1. BuzzFeed.at
  2. News
  3. Meinung

Die Economy-Class ist eine Erfindung direkt aus der Hölle

Erstellt:

Von: Helena Dimmel

Kommentare

economy class schlaf
Eng zusammengepfercht, wer kann da bitte schlafen??? © Imago / Frank Sorge / BuzzFeed Austria

Die Füße eingeschlafen, neben dir schnarcht ein schwitziger Typ in dein Ohr, das Essen schmeckt nach salzigem Karton - Die Economy-Class ist ein wahr gewordener Albtraum auf Reisen.

Dass man natürlich überhaupt das Fliegen vermeiden sollte, wenn man kein:e Umweltsünder:in sein will, steht außer Frage. Das Flugzeug ist das klimaschädlichste Fortbewegungsmittel. Ein Flug von Österreich auf die Malediven und zurück verursacht zum Beispiel pro Person eine ⁠Klimawirkung⁠ von rund drei Tonnen CO2, oder Kohlenstoffdioxid. Dieses Gas entsteht, wenn die Flieger Kerosin verbrennen. Auch Stickoxide, Wasserdampf und Rußpartikel sind problematische Stoffe, die Flugzeuge in die Luft befördern. Stickoxide sind wiederum an der Bildung des Treibhausgases Ozon beteiligt. Solange die Menschheit aber keinen ultraschnellen Highspeed-Magnetzug erfindet, der mich nach Asien befördert, bin ich hin und wieder gezwungenermaßen auf den Transport durch die Lüfte angewiesen. Hier also meine 2 Cents dazu.

Je länger der Flug, desto schlimmer das Erlebnis

Zwei, drei Stunden im Flieger nach Barcelona zu sitzen ist für die meisten kein Problem, sondern liefert mit einem kurzen Kamera-Schwenk aus dem Fenster das obligatorische erste Bild einer Instagram-Story. Diskont-Fluglinien wie Ryanair oder Eurowings erfreuen sich nicht zuletzt wegen ihrer spottbilligen 20 Euro Economy-Class Tickets an großer Beliebtheit. Für einen kurzen Zeitraum lässt es sich schließlich auch in einem überhitzten, unterkühlten engen Kanister in Hartplastik gepresst aushalten, wenn man dafür das Geldbörserl schonen kann. Anstrengend wird das Ganze jedoch bei Langstreckenflügen. Als jemand der vor kurzem wiedermal einen 18 Stunden Flug hinter sich gebracht hat, kann ich von den Schrecken der billigsten Flugklasse aus erster Hand berichten, und mein Urteil fällt leider desaströs aus.

Absichtlich beschissenes Sitzdesign

In den letzten Jahren haben sich die größeren Flieger wie der Boeing 787 Dreamliner zugegebenermaßen gebessert, was Komfort angeht. Selbst die Economy-Class hat bei guten Fluglinien wie Qatar Airways oder Emirates inzwischen ein Entertainment Center auf Langstreckenflügen. Man kann sich also selbst davon überzeugen, dass Robert Pattinson ein guter/ schlechter Batman ist oder sich den neuesten Matrix-Teil in voller Länge reinziehen, wenn man das mental aushält. Wenn aber links und rechts neben dir eingepfercht zwei nach Tschick stinkende Ostblock-Boys über deinen Kopf hinweg laut und ohne Maske diskutieren, dann hält sich auch filmschauend die Begeisterung in Grenzen. Airlines sind nicht erst seit Corona-Pandemie für ihr ungünstiges Sitzdesign in Verruf geraten, aber ein Aufruf zum Social Distancing im Flugzeug wirkt umso heuchlerischer, wenn man mit dem Sitznachbarn darum kämpft, wer seinen Ellbogen auf der Plastiklehne ablegen darf.

Gut schlafen? Keine Chance

Peak Furchtbarkeit erreicht das Ganze aber, wenn man schlafen möchte. Die Akustik im Flugzeug lässt gerade wegen der Masse an Fluggästen auf engem Raum jeden Furz in Dolby Surround erklingen. Ohne selbst mitgebrachte Noise-Cancelling-Kopfhörer ist man jeder noch so unnedigen Konversation der Sitznachbar:innen hilflos ausgeliefert. Und warum zur Hölle hat man sich gedacht, es ist voll ok, die Sitze läppische dreißig Grad nach hinten verstellbar zu machen? Von den daraus erfolgenden kollektiven steifen Nacken mal abgesehen, der Mensch schläft nicht sitzend, sondern liegend. Betten sind Betten, und keine Sitze. Wenn ich einen halben Tag in einem schwebenden faradayschen Käfig verbringe, will ich schlafen, und zwar ordentlich und liegend. Während Gäste in der Business-Class zwanzig Meter entfernt bequem per Knopfdruck sogar die Härte ihrer Matratze einstellen können, müssen sich die Plebs in Economy-Class mit einer Quasimodo-Haltung zufriedengeben.

Warum aber gibt es überhaupt eine Economy-Class, wo man nur sitzen kann? Selbst in den billigsten, schundigsten Nachtzügen der ÖBB von Salzburg nach Venedig war man sich schon in den 90er Jahren nicht zu schade dafür, die Fahrgäste mit Stockbetten zu verwöhnen. Ob damals auf den schwitzigen Polyester-Bezügen nicht noch die Wanzen vom Vorgänger mit drauf waren, sei dahingestellt, aber wenigstens konnte man in einer menschenwürdigen Position nächtigen. Und ganz ehrlich, ich sehe es nicht ein. In der Economy-Class ist über mir Platz, und zwar ordentlich, genauso wie hinter und vor den Sitzreihen - er wird nur nicht die Fluggäste genutzt.

Selbst die Airlines wissen, wie scheiße ihr Design ist

Das derzeitige Personenflugzeug-Erlebnis ist eine kompakte Karikatur der modernen kapitalistischen Gesellschaft: Vorne die Reichen, die genüsslich Steak essen und wie auf Wolken schlafen, hinten eingezwängt wie Sardinen in der Dose der Pöbel, der bewegungslos halt schauen kann, wie er sich das selbst erträglich gestaltet. Das derzeitige Economy-Class Design ist nicht notwendig, aber gewusst gewählt. Fluglinien halten absichtlich daran fest, denn es lässt Fluggäste, die es sich leisten können, in die Business-Class migrieren. So nach dem Motto, wer gut schlafen möchte, muss halt 2000 Euro mehr ausgeben (jo goi).

New Zealand Air reagiert erstmals

New Zealand Air hat nun erstmals den Schritt gewagt, das zu ändern: Die Fluggesellschaft hat vor rund einer Woche die weltweit ersten flachliegenden Schlaf-„Pods“ für Economy-Class-Flugzeuge angekündigt, die 2024 auf den Markt kommen sollen. Das Bettenlager mit dem Namen „Skynest“ wird wahrscheinlich zwei Reihen mit drei gestapelten Etagenbetten für insgesamt sechs Schlafkapseln in voller Länge aufweisen.

Die Betten werden in den Boeing 787-9 Dreamliner eingebaut und zusätzlich zu den regulären Sitzgruppen vorhanden sein. Die Preise stehen noch nicht fest. Vier Stunden Zugang zu einem Schlaf-Pod wird jedenfalls einen Aufpreis kosten. „Wir haben ziemlich viel über Schlafzyklen recherchiert“, sagte ein Sprecher von Air New Zealand im Interview gegenüber CNN Travel. „Ein typischer Schlafzyklus dauert etwa 90 Minuten. Eine vierstündige Sitzung bietet Kund:innen in der Economy-Class die Möglichkeit, sich zu entspannen, einzuschlafen und aufzuwachen.“ Zeit wirds!!!

Fliegen ist nicht klimafreundlich - Öffis fahren dafür umso mehr. Die Wiener Öffis produzieren jetzt sogar ihren eigenen Solarstrom.

Auch interessant

Kommentare