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„Hoffnungslos“: Zwei junge Frauen erzählen von ihrem Weg zur deutschen Staatsbürgerschaft

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Von: Pia Seitler

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Bundesinnenministerin Faeser will die Einbürgerung erleichtern. Unions-Politiker kritisieren die Pläne. Zwei junge Frauen berichten, was das die deutsche Staatsbürgerschaft für sie bedeutet.

„Verramschen“ und „entwerten“ will Bundesinnenministerin Nancy Faeser die deutsche Staatsbürgerschaft mit ihren Plänen zur Reform des Staatsangehörigkeitsrechts – zumindest wenn man sich die Kritik von Unionspolitiker:innen anhört. Laut dem Entwurf des Innenministeriums soll man schneller und leichter die deutsche Staatsbürgerschaft erhalten können.

CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt sagte dazu der Bild-Zeitung: „Die deutsche Staatsbürgerschaft zu verramschen, fördert nicht die Integration, sondern bezweckt geradezu das Gegenteil und wird zusätzliche Pulleffekte bei der illegalen Migration auslösen.“ Die Jungen Liberalen finden, der Unions-Chef Friedrich Merz verhält sich beim Thema Einbürgerung „hochnotpeinlich“. Er sprach davon, dass keine Einwanderung in die Sozialsysteme stattfinden dürfe. Und CDU-Generalsekretär Mario Czaja sagte der Rheinischen Post am Montag, 28. November, der deutsche Pass dürfe nicht entwertet werden. Die Kritik der Union an der Reform des Staatsbürgerschaftsrechts stößt bei Twitter auf Unverständnis.

Zwei junge Menschen erzählen von ihrem Weg zur deutschen Staatsbürgerschaft

BuzzFeed News DE hat mit zwei jungen Frauen über die Einbürgerungs-Debatte gesprochen. Karen (27) aus Brasilien und Pari (34) aus dem Iran leben und arbeiten in Deutschland. Uns haben sie von ihrem langen Weg zur deutschen Staatsbürgerschaft erzählt.

Karen lebt seit 2014 in Deutschland. Sie lernte Deutsch, holte ihr Abitur nach, weil es hier nicht anerkannt wurde, absolvierte ein Freiwilliges Soziales Jahr. Die 27-Jährige studiert Erziehungs- und Bildungswissenschaften und arbeitet nebenbei in Teilzeit in einem Kindergarten. Im März will sie ihre Bachelorarbeit abgeben.

27-Jährige aus Brasilien über die deutsche Staatsbürgerschaft: „Ich sehe mich nirgendwo anders“

Immer wieder muss Karen eine Aufenthaltserlaubnis beantragen, um in Deutschland bleiben zu können. „Ich möchte die deutsche Staatsbürgerschaft, weil ich nicht jedes Jahr ein Visum beantragen will, obwohl ich weiß, dass ich hier bleiben will. Ich bin seit fast zehn Jahren hier, habe mein Leben hier, habe hier studiert, habe hier Freunde. Ich sehe mich nirgendwo anders“, sagt die 27-Jährige zu BuzzFeed News DE. In der Ausländerbehörde habe man ihr gesagt, dass sie sich nach dem Studium einen Job suchen müsse und erst dann die deutsche Staatsbürgerschaft bekomme.

Die Bundesregierung will die gesetzlichen Hürden für Einbürgerungen senken und bei länger in Deutschland lebenden Ausländer:innen auch aktiv für die deutsche Staatsbürgerschaft werben. Im Moment sei Karen „nicht einverstanden, wie das alles läuft“. Es sei wahnsinnig „kompliziert“. Sie habe einen Job und studiere nebenbei. „Ich lebe nicht vom Staat und kann für mich sorgen. Ich zahle Steuern und verstehe nicht, was dagegen spricht, mich einzubürgern.“

Staatsbürgerschaft soll künftig bereits nach fünf Jahren in Deutschland möglich sein

Auch Pari findet den Weg zur deutschen Staatsbürgerschaft bisher so schwierig, dass die Pläne für eine leichtere Einbürgerung wenig Hoffnung bei ihr wecken. Die 34-Jährige lebte zwischen 1994 und 2000 in Deutschland, ging in den Iran zurück und lebt seit 2017 wieder in Deutschland. Hier arbeitet sie mit einer abgeschlossenen Ausbildung als Augenoptikerin. Da sie noch keine acht Jahre dauerhaft in Deutschland lebt, wartet sie weiter auf einen deutschen Pass.

Laut dem Entwurf des Innenministeriums soll man statt wie bislang nach acht Jahren künftig bereits nach fünf Jahren Aufenthalt in Deutschland die Staatsbürgerschaft erhalten können. Bei „besonderen Integrationsleistungen“ soll dies schon nach drei Jahren möglich werden – etwa wenn Einwanderer besondere schulische oder berufliche Leistungen oder ehrenamtliches Engagement gezeigt haben oder wenn sie über besonders gute Sprachkenntnisse verfügen.

„Sogar bei Ikea, kann man die Finanzierungs-Option nicht nutzen, wenn man keinen deutschen Pass hat“

Mit einem deutschen Pass würde sie sich wohler fühlen. Sie müsse sich nicht ständig sorgen, ob ihre Aufenthaltserlaubnis verlängert werde und könne ohne Visum in andere Länder in Europa reisen. Ohne deutsche Staatsangehörigkeit konnte sie keinen Kredit aufnehmen, um sich ein Auto zu kaufen. „Sogar bei Ikea, kann man die Finanzierungs-Option nicht nutzen, wenn man keinen deutschen Pass hat“, sagt Pari.

Am aktuellen Einbürgerungs-Prozess stört sie, dass es egal sei, dass sie alles selbstständig mache, dass sie arbeite und ihr Leben selbst finanziere. „Ich finde den Weg zur deutschen Staatsbürgerschaft bisher so schwierig, dass ich gar keine Lust habe, mich wieder anzustrengen, nachzufragen und am Ende kommt doch wieder eine negative Antwort“, sagt die 34-Jährige gegenüber BuzzFeed News DE. Momentan sei sie „hoffnungslos“.

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