Wien schenkt ukrainischen Kindern und Jugendlichen Deutschkurse im Sommer

900 Kinder und Jugendliche aus der Ukraine dürfen an kostenlosen Deutschkursen über den Sommer teilnehmen. So soll der Schuleintritt erleichtert werden.
Eigentlich will man sich das gar nicht ausmalen, aber dennoch: Stell dir vor, du musst dein Zuhause überstürzt verlassen, große Teile deiner Familie, deine Freund:innen, alles zurücklassen. Du kommst nach einer anstrengenden Flucht in ein fremdes Land, in dem du niemanden kennst, in dem du die Straßenschilder nicht lesen kannst, in dem du, mit Ausnahme deiner Mutter, deiner Oma, deiner Tanten, mit niemandem sprechen kannst. Du hast deine Heimat, die Ukraine, hinter dir gelassen, die meisten Männer mussten dort bleiben und in den von Russlands Präsident Wladimir Putin angezettelten Krieg ziehen, um das Land, in dem du dein ganzes Leben verbracht hast, zu verteidigen. Nicht zuletzt deshalb sind vor allem tausende Frauen, Kinder und Jugendliche in Österreich angekommen, die meisten davon in Wien.
900 Kinder und Jugendliche aus der Ukraine bekommen Deutschkurse spendiert
In der Schule in der Ukraine hattest du jedenfalls nur super Noten, jetzt bekommst du kaum etwas mit, Schrift und Sprache sind ganz anders als zu Hause. Da hilft es wenig, dass alle sehr nett und bemüht sind. Dass das so nicht weiter gehen kann, hat Wiens Stadtregierung rechtzeitig erkannt und ermöglicht nun 900 Kindern und Jugendlichen, über den Sommer an Deutschkursen teilzunehmen. Gratis, also tatsächlich kostenlos. Voraussetzung ist lediglich, dass du im Schuljahr 2021/2022 eine Wiener Volksschule, Mittelschule oder AHS-Unterstufe besuchst.
Ziel ist, dass du das allen Widrigkeiten zum Trotz in den letzten fünf Monaten in der Schule erlernte Deutsch in den Sommermonaten vertiefst, damit der Schulbeginn im Herbst erleichtert wird. „Wir bieten Schutz und Perspektiven“, so Bildungs- und Integrationsstadtrat Christoph Wiederkehr (NEOS). „Mit dem zusätzlichen Angebot für geflüchtete Schüler:innen geben wir über den Sommer die Chance, die Sprachkompetenz zu stärken und weiterzuentwickeln. Gerade für Kinder und Jugendliche, die neu in Wien sind, ist dies ein ganz wichtiger Schritt für einen gelungenen Start in den Herbst.“
Gelernt wird nicht nur in Schulen, sondern auch in der Natur und in Museen
Auf die Beine gestellt wird das Angebot nicht von der Stadt alleine, sondern gemeinsam mit der Bildungsdirektion Wien und der Bildungsinitiative Interface Wien. „Erfahrene Teams aus Deutschlehrer:innen und ukrainischen Lehrer:innen unterrichten im Tandem an fünf Schulen in Wien nicht nur im Klassenraum, sondern auch bei Ausflügen in die Natur und in Museen“, erklärt Margit Wolf, Geschäftsführerin von Interface Wien, wie die Kurse inhaltlich ablaufen werden. Was das Organisatorische anbelangt, so dauern die Kurse sechs Wochen, aufgesplittet in drei Einheiten von klarerweise jeweils zwei Wochen. Insgesamt werden 36 Kurse abgehalten, wobei sich je zwei Trainer:innen jeweils 26 Kindern widmen werden.
Auch darüber, wie die Kinder und Jugendlichen zu den Kursen kommen, müssen sie sich keine Gedanken machen. Alle, die vor dem Krieg in der Ukraine geflüchtet sind, können die Wiener Öffis bis Ende September kostenlos, also ohne Fahrkarte, nutzen. Auf Nachfrage muss lediglich ein Reisedokument vorgezeigt werden, also etwa ein Pass. Vorsicht nur, bevor du in Bus, Bim oder U-bahn steigst, du erkennst nämlich schon von außen, ob sie klimatisiert sind oder nicht. Was in diesem Sommer ganz nützlich sein könnte.