielle Begründung aus Moskau lautet, dass es zu technischen Problemen gekommen sei. Spekulationen, dass es sich hierbei um eine politische Aktion von Präsident Wladimir Putin handle, konnten bisher in keiner Weise bestätigt werden. Fakt ist: Seit Donnerstag (17. Juni) kommt deutlich weniger Gas nach Österreich. Zwar ist es nicht so extrem wie etwa in Deutschland oder Frankreich, da Österreich das meiste Gas aus Russland über andere Leitungen bezieht - Grund zur Sorge ist dennoch berechtigt.

2. Wie sehr ist Österreich von russischem Gas abhängig?

Von dem ganzen Erdgas, das Österreich verbraucht, werden nur rund zehn Prozent hierzulande produziert. Der Rest sind Importe - und davon stammen ganze 80 Prozent aus Russland. „Diese über Jahrzehnte gewachsene Abhängigkeit kann weder unmittelbar noch kurzfristig geändert werden“, heißt es von Franz Angerer, Geschäftsführer der Österreichischen Energieagentur. Mit nationaler und internationaler Kraftanstrengung wäre es frühestens 2027 denkbar, von russischem Gas vollkommen abhängig zu sein.

3. Wie reagiert die österreichische Regierung?

Dazu berief Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) am Sonntagabend (19. Juni) kurzfristig ein „kleines Krisenkabinett“ ein. Mit vom Start waren Wirtschaftsminister Martin Kocher (ÖVP) und Leonore Gewessler (Grüne), Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Mobilität, Innovation, Technologie und eben Energie. „Die Versorgung ist sichergestellt“, heißt es vonseiten des Großkonzerns OMV - nichtsdestotrotz plant die Regierung jetzt einen weiteren, durchaus kontroversen Schritt: Die Reaktivierung des Kohlekraftwerks Mellach bei Graz.

4. Was hat es mit der Inebtriebnahme dieses Kohlekraftwerks genau auf sich?

Nehammer, Kocher und Gewessler gaben nach ihrem „kleinen Krisenkabinett“ bekannt, dass der Stromkonzern Verbund angewiesen wurde, das stillgelegte Kohlekraftwerk Mellach zu reaktivieren - allerdings nur „für den hoffentlich nicht eintretenden Ernstnotfall, dass kein Gas mehr aus Russland nach Österreich kommt“.

5. Kohlekraftwerk Mellach ... da war doch was, oder?

Genau, rund zwei Jahre ist es her, als das steirische Fernheizkraftwerk Mellach, wie es offiziell heißt, den Betrieb einstellte. Bis zu diesem Zeitpunkt war es das noch letzte aktive Kohlekraftwerk in ganz Österreich. 34 Jahre lang war es im Betrieb. Die Einstellung des Kraftwerks im Frühjahr 2020 wurde als „historischer Schritt“ für Österreich bezeichnet.

6. Wann soll das Kohlekraftwerk wieder startklar sein?

Wenn es nach Energieministerin Gewessler ginge, sei „das Kraftwerk in einigen Monaten einsetzbar“, wie auf Anfrage der Tageszeitung „Der Standard“ bekannt wurde. Aus der Sicht des Stromkonzerns könnte das aber knapp werden, da die Reaktivierung eine gewisse Zeit brauchen würde und auch die benötigte Kohle erst wieder beschafft werden müsste. Der Herbst ginge sich als Zieldatum laut Verbund auf keinen Fall mehr aus.

7. Und was sagen die Umweltschutz-NGOs zum möglichen Kohle-Comeback?

Die österreichische Umweltschutzorganisation GLOBAL 2000 zeigt sich in einer ersten Reaktion besorgt. „Kohle ist die klimaschädlichste Energie und führt zu gesundheitsschädlichen Quecksilberemissionen und Feinstaub. Der Einsatz von Kohlekraftwerken zerstört das Klima und gefährdet Menschenleben“, heißt es von Klima- und Energiesprecher Johannes Wahlmüller. Die mögliche Reaktivierung des Kohlekraftwerks Mellach dürfe nur bei „zeitlich eng begrenzten, akuten Notfällen“ zum Einsatz kommen.

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