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Das neue Pokémon „Karmesin & Purpur“ ist eine Katastrophe und ich spiele es trotzdem

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Von: Helena Dimmel

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Pokemon
Die Pocket Monster sind wieder los - und dieses Mal in einem Open World Modus. © ZUMA Wire / Imago

Der Kassenschlager von Nintendo enttäuscht und entzückt zugleich.

Pokémon - damit verbinde ich in erster Linie Kindheitserinnerungen. Stundenlang, tagelang, ja in Wahrheit monatelang vorm Gameboy kleben, die rote Edition durchzocken, alle 150 Pokémon fangen! ...um mich dann mit der silbernen Edition wieder auf die Suche zu begeben, denn es wurde einem eröffnet: Syke, da gibt es doch noch mehr, und fangen musst du sie alle, wenn du ein echter Pokémeister sein willst. „150 Pokémon, ja das sind wirklich viel“, säuselte der Pokérap vor sich hin, ein Versprechen, dass das Franchise zuerst bereitwillig den jungen Spieler:innen gab, nur um es in einer Endlosschleife an neuen Releases immer wieder zu brechen.

Millennials gefangen im Konsum-Radl

Anfangs machte ich da noch mit, neue Editionen kaufen, immer mehr Viecher fangen, bis dann schließlich im zarten Alter von 14 Jahren die Pubertät mit voller Wucht über mich hereinbrach und Fortgehen und Burschen zumindest eine Zeitlang wichtiger wurden als Gaming. So wie mir geht es vielen Millennials - die einen haben sich, so wie ich, eine längere Poké-Pause gegönnt, während die anderen immer dran geblieben sind.

Und so überrascht es wenig, dass die heute 27-40-Jährigen bis dato eine der bedeutendsten Konsument:innen-Gruppen des Franchise darstellen. Für viele bietet es die Möglichkeit, sich für ein paar Stunden ein Ticket zurück in die Kindheit zu kaufen, wo das Leben noch einfacher war. Wenn das jedoch auf Kosten der Qualität passiert, nämlich indem davon ausgegangen wird, dass die Hanseln aus Nostalgiegründen jeden Ableger so oder so kaufen, dann haben wir ein Problem,

Neues Release sorgt für Furore

Und nun ist es wieder soweit: Schon zum dreizehnten Mal bringt die Pokémon Company, beziehungsweise ihre Mutterfirma Game Freak, mit „Karmesin & Purpur“ einen neuen Teil der Reihe heraus. Die Konsolen haben sich über die Jahre geändert - nachdem man lange auf Handheld-only gesetzt hatte, hat Nintendo mittlerweile für Pikachu & Co mit der Switch den Weg für Handheld- und Standkonsolen-Kompatibilität geebnet.

Die Vorfreude in der Fan-Community war groß: Schließlich handelt es sich um den ersten Pokémon-Teil, der einen echten Open World-Modus hat. Das altbewährte Spiel-Konzept hat sich zwar nicht verändert, dennoch ist die Grafik besser als je zuvor, die Charaktere können customized werden, und zum ersten Mal kann man tatsächlich frei wählen, wie man sich in der virtuellen Welt bewegt. Klingt nach dem feuchten Traum aller Poké-Geeks? Nicht ganz. Denn an vielen Stellen ist das Game leider wirklich grottenschlecht und echt eine Frechheit.

Prädikat Ungenügend für die Grafik

Es ist wirklich nicht mehr lustig. Das Spiel sieht aus wie ein unfertiges GameCube-Spiel aus 2004. Die Grafik, speziell auf Oberflächen wie Felswänden oder Wasser, ist teilweise so schlecht, dass es einem die Gänsehaut aufzieht. Wenn man da an andere Open-World Spiele von Nintendo denkt, die in den letzten Jahren erschienen sind - prominenterweise „The Legend of Zelda: Breath of The Wild“, das absolut bahnbrechend war und durch seine Ästhetik überzeugte - stellt sich die Frage, wieso man so wenig Ressourcen darauf verwendet hat, auch Pokémon einen Feinschliff zu verpassen. Dieser Fan hat sich die Mühe gemacht, Playstation 2 Games aus 2007 mit „Pokémon Karmesin & Purpur“ (2022) zu vergleichen - und das Ergebnis ist ernüchternd:

Es glitcht, als würde es kein Morgen geben

Verdrehte Hände, groteske Fratzen und zuckende Bildschirm-Sequenzen sind nur ein paar der Absurditäten, auf die man im Gameplay stößt. 60 Euro kostet das gute Spiel, und dafür ist es eigentlich skandalös, wie viele Fehler ignoriert wurden. Im Netz haben sich einige Fans die Mühe gemacht, die besten Glitches zu Videos zusammenzuschneiden.

Ob man da jetzt lachen oder weinen sollte, ist die Frage. Mein Kollege Johannes hat auf jeden Fall 15 Tweets gesammelt, die einen wieder aufheitern können.

Trotzdem leider geil

Trotz aller Kritik spiele ich Pokémon Karmesin & Purpur - denn es macht Spaß. Im Multi-Player-Modus kann ich zum ersten Mal meine Freunde online treffen, gemeinsam gegen starke Pokémon kämpfen und eine riesige bunte Welt erkunden. Das Spiel ist interaktiver geworden, dynamischer, und ist an vielen Stellen das Game, das ich mir als Jugendliche gewünscht hätte.

Ich zocke also vor mich hin - und mache mir mit Gleichgesinnten einen Heidenspaß daraus, wie scheiße alles aussieht. Aber darf das sein? Darf das erfolgreichste, meistverkaufte Gaming-Franchise der Welt sich so einen Fauxpas leisten? Hell no. Am Ende des Tages hat sich Nintendo dafür zu verantworten, dass es 10 Millionen Kopien eines unfertigen, lieblos hingeklatschten Spiels verkauft hat. Und damit 10 Millionen Fans vor den Kopf stößt, die letztlich mit ihrer Kaufkraft auch über das Fortbestehen der Firma entscheiden.

Alle Unterschiede der verschiedenen Editionen und exklusive Pokémon von „Karmesin & Purpur“ findest du übrigens hier.

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