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Die Grünen: Der „kleine“ Koalitionspartner

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Werner Kogler.
Werner Kogler ist seit 2017 Bundessprecher der Grünen. © Georges Schneider/photonews.at/Imago

Österreichs Grüne haben einen weiten Weg zurückgelegt – anfangs waren sie Aktivist:innen, dann eine Parlamentspartei und mittlerweile Regierungsmitglied. Wissenswertes über die Grünen:

Als 1978 in Zwentendorf das erste österreichische Kernkraftwerk ans Netz gehen sollte, erhoben engagierte Umweltschützer:innen erfolgreich ihre Stimmen gegen die nukleare Gefahr – das war die Geburtsstunde der Grünen Bewegung in Österreich. Sechs Jahre später formierten sich Aktivist:innen im bisher stärksten zivilen Ungehorsam nicht weniger erfolgreich gegen das Donaukraftwerk Hainburg, darunter auch spätere Grüne Politiker:innen.

Es sollte noch zwei Jahre dauern, bis mit der Nationalratswahl 1986 die erste österreichische Umweltpartei mit 4,82 Prozent aller abgegebenen Stimmen als „Die Grünen – Die Grüne Alternative (Grüne)“ ins Parlament einzog. 1987 gründeten die Unterstützer:innen der neuen Parlamentsfraktion die Grüne Alternative (GA), die seit 1993 die offizielle Bezeichnung „Die Grünen – Die Grüne Alternative (GRÜNE)„ führt.

Knapp drei Jahrzehnte später sind die Grünen sowohl in der Bundesregierung als auch in einigen Landesregierungen als Koalitionspartner vertreten. Die Grünen setzen sich neben der Ökologie auch für die Rechte von Minderheiten und für eine ökosoziale Steuerreform ein. Ihre Grundwerte gemäß dem Grundsatzprogramm von 2001 lauten: „basisdemokratisch, gewaltfrei, ökologisch, solidarisch, feministisch, selbstbestimmt“. Die Partei ist Mitglied der Europäischen Grünen Partei. Innerhalb der EU setzt man sich vor allem für ein atom- sowie gentechnikfreies Europa ein.

Die Grünen: Erste Schritte als Parlamentspartei

Nachdem die ersten, miteinander konkurrierenden grünen Parteien, die Alternative Liste Österreichs (ALÖ) und die Vereinigten Grünen Österreichs (VGÖ), 1983 am Einzug ins Parlament gescheitert waren, gelang Freda Meissner-Blau 1986 mit einer Wahlliste von VGÖ- und ALÖ-Vertreter:innen der Einzug in den österreichischen Nationalrat. Rasch nach den Wahlen wurde am 13./14. Februar 1987 der Gründungskongress der Grünen Alternativen Partei in Klagenfurt durchgeführt. Die Partei erhielt eine föderalistische Struktur, anstatt eines Parteisprechers wurden zwei Bundesgeschäftsführer nominiert.

In der Öffentlichkeit waren die Grünen mehrmals durch Aktionismus präsent. Peter Pilz rief etwa zur militärischen Befehlsverweigerung auf, Andreas Wabl enthüllte als Protest gegen Bundespräsident Kurt Waldheim im Parlament eine Hakenkreuzflagge. Nachdem die VGÖ bei den Wiener Landtagswahlen 1987 gegen die Grünen Alternativen kandidiert hatten (und so einen Einzug in den Landtag verhinderten), wurde jedoch Josef Buchner aus dem Parlamentsklub ausgeschlossen. Hinzu kamen strukturelle Probleme und eine Finanzkrise. Als Zeichen der Reform wurden Johannes Voggenhuber und Pius Strobl als Bundesgeschäftsführer gewählt. Dennoch blieb das Misstrauen zwischen dem Parlamentsklub und der Parteibasis bestehen. Meissner-Blau legte schließlich im Herbst 1988 ihr Mandat zurück, Herbert Fux und der Anwalt Geyer folgten.

Die Grünen und die Wahlen

Mit Ausnahme der Nationalratswahlen von 1995 konnten die Grünen ihren Stimmenanteil bei Nationalratswahlen konstant steigern und wurden 2006 mit 11,05 Prozent erstmals drittstärkste Partei im österreichischen Nationalrat. Die Niederlage bei den Nationalratswahlen 1995 führte zu einer starken Schwächung und Spaltung der Grünen Partei. Madeleine Petrovic kündigte Anfang 1996 ihren Rücktritt als Bundessprecherin an, blieb jedoch Klubobfrau im Parlament.

Österreichs heutiger Bundespräsident Alexander Van der Bellen wurde stellvertretender Klubobmann und führte die Klubgeschäfte aufgrund von Petrovics angeschlagenem Gesundheitszustand über längere Zeiträume alleine. Während die Grünen in dieser Phase auf Bundesebene noch keiner Regierung angehörten, existiert auf Länderebene seit 2010 eine Koalition mit der SPÖ in Wien und seit 2014 eine Koalition mit der ÖVP in Vorarlberg.

Außerdem existierte von 2003 bis 2015 eine Koalition mit der ÖVP in Oberösterreich. Ab 2009 war Eva Glawischnig Parteivorsitzende der Grünen. Sie musste gleich zu Beginn Wahlniederlagen wie etwa bei der Europawahl hinnehmen. Der größte Erfolg unter ihrer Führung war die Regierungsbeteiligung nach der Landtags- und Gemeinderatswahl in Wien 2010.

Die Grünen stellten mit Maria Vassilakou bis 26. Juni 2019 die erste grüne Vizebürgermeisterin in der Bundeshauptstadt. Nach massiven Stimmenverlusten bei der Nationalratswahl in Österreich 2017 schieden die Grünen aus dem Nationalrat aus, worauf Bundessprecherin und Spitzenkandidatin Eva Glawischnig am 17. Oktober 2017 ihren Rücktritt erklärte. Von 1986 bis 2017 war die Partei ununterbrochen Oppositionspartei im Nationalrat, dem sie seit der Nationalratswahl 2019 erneut angehört. Bundessprecher ist seit dem 17. Oktober 2017 Werner Kogler.

Auf dem Weg in die Regierung

Die Verhandlungen zur Regierungsbildung in Österreich 2019 folgten auf die vorgezogene Nationalratswahl am 29. September. Zunächst kam es zwischen dem 8. Oktober und dem 8. November zu Sondierungsgesprächen zwischen Vertreter:innen der Österreichischen Volkspartei (ÖVP), die aus der Wahl als stärkste Kraft hervorgegangen und deren Obmann Sebastian Kurz bereits von Dezember 2017 bis Mai 2019 als Bundeskanzler fungiert hatte, mit den übrigen vier im Nationalrat vertretenen Parteien. Am 18. November nahmen ÖVP und Grüne Verhandlungen über die Bildung einer neuen Regierung auf Basis einer Türkis-Grünen Koalition auf. Am 1. Jänner 2020 wurde eine Einigung zwischen den beiden Parteien erzielt, die auch von den zuständigen Gremien der beiden Parteien abgesegnet wurde.

Die beiden Parteien einigten sich – trotz großer inhaltlicher Differenzen in den Wahlprogrammen – schon sehr schnell auf fünf Kernthemen: Bildung, Migration, Wirtschaft, Transparenz und Klimakrise. Am 7. Jänner wurde die Bundesregierung Kurz II angelobt, die wenige Monate später – zumindest was den Bundeskanzler betrifft – wieder zu Ende ging: Am 11. Oktober wurde Alexander Schallenberg (ÖVP) von Bundespräsident Alexander Van der Bellen als Österreichs neuer Bundeskanzler angelobt, nachdem die Staatsanwaltschaft Ermittlungen gegen seinen Vorgänger Sebastian Kurz und dessen engstes Umfeld unter anderem aufgrund von Inseratenkorruption aufgenommen hatte.

Kurz war am 9. September 2021 von seinem Amt zurückgetreten. Anfang Dezember tat ihm das Schallenberg gleich, seitdem ist Karl Nehammer österreichischer Bundeskanzler. Derzeit besetzen Die Grünen in der Bundesregierung diese Ämter:

Der größte Erfolg der Grünen

Da Alexander Van der Bellen im Jahr 2016 vor seinem Entschluss, als Bundespräsident zu kandidieren, bei den Grünen austrat, ersparte er sich innerparteiliche Rechtfertigungen und Diskussionen. Sein Status als unabhängiger politischer Kandidat befeuerte seine Popularität innerhalb der Bevölkerung und verhalf ihm beim ersten Wahlgang zu einem Achtungserfolg. Nur der Kandidat der Freiheitlichen Partei Österreichs (FPÖ), Norbert Hofer, konnte mehr Stimmen als Van der Bellen auf sich vereinen, woraufhin es zur Stichwahl kam. Diese entschied Alexander Van der Bellen mit einer Mehrheit von rund 31.000 Stimmen für sich. Allerdings musste die Wahl auf Intervention der FPÖ wiederholt werden.

An den politischen Mehrheitsverhältnissen änderte sich nichts. Erneut setzte sich Alexander Van der Bellen gegen Norbert Hofer durch – diesmal sogar mit einem Vorsprung von 348.000 Stimmen. Seit dem 26. Jänner 2017 ist das grüne „Urgestein“ Alexander Van der Bellen Bundespräsident der Republik Österreich.

Von Wolfgang Wonesch

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