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So mies sind die Privatflüge von Taylor Swift & Co. für unser Klima

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Promis und Politiker:innen lieben Reisen mit Yacht und Privatjet. Aber wie viel CO₂ stoßen die eigentlich aus? BuzzFeed News klärt auf.

Du kennst die Schlagzeilen: Die Liebe der Prominenten für private Flüge, wie die von Kylie Jenner im Privatjet, ist ein ökologischer Alptraum. Doch während die Superreichen ihr Image aufpolieren und die Verantwortung auf Sponsoren, Freund:innen und Mieter abwälzen, sind Privatflüge bei ihnen immer noch Business as usual.

Selbst nachdem Yard am 29. Juli eine Liste der zehn Promis veröffentlicht hat, die für die meisten CO₂-Emissionen von Privatjets verantwortlich sind, flogen die Flugzeuge von Taylor Swift (auf deren Klimasünden die Menschen via Twitter reagieren) Floyd Mayweather, Blake Shelton, Jay-Z/PUMA, Steven Spielberg, Alex Rodriguez und Travis Scott weiter. Das geht aus den Daten von Celebrity Jets hervor, einem von Student:innen betriebenen Twitter-Account (siehe unten), der Daten von der Flugdaten- und Überwachungsseite ADS-B Exchange ausliest.

Die Autoren des Yard-Berichts betonen, dass sie mit der Liste die überdurchschnittlichen Auswirkungen von Privatjets hervorheben wollen und nicht nur unsere Vielflieger-Promis an den Pranger stellen wollen. Laut dem Marktforschungsunternehmen Wingx haben Privatflugzeugreisen ein Allzeithoch erreicht – die Nachfrage übersteigt weiterhin das Angebot, und man kann sie sich leichter als je zuvor kaufen, berichtet Forbes.

Privatjets: Wie hoch sind ihre Emissionen?

Ein aktueller Bericht der Vereinten Nationen warnt, dass wir auf eine Klimakatastrophe zusteuern, wenn die weltweiten Treibhausgasemissionen – wie Kohlendioxid – nicht bis 2025 sinken. Die Forscher:innen geben einen möglichen Leitfaden an: Um unser Leben nachhaltiger zu gestalten, sollte jeder Mensch auf der Erde seinen Kohlenstoff-Fußabdruck auf insgesamt 2,3 Tonnen pro Jahr begrenzen. Aktuell bräuchten wir drei Erden, wenn jeder so leben würde, wie beispielsweise die Deutschen. Ein Privatjet hingegen stößt zwei Tonnen Kohlendioxid allein pro Stunde aus (siehe Grafik).

Tabelle, die die durchschnittlichen Kohlstoffdioxid-Emissionen nach Fahrzeugtyp angibt
Kohlstoffdioxid-Emissionen nach Fahrzeugtyp. Von oben nach unten: Privatjet, Superyacht, Auto, durchschnittlicher Flug in den USA. © Transport & Environment (2021). Private jets: can the super rich supercharge zero-emission aviation?; Beatriz Barros & Richard Wilk. The outsized carbon footprints of the super-rich, Sustainability: Science, Practice and Policy; United States Environmental Protection Agency; Hannah Ritchie / Our World in Data // BuzzFeed News US

„Um eine Tonne Kohlenstoffemissionen in den richtigen Kontext zu setzen: Das entspricht einer Fahrt um den Globus“, erklärt Paul Anastas, Direktor des Center for Green Chemistry and Green Engineering der Universität Yale. In der ersten Hälfte des Jahres 2022 haben die Flugzeuge der zehn Promis auf der Yard-Liste unglaubliche 3.376,64 Tonnen Kohlenstoff freigesetzt. (Das ist laut Yard etwa 482 Mal mehr als die jährlichen Emissionen einer Durchschnittsperson).

Was die Klimawissenschaft angeht, so gibt es dort viele Puzzleteile, sodass es schwierig ist, direkte Schlussfolgerungen über Ursache und Wirkung zu ziehen. Aber die Forschung gibt uns einige Anhaltspunkte, wenn es um mögliche Folgen der hohen Emissionen von Privatjets geht.

Die verheerenden Folgen von Kohlenstoffemissionen für das Klima

Nur eine zusätzliche Tonne Kohlenstoffemissionen kann zum Abschmelzen von drei Quadratmetern arktischen Eis führen, hält eine in der Zeitschrift Science veröffentlichte Studie fest. Der World Wildlife Fund beschreibt die Folgen: Das schwindende Eis in unseren Polarregionen steht in direktem Zusammenhang mit dem Klima, also Rekord-Hitzewellen und extremen Wintern.

Auch für den Anstieg des Meeresspiegels, der die Menschen in Küstennähe gefährdet (diese Karte zeigt, welche Städte in Europa schon 2050 überflutet sein könnten), die Instabilität der Nahrungsmittelversorgung aufgrund veränderter Witterungsbedingungen und letztendlich die Störung der Ökosysteme sind Kohlenstoffemissionen verantwortlich.

„Mit den sozialen Kosten von Kohlenstoff haben wir ein Konzept gefunden, mit dem wir versuchen zu erfassen, was jede Tonne Kohlenstoff uns als Menschen und als Gesellschaft kostet“, erklärt Maya K. van Rossum, Gründerin der Organisation „Green Amendments for the Generations“. Diese Kosten können durch emissionsbedingte Gesundheitsprobleme, den Rückgang der Landwirtschaft und extreme Wetterschäden entstehen. „Nach Angaben von Wissenschaftler:innen und Expert:innen unter der Regierung Biden kostet jede Tonne Kohlenstoff buchstäblich 51 Dollar“, erklärt sie. Das bedeutet, dass wir alle für mehr als 422.000 Dollar aufkommen müssen, allein um die Jet-Reisen von Taylor Swift im Jahr 2022 zu bezahlen.

Forschende aus China haben herausgefunden, dass man aus Kohlenstoffdioxid (CO₂) auch Brennstoffe herstellen kann – das könnte ein neuer Schritt in Richtung Klimaneutralität sein.

Fotomontage: Taylor Swift fliegt auf einem Privatjet davon.
Ganz mies fürs Klima: Privatjets der Superstars und Politiker:innen. © IMAGO / Andreas Haas / ZUMA Wire/Montage

Kohlenstoff kostet jedes Jahr menschliches Leben

Für jede 4.434 Tonnen Kohlenstoff, die über das Jahr 2020 hinaus produziert werden, stirbt eine Person weltweit vorzeitig aufgrund extremer Temperaturen, wie eine in Nature Communications veröffentlichte Analyse zeigt. Das entspricht den durchschnittlichen Emissionen von 3,5 Amerikaner:innen in ihrem gesamten Leben – und ist damit weniger als Steven Spielbergs 4.465 Tonnen Jet-Emissionen in diesem Jahr.

Die Autor:innen der Studie warnen, dass die diese Sterblichkeitsrate eine „enorme Unterschätzung“ sein könnte, da sie die klimabedingten Todesfälle durch Überschwemmungen, Stürme oder Nahrungsmittelknappheit nicht berücksichtigt.

„Manche Promis sprechen nicht nur offen über die Klimakrise, sondern auch über die Ungerechtigkeiten des Umweltrassismus, also die Tatsache, dass People of Color, indigene und einkommensschwache Gemeinschaften immer wieder der Umweltverschmutzung und -zerstörung zum Opfer fallen. Dabei ist nicht nur die Heuchelei besorgniserregend, sondern auch die Tatsache, dass sie direkt für diese Art Leid verantwortlich sind“, sagt van Rossum.

Klimakrise: Promis wie Taylor Swift ziehen sich aus der Verantwortung

Am 30. Juli – dem Tag nach der Veröffentlichung der Yard-Liste – reagierten die Vertreter:innen von Taylor Swift auf die Kritik und distanzierten die Sängerin nachdrücklich von einer Verantwortungsübernahme. Doch innerhalb von drei Tagen nach dem Statement zeigten die Aufzeichnungen, dass ihr Flugzeug bereits weitere 25 Tonnen Kohlenstoff ausgestoßen hatte. (Ein Sprecher erklärte im Juli gegenüber BuzzFeed News US, dass Taylors Flugzeug regelmäßig an andere Personen ausgeliehen werde. „Die meisten oder alle dieser Reisen ihr zuzuschreiben, ist schlichtweg falsch“, hieß es.)

Und die Reichen und Berühmten verstecken sich nicht nur hinter ihren Privatflugzeugen. Leonardo DiCaprio machte dieses Jahr Schlagzeilen, weil er mit einem Privatflugzeug zur COP26 in Glasgow flog. Auch wenn er das Privatflugzeug (endlich) stehen gelassen hat, läutete DiCaprio das Jahr 2022 an Bord eines weiteren Klimakillers ein: Einer Luxus-Super-Yacht, die schätzungsweise 7.018 Tonnen Emissionen pro Jahr verursacht.

Apropos Yacht...Wir sammeln 7 witzige Reaktionen auf die Forderung nach mehr „bürgerlichen“ Politiker:innen – mit Yacht und Privatjet.

Leonardo DiCaprio kommt auf der Cop26 an und ist von einer Menschenmenge umgeben.
Leonardo DiCaprio kommt auf der Cop26 an. © NurPhoto / Imago

Studie stellt Klimaaktivitäten von Promis infrage

Während DiCaprio noch an Bord der Jacht war, postete er auf seinem Instagram-Account an seine 54,5 Millionen Follower: „Wenn wir die Klimakrise bekämpfen wollen, müssen wir uns den harten wissenschaftlichen Wahrheiten stellen und Maßnahmen ergreifen“, direkt unter einem Werbebild für seinen Film Don‘t Look Up.

Was er nicht erwähnt: Durch den Strom, der für die Speicherung und Übertragung von Daten auf deinen Fernseher oder dein Gerät benötigt wird, hat uns das Anschauen dieses Films über den drohenden Unterganglaut Netflix selbst weitere 18.000 Tonnen Kohlenstoffemissionen gekostet. (Dieser Wert basiert auf den geschätzten 55 gCO2/Stunde, die man auf Netflix verbringt und den erhobenen 322 Millionen Sehstunden für Don‘t Look Up im Januar). Darin sind die 3.370 Tonnen Kohlenstoff-Fußabdruck, die eine durchschnittliche Filmproduktion kostet, nicht enthalten.

Damit soll DiCaprios Engagement und seine Wohltätigkeitsarbeit nicht infrage gestellt werden. Obwohl eine kürzlich in Oxford durchgeführte Studie die Klimaaktivitäten von Promis infrage stellte und auf den Mangel an messbaren Ergebnissen und darüber hinaus auf mögliche negative Folgen hinwies, wenn die Glaubwürdigkeit von berühmten Namen leide. Auch die Streaming-Gewohnheiten von Millionen Menschen sind nicht mit dem Urlaub einer prominenten Person vergleichbar. Aber diese Ungleichheiten bei der Kohlenstoffbilanz und die Ungewissheit im Aktionismus unterstreichen eine große Herausforderung im Kampf gegen den Klimawandel, vor dem die Gen Z mehr Angst hat als vor Ukraine-Krieg und Co.

Kanada macht Privatjet-Reisen durch eine Luxussteuer unattraktiv

Wenn uns Leos Urlaubsreise auf einer Super-Yacht oder auch Merz Flug mit Privatflugzeug zu Lindner-Hochzeit etwas lehrt, dann, dass wir uns nicht auf die CO₂-Selbstbeschränkung der wohlhabendsten Menschen verlassen können. Expert:innen sind sich einig, dass ein generelles Verbot von Privatjets nicht wirklich nützlich ist. Trotzdem können man mit Poltik den privaten Flugverkehr einschränken, sagt David Carlucci, ehemaliger Senator des Bundesstaates New York. Er ist Befürworter der „Green Amendment-Änderung“ und Mitunterzeichner des „Climate Leadership and Community Protection Act“.

Carlucci verweist auf die Maßnahmen, die in Kanada ergriffen wurden. Just in dem Moment, als amerikanische Prominente wegen ihrer hohen Emissionen in die Kritik gerieten, kündigte Kanada seinen „Select Luxury Items Tax Act“ an. Dieses Gesetz sieht eine zehnprozentige Luxussteuer auf den Kauf von Gegenständen wie Privatjets und Yachten vor.

„Sie glauben, dass die Steuer Luxusreisen unattraktiver macht und die Kohlenstoffemissionen von Privatflugzeugen senkt“, sagt Carlucci. Schließlich wird der Trend zu Privatreisen nicht von alleine aufhören, „also wäre es eine ideale Lösung, die Verbraucher für diese Gewohnheiten zahlen zu lassen und die Einnahmen in den elektrischen Verkehr zu investieren.“

Klimawandel: „Wir haben immer noch Zeit, um zu verhindern, dass es noch schlimmer wird“

Wir können auch daran arbeiten, den gesamten Flugverkehr nachhaltiger zu gestalten, erklärt Terry Tamminen, ehemaliger Sekretär der kalifornischen Umweltschutzbehörde und Umweltpolitik-Guru des ehemaligen kalifornischen Gouverneurs Arnold Schwarzenegger. „Zu den Strategien könnten technische Vorschriften für effizientere Düsentriebwerke, sauberere Kraftstoffe, Anreize für die Entwicklung und den Einsatz emissionsfreier Flugzeuge sowie Methoden zur Verringerung der Flugkilometer oder des Leerlaufs von Triebwerken auf Flughäfen gehören“, sagt er.

Diese Ansätze können an frühere Erfolgsgeschichten im Bereich der Nachhaltigkeit anknüpfen, wie die kalifornischen Abgasnormen für Kraftfahrzeuge und die US-Bundesnormen bezüglich des Kraftstoffverbrauchs. „Diese wurden im Laufe der Zeit immer weiter verschärft, sodass die Autos von heute über 90 Prozent sauberer sind als die Autos und Lastwagen unserer Eltern“, sagt Tamminen. Die umweltorientierte Gesetzgebung hat auch den Weg für die Entwicklung von emissionsfreien Fahrzeugen geebnet.

„Wir haben immer noch Zeit, um zu verhindern, dass es noch schlimmer wird, aber nur, wenn wir persönliche Maßnahmen ergreifen, um unseren Kohlenstoff-Fußabdruck zu reduzieren (wie beispielsweise kein Fleisch mehr zu essen, um Treibhausgase zu reduzieren) und Politiker:innen sowie Maßnahmen unterstützen, die die Industrie regulieren, wie etwa die Flugzeugindustrie“, sagt Tamminen. Schimpf also ruhig weiter über Promis in den sozialen Medien – aber denk daran, dass dein Stimmzettel bei Wahlen noch lauter schreien kann.

Autorin ist Leslie Finlay. Der Artikel erschien am 16. August 2022 auf buzzfeednews.com. Aus dem Englischen übersetzt von Leon Lobenberg.

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