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Die Terrorgruppe Islamischer Staat und wofür sie eigentlich steht

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Von: Johannes Pressler

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Juli 2015: Aufnahmen von einer Schießerei zwischen IS-Kämpfern und türkischen Grenzsoldaten an der türkisch-syrischen Grenze.
Juli 2015: Aufnahmen von einer Schießerei zwischen IS-Kämpfern und türkischen Grenzsoldaten an der türkisch-syrischen Grenze. © Mert Macit/Action Press/APA-PictureDesk

Zuerst im Irak und in Syrien aktiv, ist das Ziel der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) mittlerweile die gesamte Welt. Erreicht werden soll das mit Gewalt und Einschüchterung.

Die ersten erwähnenswerten Meldungen über eine Terrormiliz namens Islamischer Staat (IS) gibt es im Juni 2014, ihre Ursprünge gehen aber etwas weiter zurück – und zwar ins Jahr 2004 und dem Krieg im Irak. Doch die eigentlichen Wurzeln des IS gehen sogar noch weiter in die 1920er zurück, als der Irak aus den drei osmanischen Provinzen Bagdad, Mosul und Basra entstanden ist.

Im April 2003 wird der irakische Machthaber Saddam Hussein von einer US-geführten Gemeinschaft gestürzt. Der Irak befindet sich daraufhin nicht nur im Wechselspiel der wirtschaftlichen Interessen der westlichen Mächte, sondern wird auch Schauplatz der örtlichen Auseinandersetzungen zwischen den scheinbaren Schutzmächten aus dem Iran und Saudi-Arabien.

In weiten Teilen des Iraks macht sich ein Chaos breit, großer Nutznießer wird der jordanisch-stämmige Afghanistan-Veteran Abu Mus‘ab az-Zarqawi. 2001 war er aus Afghanistan vertrieben worden und baute daraufhin im Nordirak die antiamerikanische Organisation at-Tauhid wa-l-Jihad auf, was so viel wie „Einheitsbekenntnis und Heiliger Krieg“ bedeutet. Diese Organisation gilt als der Grundpfeiler des späteren Islamischen Staates.

Was der Islamische Staat (IS) überhaupt ist und wie er herrscht

Heute kann der Islamische Staat als eine Terrormiliz bezeichnet werden. Früher war er noch als ISIS bekannt, also „Islamischer Staat im Irak und Syrien“. Das Hauptziel der Menschen im Islamischen Staat ist die Gründung eines „Gottesstaates“. Anfänglich sollte dieser vom Irak bis zum Mittelmeer reichen, mittlerweile ist aber sogar die Weltherrschaft das ausgesprochene Ziel. Als wichtiges Ziel des IS gilt es zudem, eine „reine Form“ des Islams zu verwirklichen – und das mit allen notwendigen Mitteln. Gewalt ist für den Islamischen Staat also etwas ganz Normales, Alkohol und Drogen auf der anderen Seite ein absolutes No-Go.

Erfolgreich war der IS bisher vor allem aufgrund seiner Bündnisse mit regionalen Herrschern. Damit würde man den Schutz der Bevölkerung sicherstellen. Den Schutz benötige es vor allem vor den Feinden des Islamischen Staates. Das sind genauer gesagt alle Menschen, die nach der Vorstellung der Terrormiliz keine Sunniten sind. Aus der Sicht des IS sind diese Menschen „Ungläubige“. Für den eindeutigen Großteil der muslimischen Menschen gelten sowohl die Taten als auch die Ideologie des Islamischen Staates als unislamisch und sie distanzieren sich klar von ihnen.

Sunniten und Schiiten

Der Islam kann grundsätzlich in diese beiden Gruppen geteilt werden. Nach dem Tod des Propheten Mohammed im Jahr 632 spaltete sich die Vereinigung auf. Während die Sunniten – mit circa 80 Prozent die Mehrheit – sowohl die Nachkommen aus Mohammeds Familie als auch Mitglieder aus dem Stamm der Propheten lobpreisen, erkennen die Schiiten nur die direkten Nachkommen an.

Das Bündnis mit Osama bin Laden und der Aufstieg von al-Baghdadi

Mit Abu Mus‘ab az-Zarqawi und der Organisation im Norden des Iraks sind die Eckpfeiler des Islamischen Staates also gelegt. Um noch stärker zu werden, schließt sich az-Zarqawi im Oktober 2004 dem al-Kaida-Anführer Osama bin Laden an. Die Gruppe von az-Zarqawi erhält einen neuen Namen, was auf Deutsch so viel wie „al Kaida im Zweistromland“ bedeutet. Es folgen eine Vielzahl an Selbstmordattentaten und Bombenanschlägen – vor allem auf die schiitische Bevölkerung. Die irakische al Kaida löst einen Bürgerkrieg zwischen Sunniten und Schiiten aus. Im Juni 2006 gelingt es den US-Truppen durch einen Luftangriff, Abu Mus‘ab az-Zarqawi zu töten und seine Organisation zurückzudrängen. Doch nicht für lange Zeit.

In den nächsten Jahren setzt die Organisation den Terror unter der Führung des neuen Leiters, dem Ägypter Abu Ayyub al-Masri, mit einzelnen Anschlägen fort. Nach einem weiteren Führungswechsel ziehen sie auch weiter nach Syrien, um den Aufstand gegen den syrischen Präsidenten Bashar al Assad zu unterstützen. Mittlerweile an der Spitze des aus dem Irak stammenden Teil der al Kaida: Ibrahim Awwad al-Badri as-Samarra‘i, besser bekannt als Abu Bakr al-Baghdadi. 2013 trennt er sich vom Rest der Organisation und benennt seine Gruppe in „Islamischer Staat in Irak und Syrien“ (ISIS) um. Mit dieser Aktion sieht sich al-Baghdadi als der einzige rechtmäßge Vertreter des Dschihad in Irak und Syrien an.

Unter Dschihad versteht der Duden den „Kampf der Muslime zur Verteidigung und Verbreitung des Islams“, den „Heiligen Krieg“. Zugleich bezeichnet Dschihad das zu den muslimischen Grundpflichten gehörende Streben, nach dem islamischen Glauben zu leben. 

Deutsche Bundeszentrale für politische Bildung

Im Juni 2014 gelingt es dem Islamischen Staat in kurzer Zeit befeindete Organisationen wie die al-Nusra-Front und im Norden des Iraks stationierte Truppen der dortigen Regionalregierung zu besiegen und eine Vielzahl an Städten einzunehmen. Mit modernen Mitteln wie Social Media verbreitet der IS seine politische und religiöse Propaganda, die Kämpfer zerstören heilige Stätten und wertvolle Antiquitäten. Gefordert wird die Rückkehr zu den Anfängen des Islams, der Islamische Staat finanziert sich unter anderem durch die Produktion und den Schmuggel von Öl sowie Lösegeldern aus westlichen Staaten. So wird der IS zu einer der reichsten Terrororganisationen der Welt.

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Gründung des Kalifats und was beim IS nicht vergessen werden darf

Der größte Erfolg des IS zu dieser Zeit ist die Ernennung von Abu Bakr al-Baghdadis zum Kalifen, also einem „Vertreter des Gesandten Gottes“. Er nennt sich ab sofort „Befehlshaber der Gläubigen“ und ruft alle muslimischen Menschen weltweit dazu auf, in das Kalifat einzuwandern. Ein im September 2015 von 120 Gelehrten unterzeichneter Brief distanziert sich von dieser Idee und stellt klar, dass al-Baghdadi und die Kämpfer des Islamischen Staates eine sektenartige Übertreibung der Traditionen des Islams seien.

Innerhalb der muslimischen Gemeinschaft findet der IS also sehr wenig Zustimmung, vielmehr sollte dessen Aufstieg aus machtpolitischer Sicht angesehen werden. Denn die Hauptgründe des Erfolgs des Islamischen Staates in den 2000ern und bis zur Mitte der 2010er sind nicht religiöse Propaganda, sondern vielmehr die Folgen der Außenpolitik der USA & Co. im Mittleren Osten, das politische Chaos im Irak und Syrien, die Diskriminierung der sunnitischen Bevölkerung sowie auch Korruption und Armut.

Der Tod von al-Baghdadi und der IS in Österreich

Im Oktober 2019 bestätigt der damalige US-Präsident Donald Trump den Tod von al-Baghdadi, der sich kurz vor einem Angriff des US-Militärs laut der amerikanischen Regierung mit einer Sprengweste selbst getötet haben soll. Am 31. Oktober 2019 gibt auch der Islamische Staat den Tod zu und beruft den Iraker Abi Ibrahim al-Haschimi al-Kuraschi zum Nachfolger. Selbst der Verlust des langjährigen Anführers al-Baghdadi hindert den IS nicht, mit Anschlägen – vor allem im Irak und in Syrien – immer wieder für Leid und Tod zu sorgen.

Ebenso gefährlich ist der Einfluss des Islamischen Staates und dessen gewaltverherrlichende Ideologie auf einzelne gewaltbereite Menschen auf der ganzen Welt. Neben von Rassismus und Neonazismus getriebenen Rechtsextremisten sind es auch von den Grundsätzen des IS getriebene Täter, die mit einzelnen Terroranschlagen ganze Länder in Atem halten. So hat der Islamische Staat auch den Anschlag in Wien im November 2020 mit vier Todesopfern und 23 teils schwer Verletzten für sich reklamiert. Das konnte vom österreichischen Innenministerium nicht bestätigt werden, jedoch geht aus dem Bericht einer Untersuchungskommission hervor, dass der Attentäter dem Heeresnachrichtendienst seit Februar 2018 als IS-Sympathisant bekannt sei, wie die Rechercheplattform „Dossier“ berichtet.

Im österreichischen Bundesgesetz ist die Verwendung von Symbolen des Islamischen Staates seit Jänner 2015 verboten. Beim erstmaligen Vergehen kann man mit bis zu 4.000 Euro oder einem Monat Haft bestraft werden.

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