Liebes Tirol, der Zugang zu gratis Schwangerschaftsabbrüchen sollte selbstverständlich sein

In Tirol werden kostenlose Schwangerschaftsabbrüche weiterhin nicht in allen öffentlichen Spitälern bereitgestellt. Das muss sich ändern.
Eine Studie aus dem Jahr 2015 ergab, dass 95 Prozent aller Frauen ihre Abtreibung nicht bereuen. Klar, dass somit nicht alle betroffenen Frauen emotional unter Schwangerschaftsabbrüchen leiden. Jakob Wolf (ÖVP) weist dennoch gerne auf die Linie der konservativen Partei hin: „Das Leben hat für uns einen hohen Stellenwert.“ Gemeint werden damit Embryonen - keine Frauen. Untermalt wird das Frauenbild der Partei, indem Abtreibungen weiterhin nicht in allen öffentlichen Krankenhäusern verfügbar sind.
Was ist passiert?
Das „Aktionskomitee Schwangerschaftsabbruch“ hatte gefordert, Tirol solle für Besserung der Umstände um Abtreibung sorgen. Eva Pawlate (SPÖ) hatte sich danach in einem Interview solidarisch positioniert: Ein kostenloses Angebot in allen Krankenhäusern Tirols und ein Beratungsgespräch, das „auf keinen Fall kirchlich“ sein darf. Es habe nämlich nur einen (öffentlichen) Arzt bisher in Tirol gegeben, der Abtreibungen durchführt - gegen Bezahlung.
Der Koalitionspartner ÖVP antwortete daraufhin mit einem klaren Nein. Am 14. Dezember einigte man sich schlussendlich darauf, sich an den Koalitionsplan zu halten. Das Ziel, Schwangerschaftsabbrüche weitgehend in allen Spitälern gratis anzubieten, wäre darin nicht festgelegt. Viel eher spreche man von „bedarfsgerechten, niederschwelligen, medizinisch qualitätsvollen Zugang zu Schwangerschaftsabbrüchen“, die laut des Koalitionsplans unter anderem nur in Verbindung mit „ausgewählten öffentlichen Einrichtungen“ funktionieren.
Das Frauenbild der ÖVP
Wolf (ÖVP) stellt sicher: In naher Zukunft solle es eine zufriedenstellende Lösung geben. Dennoch sei es wichtig, dass keine Frau „gezwungen sein soll, aus Existenzängsten eine Abtreibung vorzunehmen“, so das ÖVP-Mitglied. Dass sich der Diskurs um Abtreibung eher um das Grundrecht auf Selbstbestimmung drehen sollte, wird hier jedoch vergessen.

Keine Gleichberechtigung ohne Abtreibungsrecht
In der tirolerischen Saga um Abtreibungen werden Grundrechte diskutiert - und verwehrt. Motive von Abtreibungen sind variabel. Sie auf Existenzängste zu beschränken ist nicht nur ahnungslos, sondern auch schlichtweg falsch. Der Zugang zu kostenlosen Schwangerschaftsabbrüchen in Krankenhäusern sollte nicht diskutabel sein, sondern Realität. Spezielle Abtreibungseinrichtungen zu besuchen, wäre für manche Frauen mit Scham verbunden - nicht, weil sie sich in ihrer Entscheidung unsicher sind, sondern das Patriarchat darüber urteilt.
Ein geringes Angebot an Abtreibungsmöglichkeiten treibt Frauen in Lebensgefahr. Die schwarz-rote Koalition scheint nicht verstehen zu wollen, dass ein verwehrter Zugang Frauen und Ärzt:innen in die Illegalität treibt. Das bedeutet, Abtreibungen werden immer stattfinden. Die Frage ist nur: Unter welchen Umständen?
Wer bestimmt über den Körper der Frau?
Schwangerschaftsabbrüche müssen leistbar sein, legal und risikofrei - das Recht auf den eigenen Körper in allen Fällen eine Notwendigkeit. Der Entschluss, es werde sich weiterhin auf den Koalitionsplan berufen, respektiert diese Anforderungen nicht. Über den Körper von Frauen bestimmen somit immer noch Politiker:innen, nicht sie selbst.
Nicht nur Abtreibungen werden in Tirol diskutiert. Auch mit neun Frauen, die Opfer von K.o. Tropfen wurden, wird sich solidarisiert.