Migrationsgipfel droht zum Abschiebegipfel zu werden – Streit ums Geld offenbar festgefahren

Kommunen klagen über hohe Belastung und fordern mehr Geld. Daran wird aber nicht viel zu machen sein, kündigte Innenministerin Faeser an. Es droht der Abschiebegipfel.
Am Donnerstag (16. Februar) treffen sich Länder und Kommunen in Berlin. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) lud zum zweiten Migrationsgipfel ihrer Amtszeit. Und es droht Streit.
Es geht ums Geld. Für die Unterbringung von Geflüchteten fordern Kommunalverbände und Länder mehr Unterstützung. Aber Faeser tritt auf die Bremse: „Allein im Jahr 2022 hat der Bund die Länder und Kommunen finanziell mit 3,5 Milliarden Euro unterstützt“, sagte sie dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND).
Dabei schlagen etliche Landkreise in Deutschland Alarm: Die Einrichtungen sind überfüllt. Sie warnen davor, erneut auf Notunterkünfte zurückgreifen zu müssen. „In der Landeshauptstadt Stuttgart sind die Unterbringungsmöglichkeiten in leerstehenden Hotels und Boardinghäusern nahezu ausgeschöpft. Sofern der Zuzug unvermindert anhalten sollte, werden wir an der Belegung von Sporthallen in größerem Umfang nicht mehr vorbeikommen“, sagt beispielsweise Stuttgarts Oberbürgermeister Frank Nopper (CDU) in einer Pressemitteilung.
Migrationsgipfel im Innenministerium: „Länder und Kommunen brauchen jetzt Finanzierungszusagen“
Und bei der Unterbringung hören die Probleme nicht auf. Es fehlen außerdem Sozialarbeiter:innen und Integrationsangebote. „Auch die Integrationskosten, zum Beispiel für Kita und Schule, sind bisher mit keinem Cent eingepreist“, erklärte Heidelbergs Oberbürgermeister Eckart Würzner (parteilos) der Deutschen Presse-Agentur. Es brauche „ein klares Signal für mehr Integration“, stellte Schleswig-Holsteins Integrationsministerin Aminata Touré gegenüber RND klar. „Länder und Kommunen brauchen jetzt Finanzierungszusagen, die den aktuellen Herausforderungen gerecht werden“, hält sie fest. Der Bund müsse sich klar dazu bekennen, seine Integrationskurse auszubauen und betont: „Ich erwarte einen Gipfel der echten Lösungen.“
Bund und Länder werden „pragmatische Lösungen“ finden, die angespannte Unterbringungssituation zu lösen, sagt Nancy Faeser indes. Geld kann sie schließlich nicht versprechen. Finanzminister Christian Lindner erklärte: „Die Möglichkeiten des Bundes sind limitiert.“
Es droht der Abschiebegipfel: Manche Politiker:innen fordern „harte Diplomatie“
Bezahlen kann niemand, Bauen dauert zu lange. Welche Möglichkeiten gibt es dann überhaupt noch? Für manche Politiker:innen ist die Antwort: Abschiebungen. „Ich erwarte von der Bundesinnenministerin eine klare Abgrenzung vom grünen Koalitionspartner, der den Ernst der Lage völlig ignoriert. Wenn die Grünen jedem Asylbewerber Bürgergeld zahlen wollen, haben sie die Zeichen der Zeit nicht erkannt“, sagt Bayerns Innenminister Joachim Hermann (CSU) der Bild.
„Bei Abschiebungen brauchen wir konkrete Maßnahmen. Darauf habe ich Faeser bereits mehrmals eindringlich hingewiesen“, betont Baden-Württembergs Migrationsministerin Marion Gentges (CDU) und fordert Rückführungsabkommen mit wichtigen Herkunftsländern. Solche Vereinbarung würden auch die Kosten für Abschiebungen senken. Baden-Württembergs Innenminister Michael Stübgen will „harte Diplomatie“: „Das kann auch soweit führen, dass Visaabkommen, Freihandelsabkommen und Entwicklungshilfen in Einzelfällen infrage gestellt werden müssen.“
Migrationsgipfel: Wenn es nicht ums Geld geht, geht es dann nur noch um Abschiebungen?
Der Migrationsgipfel droht, zum Abschiebegipfel zu werden. Beim Geld scheinen die Positionen klar, die Fronten sogar verhärtet. Dass Finanzminister Christian Lindner und Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) trotz gegenteiliger Forderungen beim Gipfel nicht anwesend sein werden, stärkt die Vermutung, dass der Bund bei der Finanzfrage kaum mit sich reden lassen wird.
Worüber können Bund, Länder und Kommunen dann überhaupt noch diskutieren? Organisatorisches und „pragmatische Lösungen“. Auf der Tagesordnung steht laut ZDF aber auch eine Diskussion über die Hindernisse für die Arbeitsaufnahme Geflüchteter, auch derer, die nur über Duldung verfügen. Weniger Hürden, schnellere Integration in den Arbeitsmarkt: Auch so könnten Bund und Länder die Höhe der notwendigen Sozialleistungen drücken.