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Alexander Van der Bellen: Bundespräsident auf Umwegen

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Alexander Van der Bellen, Bundespräsident von Österreich
Alexander Van der Bellen, Bundespräsident von Österreich © Georg Hochmuth/dpa/APA

Alexander Van der Bellen genießt als Bundespräsident großes Vertrauen bei der österreichischen Bevölkerung. Dabei kam er erst auf Umwegen in die Politik.

Keinem Politiker schenkten die Österreicher bei einer Umfrage der Nachrichtenagentur APA und dem Meinungsforschungsinstitut OGM im Juni 2021 so viel Vertrauen wie ihrem Staatsoberhaupt. Dabei ist der Bundespräsident noch gar nicht so lange Vollblut-Politiker. Alexander Van der Bellen, der von Freunden auch „Sascha“ und von Medien oft „Vdb“ genannt wird, absolvierte zunächst eine Hochschulkarriere.

Seit dem 26. Jänner 2017 bekleidet er das Amt des österreichischen Bundespräsidenten. In seiner Biografie „Die Kunst der Freiheit“ bezeichnet sich der Sohn einer Estin und eines Russen als Liberaler mit angelsächsisch geprägtem Freiheitsbegriff. Van der Bellen tritt für die Gleichstellung von hetero- und homosexuellen Partnerschaften ein, spricht sich für eine EU-Armee und eine doppelte Staatsbürgerschaft aus und sieht in der Klimakrise eine ernst zu nehmende Bedrohung für die globale Stabilität.

Alexander Van der Bellen: Universitätsprofessor mit Migrationshintergrund

„Saschas“ Eltern waren Anfang der 40er vor der Roten Armee ins damalige Deutsche Reich geflüchtet. Ihr Sohn kam am 18. Jänner 1944 in Wien zur Welt ehe die Familie im Tiroler Kaunertal eine neue Heimat fand. Der spätere Bundespräsident erhielt Ende der 50er Jahre schließlich die österreichische Staatsbürgerschaft. Auf seine Familiengeschichte verweist Van der Bellen immer wieder gerne, vor allem wenn es um die aktuelle Migrationspolitik geht.

Nach dem Abitur studierte Alexander Van der Bellen zunächst Volkswirtschaftslehre (VWL) an der Universität zu Innsbruck. Zwischen 1976 und 1980 war er dort als außerordentlicher Universitätsprofessor tätig. Dann wechselte er in die Landeshauptstadt Wien, wo der spätere Grünen-Chef bis 1999 als Professor an der Uni Wien Forschung und Lehre übernahm. Sein Fokus lag auf den Gebieten Steuerpolitik, Infrastruktur, Umwelt- und Verkehrspolitik sowie staatliche Regulierungspolitik. Von 1990 bis 1994 stand Alexander Van der Bellen der Wiener Universität zudem als Dekan vor.

Von der SPÖ zu den Grünen und schließlich an die Spitze des Staats

Sein politisches Interesse entwickelte sich langsam. Bereits von Mitte der 70er- bis zum Ende der 80er-Jahre war Alexander Van der Bellen Mitglied der Sozialdemokratischen Partei Österreichs (SPÖ). Sein ehemaliger Doktorrand, Peter Pilz, holte Van der Bellen schließlich in die noch junge Partei der Grünen, wo sein Aufstieg zum Führungspolitiker begann. 1997 bis 2008 war er Bundessprecher der Grünen und von 1999 bis 2008 Klubobmann. Ab dem Jahr 2010 arbeitete Alexander Van der Bellen für die rot-grüne Stadtregierung in Wien. Sein Engagement für die kommunale Stadtpolitik ging fünf Jahre später zu Ende. Zwölf Monate später, im Jahr 2016, beschloss der damals 71-Jährige, für das Amt des österreichischen Bundespräsidenten zu kandidieren.

Die Wahl zum Bundespräsidenten konnte Vdb nach drei Wahldurchgängen im Dezember 2016 schließlich für sich entscheiden. Zum ersten Wahlgang im April waren fünf Kandidaten und eine Kandidatin angetreten. Norbert Hofer mit 35 Prozent und Alexander Van der Bellen mit 21 Prozent qualifizierten sich für die Stichwahl. Bei dieser ging im Mai eigentlich Van der Bellen als Sieger hervor. Der Verfassungsgerichtshof hob jedoch die Wahl wegen Verstößen gegen das Wahlgesetz bei der Handhabung der Briefwahlstimmen auf. Die Wahl musste wiederholt werden. Die verschobene Wiederholung des zweiten Durchgangs fand letztlich im Dezember statt. Mit 53,8 Prozent der Stimmen wurde Alexander Van der Bellen nach einem langen Wahljahr zum Bundespräsidenten gewählt.

Alexander Van der Bellen: Ruhepol im Regierungschaos

Hat der Bundespräsident in Österreich eigentlich vor allem repräsentative Aufgaben, waren Van der Bellens erste Jahre in diesem Amt von innenpolitischem Chaos geprägt. Die Ibiza-Affäre im Jahr 2019 machte ihn zum ersten Bundespräsidenten der zweiten Republik, der die Regierung aufgrund eines geglückten Misstrauensvotums ihres Amtes enthoben hat. Kurz darauf beauftragte Van der Bellen Österreichs erste Bundeskanzlerin Brigitte Bierlein mit der Bildung einer Übergangsregierung aus Experten für die Zeit bis zu den Neuwahlen und anschließenden Bildung einer neuen Regierung.

Auch noch Jahre nach der Ibiza-Affäre kommen dem österreichischen Staatsoberhaupt wichtige Schlüsselfunktionen zu. Im Juni 2021 musste Vdb das Strafgericht Wien mit einer sogenannten „Exekution der Aktenlieferung“ aus dem Finanzministerium beauftragen. Hintergrund war ein Beschluss des Verfassungsgerichtshofes gegen den damaligen Finanzminister Gernot Blümel. Dieser hatte die Lieferung von Akten an den Untersuchungsausschuss zu Aufklärung der Ibiza-Affäre monatelang hinausgezögert. In seinen ersten Jahren als Bundespräsident musste sich Van der Bellen also bereits mehrmals um seine geliebte Verfassung bemühen, deren „Eleganz“ und „Schönheit“ er nicht müde wird, zu betonen. Seine ruhige, bedachte Art, mit diesen Krisen umzugehen, sicherte ihm das Vertrauen der meisten Österreicher:innen.

Neben seiner Tätigkeit als erster Mann im Staat ist Alexander Van der Bellen einer der vier Repräsentanten der Österreichischen Gesellschaft für Außenpolitik und die Vereinten Nationen. Darüber hinaus steht er dem Institut für Finanzwissenschaft und Steuerrecht vor. Er ist zudem Ehrenbürger der Gemeinde Kaunertal im Tiroler Bezirk Landeck. Für sein gesellschaftliches wie politisches Wirken erhielt Alexander Van der Bellen über die Jahre zahlreiche Auszeichnungen:

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