„Untragbar“: Israelitische Kultusgemeinde Wien kritisiert Karl-Lueger-Denkmal

Die Diskussion um das Karl-Lueger-Denkmal in Wien geht weiter: Holocaust-Überlebende fordern Bürgermeister Ludwig auf, das Ehrenmal zu entfernen. Kritik kommt auch von der IKG Wien.
Die öffentliche Debatte um das Karl-Lueger-Denkmal am gleichnamigen Platz im 1. Wiener Gemeindebezirk scheint einen neuen Höhepunkt erreicht zu haben. Grund für die Aufregung ist die Geschichte des Wiener Bürgermeisters von 1897 bis 1910, der als Antisemit galt. Zudem soll Lueger, der auch die Christlichsoziale Partei gründete, großes Vorbild von Adolf Hitler gewesen sein. Seit Jahren wird von mehreren Seiten gefordert, das Denkmal zu entfernen und den Platz umzubenennen. So sieht es auch meine Kollegin Sophie Unger. Nun meldeten sich sogar neun Holocaust-Überlebende zu Wort.
Lueger-Denkmal: Holocaust-Überlebende fordern Entfernung
Zu den neun Holocaust-Überlebenden, die sich am Freitag in einem offenen Brief direkt an Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) wendeten, zählen Eric Kandel, Nobelpreisträger für Physiologie oder Medizin, und der bekannte hundertjährige Schriftsteller Georg Stefan Troller. Wie die „Süddeutsche Zeitung“ als Erstes darüber berichtete, schmerze es den Holocaust-Überlebenden sehr, „dass Karl Lueger, einer der prononciertesten Antisemiten des 19. und frühen 20. Jahrhunderts, immer noch im Herzen Wiens geehrt wird“. Sie fordern daher die Entfernung des Denkmals, der Platz selbst sollte auch umbenannt werden.
Dass die Stadt Wien hier noch nicht tatkräftig gehandelt hat, sei für die Holocaust-Überlebenden „beschämend“, wie es weiters in dem offenen Brief heißt. Unterstützt wird der Brief von der Internationalen Liga gegen Rassismus und Antisemitismus. In einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem Zeithistoriker Dirk Rupnow von der Universität Innsbruck wird eine „Neuaufstellung im musealen Kontext“ gefordert. Die Stadt Wien verweigerte bisher eine Entfernung des Denkmals, geplant sei eine „künstlerische Kontextualisierung“ in Verbindung mit einem von einer wissenschaftlichen Kommission geleiteten Wettbewerb.
Israelitische Kultusgemeinde Wien: „Untragbar“
Eine weitere wichtige Institution in Wien, die das Lueger-Denkmal und den Platz seit Jahren als problematisch ansieht, ist die Israelitische Kultusgemeinde Wien. Die jüdische Gemeinde zählt knapp 8.000 Mitglieder. Erst vor rund zwei Wochen veranstalteten sie ein jüdisches Straßenfest, an dem mehr als 40 Organisationen, Institutionen, Designer:innen und koschere Caterer teilnahmen. Benjamin Nägele, IKG-Generalsekretär, mit einer Stellungnahme gegenüber BuzzFeed Austria:
„Der Lueger-Platz und die darauf befindliche Statue sind in ihrer jetzigen Form untragbar. Wir plädieren seit Jahren für eine Entfernung der Statue oder eine baulich unübersehbare Kontextualisierung, die unmissverständlich deutlich macht, dass Lueger ein zentraler Wegbereiter des politischen Antisemitismus war. Auch die Umbenennung dieses Platzes ebenso wie die nach Lueger benannte Brücke im 14. Bezirk sind überfällig. Es ist aber ebenso wichtig, diese Debatte nicht isoliert zu betrachten. In ganz Österreich sollten Ehrungen für Antisemiten im öffentlichen Raum entfernt oder eben deutlich kontextualisiert werden. In den meisten Fällen wird eine kleine Zusatztafel nicht ausreichen.“
Politische Unterstützung gibt es zumindest von der Wiener Landespartei der Grünen. Auch sie plädieren für einen Abbau der Skultpur, wie es in einer aktuellen Presseaussendung heißt.