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Es tut mir leid, aber das Donauinselfest sieht mich auch heuer wieder nicht

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Von: Christian Kisler

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Zuschauer:innen beim Donauinselfest
Das Donauinselfest wird auch heuer ohne mich stattfinden müssen. Man wird es verkraften. © Herbert P. Oczeret/Herbert Neubauer/APA-PictureDesk/BuzzFeed Austria

Nach zwei Jahren Pandemie soll das Donauinselfest wieder zum Leben erweckt werden. Nicht nur wegen steigender Infektionszahlen keine gute Idee. Meine 2Cents dazu.

Manchmal wähnt man sich im falschen Film. Die Infektionszahlen sind so hoch wie seit April nicht, bald werden dreimal so viele Menschen wie jetzt noch im Krankenhaus behandelt werden müssen. Gleichzeitig wird so getan, als sei die COVID-19-Pandemie vorbei, so gut wie alle Maßnahmen sind Geschichte, und wenn es nach Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) geht, dann wird es so bald keine neuen geben. Er setzt tatsächlich auf Eigenverantwortung. Weil das in einem autoritätshörigen Land wie Österreich ja so gut funktioniert.

Das Donauinselfest ist ein Super-Spreader-Event

Wer jedenfalls noch nicht das Vergnügen mit Corona hatte, dem bieten sich jetzt zahlreiche Gelegenheiten, sich endlich, endlich, endlich anzustecken. Die nächste mit Erfolgsgarantie für das Virus, quasi ein geplantes Super-Spreader-Event: das Donauinselfest, Europas größte Open-Air-Festival, auch weltweit bei Freiluftveranstaltungen ohne Eintritt ganz weit vorne dabei. „Nach zwei Jahren pandemiebedingter Einschränkungen wollen wir die Donauinsel 2022 gemeinsam wieder zum Leben erwecken“, lässt Matthias Friedrich, Projektleiter des Donauinselfestes, verlautbaren und man bekommt sogleich ein bisschen Angst, was eine:n erwarten könnte.

Insgesamt wird es vier sogenannte Areas, 14 Inseln und elf Bühnen geben, wobei es erstmals seit, langer, langer Zeit zwar keine FM4-Bühne geben wird, dafür eine Heurigeninsel mit Wienerlied-Bühne und Erzählkunst-Bühne. Wie man junge, hippe Menschen auf das Donauinselfest lockt. NOT. Allerdings zählt die selbst ernannte Leder-Hosen-Rockerin Melissa Naschenweng zu den größeren Namen der diesjährigen Ausgabe. Unterm Strich macht sie halt volkstümliche Musik mit ein bisserl Pop-Appeal, das gefällt allen Altersklassen.

Die großen Namen fehlen heuer beim Donauinselfest

Man sieht, die ganz großen Namen sind heuer nicht dabei, man setzt sehr auf heimische Gewächse, Peter Cornelius etwa oder Stefanie Werger, aber auch jüngere Semester wie Mathea, das Duo Edmund oder die Liedermacherin Sigrid Horn. Geil: die ganz und gar rabiaten Bipolar Feminin. Aus anderen Nationen angereist kommen die etwas in die Jahre gekommenen Cello-Metaller Apocalyptica, Jan Delay mit seiner Band Disko No. 1 sowie der zweimalige Song-Contest-Gewinner Johnny Logan, auch in Würden ergraut. Ah ja, außerdem ein Haufen Coverbands, die sich dem jeweiligen Werk von AC/DC, Queen oder den Beatles widmen. Plus: Ein K-Pop-Karaoke-Abend. Das wären schon die Highlights gewesen, jedenfalls nichts, weshalb ich mich mit gefühlt Milliarden anderer Menschen quer durch Wien auf zur Insel machen sollte.

Immerhin: Das Wetter sollte halten, baden gehen wird man aber angesichts des Ansturms nicht wirklich in aller Ruhe können - aber gratis Möglichkeiten für eine Abkühlung gibt es in Wien sonst eh auch einige. Maskenpflicht herrscht selbstverständlich keine, außer in den Öffis, in Spitälern, bei Ärzt:innen und in Apotheken muss man ja prinzipiell keine aufsetzen. Allerdings wird empfohlen, eine zu tragen, wenn es zu größeren Menschenansammlungen kommt. Also erfahrungsgemäß überall auf der Donauinsel. Dass das mit der Eigenverantwortung zum Scheitern verurteilt sein wird, hatten wir ja schon.

Ohne Geld wirst du beim Donauinselfest verdursten

Es gibt natürlich auch bei einer Veranstaltung wie dieser eine Hausordnung, gewisse Dinge leuchten mir auch ein, die werden überall so gehandhabt: keine Fahrräder, keine Haustiere, keine Regenschirme. Warum bei einem Open-Air-Festival mit freiem Eintritt aber keine Getränke mitgebracht werden dürfen, ist fast schon fahrlässig. Dass Alkohol im Doppelliter nicht geduldet wird, ist klar, gleichzeitig wird er aber in rauen Mengen ausgeschenkt - gegen gutes Geld. Zumindest Wasser müsste aber drin sein, schließlich haben wir ganz offiziell Hochsommer, überall wird darauf hingewiesen, dass man tunlichst zwei Liter Wasser trinken sollte, mindestens. Irgendwie muss sich das ganze halt auch finanzieren. Sanitäter:innen werden wegen so manchen Kreislaufkollapses wieder alle Hände voll zu tun haben.

Aber: Es gibt ja auch eine Option zu Super-Spreader-Event, mauem Line-up und wasserarmer Hausordnung: Man geht nicht hin. Ich werde das jedenfalls so handhaben. Auch ohne COVID-19 ist mir das Gewusel dann doch ein kleines bisschen zu stressig. Nix gegen Menschenmassen, aber dafür bräuchte ich schon einen guten Grund. Und den finde ich einfach nicht, um mir das heuer, wie eigentlich jedes Jahr, anzutun. Vielleicht bin ich ja tatsächlich „Reif für Insel“, aber sicher nicht im Rahmen des Donauinselfests.

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