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„Wirklich frustrierend“: Diese Schwarze Mutter hat die Hautton-Emojis erfunden

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Katrina Parrott/Einige diverse Emojis, die Parrott entworfen hat
Katrina Parrott hat Emojis mit verschiedenen Hauttönen erfunden. © Courtesy Katrina Parrott

Katrina Parrott wartet auf Anerkennung für ihre Idee. Ihre Geschichte deckt Rassismus und strukturelle Probleme bei der Vergabe von Patenten auf.

2013 hatte Katrina Parrott die Idee für Emojis in verschiedenen Hauttönen – Jahre bevor sie ihren Weg in unsere Smartphones fanden. Zehn Jahre später sagt die Schwarze Mutter aus League City, Texas, dass sie immer noch auf die Anerkennung für ihre Idee wartet – und auf ein Patent, das bereits mehrfach abgelehnt wurde.

„Es ist wirklich frustrierend“, sagt Parrott in einem Interview mit BuzzFeed News US, „wenn man sein Herz, seine Seele und seine Ressourcen in eine Idee steckt, die so viele Leben beeinflusst hat, und dann abgelehnt wird, wenn man offiziell dafür anerkannt werden möchte.“

In den USA sind BPOC und Frauen bei der Patentierung unterrepräsentiert

Politikerinnen nutzen Parrotts Beispiel, und verlangten vom US-Patent- und Markenamt Antworten darauf, warum BPOC, Frauen und anderen unterrepräsentierten Erfinder:innen deutlich weniger Patente erteilt werden als Großunternehmen.

Die demokratische Senatorin Elizabeth Warren aus Massachusetts und die demokratische Abgeordnete Sheila Jackson Lee aus Texas schickten einen Brief an das United States Patent and Trademark Office (USPTO) und forderten Antworten auf ein Dutzend Fragen zu diesem Thema. Das Schreiben kam zustande, nachdem Parrott Warren um Hilfe gebeten hatte. Apropos Erfindung: Elfbars sind gerade super im Trend – aber auch super gefährlich.

United States Representative Sheila Jackson-Lee/U.S. Senatorin Elizabeth Warren
Hilfe für die Patentierung bekommt Katrina von der US-Abgeordneten Sheila Jackson-Lee und US-Senatorin Elizabeth Warren. © ZUMA Wire/IMAGO/ZUMA Wire/IMAGO

Frauen, POCs und Kleinunternehmen haben es bei Patentierungen neben Tech-Giganten schwer

„Wir schreiben, um unsere Besorgnis über die unverhältnismäßigen Herausforderungen zum Ausdruck zu bringen, denen sich kleine Unternehmen, Frauen, POCs und andere unterrepräsentierte Minderheiten im Patentgenehmigungsverfahren gegenübersehen“, schreiben die Politikerinnen in dem Brief, dessen Kopie BuzzFeed News US einsehen konnte.

Sie wiesen darauf hin, dass Parrott im Laufe von fünf Jahren mehrere Patentablehnungen für ihre diversen Emojis erhalten habe. Dagegen wurde der Softwareentwickler Apple, den Parrott erfolglos wegen Urheberrechtsverletzung verklagte, allein im Jahr 2021 mehr als 2500 Patente erteilt.

„Wenn riesige Technologieunternehmen wie Apple vom USPTO ein Patent nach dem anderen erhalten, stehen Frauen und POC -Unternehmer:innen vor großen Hürden, um Anerkennung für ihre Ideen zu bekommen – und allzu oft werden ihre Patente abgelehnt“, so Warren in einer Erklärung, die BuzzFeed News US vorliegt. „Das USPTO muss genau untersuchen, wie und warum die Patente von POC-Unternehmer:innen überproportional oft abgelehnt werden. Außerdem müssen die Wettbewerbsbedingungen für Kleinunternehmer, die es mit Big Tech aufnehmen, verbessert werden.“

Bei der Patentierung in den USA fehlt es oft an Gleichberechtigung und Inklusion

In einer Antwort auf eine Anfrage von BuzzFeed News US sagte ein Sprecher des USPTO, das Amt „sei sich bewusst, dass sowohl in den USA als auch in unseren verbündeten Ländern die Quote der Beteiligung am Ökosystem von Innovation und Unternehmertum, einschließlich der Patentierung, nicht repräsentativ für unsere Gemeinschaften insgesamt sei.“

Sie ergänzten: „Das USPTO hat während der Biden-Regierung umfangreiche und gemeinschaftliche Anstrengungen unternommen, um Vielfalt, Gleichberechtigung und Inklusion im gesamten US-Patentsystem zu gewährleisten und die Gründe zu ermitteln, warum diejenigen, die Patente beantragen, diese nicht erhalten.“ „Ich fühle mich benachteiligt“, sagte Parrott. „Und ich will jetzt einfach nur meine Patente.“

Einige diverse Emojis, die Parrott entworfen hat
Diese diversen Emojis hat Parrott entworfen. © Courtesy Katrina Parrott

So kam die Idee für Emojis verschiedener Hautfarben zustande

Parrott ist 64 Jahre alt und arbeitet seit mehr als zwei Jahrzehnten in der Luft- und Raumfahrtindustrie. An einem Wochenende im Jahr 2013 kam ihre Tochter Katy von der Schule nach Hause und beklagte sich, dass sie ihren Freund:innen kein Emoji schicken könne, das wie sie aussah. „Meine erste Frage war: ‚Was ist ein Emoji?‘“ erinnert sich Parrott.

Bei ihren Nachforschungen stellte sie fest, dass es eine einfache Lösung gab – Emojis zu erstellen, die nicht alle gleich aussahen, sondern die es in fünf verschiedenen Hauttönen gibt, wie auch diese anti-rassistischen Buntstifte in diversen Hauttönen.

Parrott stellte einen Software-Ingenieur, einen Illustrator, einen Urheberrechtsspezialisten und einen Videofilmer ein, wobei sie mehr als 200.000 Dollar ihrer Ersparnisse nutzte. Noch im selben Jahr brachte sie eine App namens iDiversicons im Apples App Store auf den Markt. Für 99 Cent konnten die Nutzer:innen mehr als 300 verschiedene Emojis bekommen. Diese mussten sie allerdings kopieren und in ihre Nachrichten einfügen, da Apple es anderen Unternehmen damals nicht erlaubte, die iPhone-Tastatur zu verändern.

Katrina hatte die große Hoffnung, dass Apple ihrer Emoji-Idee zustimmen würde

Im Jahr 2014 wurde Parrott eingeladen, einen Vortrag beim Unicode-Konsortium zu halten, einer gemeinnützigen Organisation im Silicon Valley. Diese ist für die Standardisierung von Emojis zuständig, damit diese über alle Geräte und Betriebssysteme hinweg verschickt werden können.

Zu den Mitgliedern des Konsortiums zählen große Technologieunternehmen wie Apple und Google. „All diese Giganten kamen bei Unicode auf mich zu und erzählten mir, dass niemand die Emoji-Vielfalt ernst genommen hatte, bis ich auftauchte“, so Parrott.

Ihre Präsentation führte zu einem Treffen mit Führungskräften von Apple am Hauptsitz des Unternehmens in Cupertino, Kalifornien. Sie sollen beeindruckt gewesen sein, was bei diesen zehn furchtbar miesen Ideen wohl nicht der Fall wäre. Parrott sagt, dass sie das Treffen in der Hoffnung verließ, eine Partnerschaft mit dem Tech-Giganten einzugehen, um ihre verschiedenen Emojis in die iPhone-Tastatur einzubauen.

Einige diverse Händewaschende Emojis, die Parrott entworfen hat
Diese diversen Emojis hat Parrott entworfen. © Courtesy Katrina Parrott

Dass Apple die Kooperation ablehnte war für Katrina „eine riesige Enttäuschung“

Später im selben Jahr stimmten die Mitglieder des Unicode-Konsortiums nach Parrotts Drängen zu, fünf verschiedene Hauttöne als Standard für Emoji aufzunehmen, so ein Artikel der Washington Post. Einige Wochen später lehnte Apple jedoch die Zusammenarbeit mit Parrott bei der Entwicklung diverser Emojis ab.

Es hieß, dass das Unternehmen seine eigenen Emoji auf der Grundlage der Unicode-Standards entwerfen und direkt in die iPhone-Tastatur integrieren würde. Dieser Schritt machte iDiversicons überflüssig. „Ich dachte, ich hätte alles richtig gemacht“, sagte Parrott. „Es war eine riesige Enttäuschung.“

Apropos abgelehnte Kooperation: Adidas will aufgrund antisemitischer Aussagen nicht weiter mit Kanye West zusammenarbeiten.

Laut einem US-Richter ließe sich Katrinas Emoji-Idee nicht durch ein Patent schützen

Parrott versuchte mehr als fünf Jahre lang, ein Patent für ihre Erfindung zu erhalten, aber das USPTO lehnte ihre Anträge und anschließenden Berufungen immer wieder ab. Im Jahr 2020 reichte sie eine Klage gegen Apple wegen Verletzung des Urheberrechts ein.

Apples Anwälte argumentierten Berichten der Washington Post zufolge, dass „das Urheberrecht die Idee, Emoji mit fünf verschiedenen Hauttönen zu versehen, nicht schützt, da Ideen nicht urheberrechtlich geschützt werden können.“

Letztes Jahr wies ein US-Bezirksrichter laut Reuters ihre Klage ab und schrieb in einer Erklärung, dass ihre Idee der verschiedenen Emojis „nicht schützbar“ sei. „Ich hatte den Eindruck, dass der Richter sich bereits eine Meinung gebildet hatte, noch bevor wir überhaupt die Gelegenheit gehabt hätten, etwas dazu zu sagen“, sagteParrott.

Mehrere Studien zeigen strukturelle Ungerechtigkeiten bei der Genehmigung von Patenten

Eine unverhältnismäßig große Zahl neuer Patente in den USA geht an reiche Unternehmen und nicht an kleine, unabhängige Unternehmer:innen, insbesondere an solche, die von Frauen und POCs geführt werden. Einer Studie zufolge gingen im Jahr 2020 über 50 Prozent der neuen US-Patente an die obersten ein Prozent der reichsten Patentinhaber:innen.

Und eine andere Studie aus dem Jahr 2010 ergab, dass Schwarze amerikanische Erfinder:innen zwischen 1970 und 2006 nur sechs Patente pro Million Menschen erhielten, verglichen mit 235 Patenten pro Million für alle amerikanischen Erfinder:innen. Eine Studie aus dem Jahr 2016 ergab außerdem, dass Schwarze Amerikaner:innen fast halb so viele Patente anmeldeten wie Weiße.

US-Abgeordnete fordert mehr Gleichberechtigung bei der Gewährung von Patenten

2019 veröffentlichte das USPTO einen Bericht mit dem Titel SUCCESS (Study of Underrepresented Classes Chasing Engineering and Science Success), den es aufgrund eines neuen Gesetzes aus dem Jahr 2018 erstellen musste. In dem Bericht wurden öffentlich verfügbare Daten über die Anzahl der Patente ermittelt, die Frauen, BPOC und Veteran:innen jedes Jahr erfolgreich angemeldet haben.

Der Bericht kam zu dem Schluss, dass diese Daten „begrenzt“ sind. Nur zwölf Prozent der Erfinder:innen in den USA, denen 2016 Patente erteilt wurden, waren Frauen, so der Bericht. Für andere Gruppen gab es praktisch keine Daten.

„Wir wollen ganz klar, dass dieses Amt und die Regierung feststellen, welche Maßnahmen das USPTO ergriffen hat, um die Erhebung demografischer Daten von Menschen, die ein Patent anmelden, zu verbessern“, so Lee in einem Interview mit BuzzFeed News US. „Das Patentamt ist kein Amt für Big Tech oder große Konzerne. Das Ziel des Patentamtes, von seinen frühen historischen Anfängen an, war es, die Innovation und das Genie der einzelnen Amerikaner:innen zu fördern.“

Für Einzelpersonen ist eine Patentierung in den USA mit vielen Herausforderungen verbunden

Ein USPTO-Sprecher wies BuzzFeed News US auf Initiativen hin, die die Behörde ins Leben rief, um „mehr angehende Erfinder:innen und Unternehmer:innen, auch aus unterrepräsentierten Gemeinschaften, in das Innovationsökosystem einzubinden“. Das sei beispielsweise der Council for Inclusive Innovation, die Women‘s Entrepeneurship Initiative sowie Pro-Bono-Programme und kostenlose Dienstleistungen zur Unterstützung von Erfinder:innen mit geringen Mitteln.

Jessica Morel, Chief Marketing Officer bei LexisNexis Intellectual Property Solutions, beschrieb die Patentsituation als „David gegen Goliath“. Sie sagte: „Es ist zweifellos eine Herausforderung für individuelle Erfinder:innen egal welcher Herkunft, welchen Geschlechts und Ethnien und oft auch für kleinere Unternehmen, ihre Patente genehmigt zu bekommen. Vor allem im Vergleich zu Unternehmen mit spezialisiertem Fachwissen, wie Patentanwält:innen, mit speziellen Softwareplattformen und einer Erfolgsbilanz erfolgreicher Patentanmeldungen.“

Von Katrina Parrott entworfene diverse Emojis, die einen Basketball halten
Katrina Parrott wünscht sich ein Patent für ihre Idee der diversen Emojis, das wurde ihr bis jetzt jedoch verwehrt. © Courtesy Katrina Parrott

Katrina‘s Idee diverser Emojis sei „nicht patentierbar“ gewesen

Andere Expert:innen argumentierten jedoch, dass Parrots ursprüngliche Idee diverser Emojis von vornherein nicht patentierbar war.

„Abstrakte Konzepte wie Emojis mit unterschiedlicher Hautfarbe sind normalerweise nicht patentierbar“, erklärte Ryan Schneer, Gründer und CEO von Schneer IP Law, einer in New York ansässigen Anwaltskanzlei für geistiges Eigentum, und ehemaliger Patentprüfer beim USPTO, gegenüber BuzzFeed News US.

„Wenn die Anwält:innen von Apple oder Google versuchen würden, dasselbe einzureichen, würde es ebenfalls abgelehnt werden.“

Das Patent-Problem in den USA hat strukturelle Ursachen, die bekämpft werden müssen

Schneer sagte, er stimme zwar mit dem Anliegen der Politiker:innen überein, glaube aber nicht, dass der Fall Parrott „das beste Beispiel“ dafür sei. „Wenn man sich auf die falschen Symptome konzentriert, werden wir nicht in der Lage sein, das Problem zu lösen“, sagt er.

Stattdessen, so Schneer, würde es helfen, sich auf die systembedingten Probleme in der Technologiebranche zu konzentrieren. Diese reicht schließlich einen Großteil der Patentanmeldungen ein und wird in den USA weitgehend von weißen Männern dominiert, die dieser Multimillionär sogar für benachteiligt hält.

„Wir müssen uns ansehen, wer die meisten Patente anmeldet und welche Probleme es dort mit dem Geschlecht und der Gleichstellung gibt“, sagte er. „Solange wir nichts gegen die extreme Ungleichheit zwischen den Geschlechtern in den Ingenieurbüros, die die Patente anmelden, tun, glaube ich nicht, dass sich die Daten ändern werden.“

Es gibt bereits Lösungen, die Patentgenehmigung in den USA inklusiver zu machen

Ein:e Pressesprecher:in des Patentamtes sagte, dass die Behörde „dabei ist, Lösungen zu entwickeln“. Genannt wurde hierbei die Ernennung der Berater Colleen Chien, einer Rechtsprofessorin an der Santa Clara University, deren Arbeit in dem Brief zitiert wird, und Caren Ulrich Stacey, Expertin für Vielfalt, Gleichberechtigung, Integration und Barrierefreiheit.

Die/Der Vertreter:in ergänzte: „Kann mehr getan werden? Ja. Und wir freuen uns darauf, mit der gesamten Regierung und dem Kongress daran zu arbeiten. Die Person bestätigte, dass das USPTO plane, bis zum 28. Februar 2023 auf das Schreiben von Warren und Lee zu antworten. Sie lehnte es jedoch ab, sich genauer zum Fall Parrott zu äußern.

Katrina will weiterhin darum kämpfen, ihre Emoji-Idee endlich patentieren zu lassen

Parrott ihrerseits plant, die Sache zu Ende zu bringen. „Sie haben meine Ressourcen und meine Vorschläge genutzt, und ich habe keine Anerkennung dafür bekommen“, sagt sie. „Wir waren als Erste vor Ort. Wir haben die gesamte Sorgfaltspflicht erfüllt.“

„Wir haben so viele Menschen berührt. Die Leute kommen auf mich zu und sagen: ‚Danke, danke, danke, dass Sie uns alle miteinbezogen haben. Ich möchte ein Patent an meiner Wand haben und sagen können: ‚Katrina, das hast du toll gemacht!‘“ Die Reaktionen von Kindern auf die neue schwarze Arielle zeigen, wie wichtig die mediale Repräsentation von Schwarzen Personen ist.

Autor ist Pranav Dixit. Dieser Artikel erschien am 14.02.2023 zunächst auf buzzfeednews.com. Aus dem Englischen übersetzt von Aranza Maier.

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