Europäisches Parlament: Gesetzgebung, Aufsicht, Haushalt
Das Europäische Parlament stellt sicher, dass die Arbeitsweise anderer EU-Organe demokratischen Grundsätzen folgt. Wissenswertes über das Gesetzgebungsorgan der EU.
Die Wurzeln des Europäischen Parlaments gehen bis in das Jahr 1952 zurück, als erstmals eine Gemeinsame Versammlung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl gegründet wurde. Von 1958 an gab es die Parlamentarische Versammlung, die sich als EU-Parlament bezeichnete. Bis 1979 wurden die Abgeordneten von den einzelnen Ländern ohne vorherige Wahlen für die Dauer von fünf Jahren entsandt. Seine heutige Bezeichnung „Europäisches Parlament“ wurde 1962 beschlossen, jedoch erst 1986 in der Einheitlichen Europäischen Akte verankert.

Die erste direkte Wahl fand 1979 statt. Heute ist das Europäische Parlament das Gesetzgebungsorgan der EU und somit ein wichtiges Forum für die politische Debatte und die Beschlussfassung auf EU-Ebene. Die Mitglieder werden direkt von den Wähler:innen in allen Mitgliedstaaten gewählt. Somit vertritt das Parlament die Interessen der Menschen im Hinblick auf die EU-Gesetzgebung und stellt sicher, dass die Arbeitsweise der anderen EU-Organe demokratischen Grundsätzen folgt.
Es setzt sich aus 705 Abgeordneten zusammen, die sich in 20 ständigen Ausschüssen mit Gesetzesvorschlägen befassen, die dem Europäischen Parlament vorgelegt werden. Das Europäische Parlament kann die EU-Kommission auffordern, innerhalb von zwölf Monaten einen Gesetzesvorschlag vorzulegen.
Die Zusammensetzung des Europäischen Parlaments
Die letzten Wahlen wurden im Mai 2019 durchgeführt. Im Fünf-Jahres-Rhythmus wird daher die nächste Wahl im Jahr 2024 stattfinden. Aktueller Präsident ist David-Maria Sassoli: Am 3. Juli 2019 wurde er in der neuen Wahlperiode 2019-2024 für eine Amtszeit von zweieinhalb Jahren, also die Hälfte der Wahlperiode, zum Präsidenten des Europäischen Parlaments gewählt. Bei der nächsten Wahl kann er wiedergewählt werden.
Dem Präsidenten des Europäischen Parlaments stehen insgesamt 14 Vizepräsident:innen zur Seite. Das Europäische Parlament besteht nach dem Austritt von Großbritannien aus insgesamt 705 Mitgliedern. Konkret: 704 Abgeordnete plus der Präsident des Europäischen Parlaments.
Die Abgeordneten stammen aus den 27 Ländern der EU. Die Anzahl der Sitze pro Mitgliedstaat wird nach dem Grundsatz der degressiven Proportionalität verteilt. So hat z. B. Deutschland im Europäischen Parlament gemessen an seiner Einwohnerzahl 96 Sitze, Österreich 18, Malta 6. Bei den Europawahlen wählen alle Wahlberechtigten die Abgeordneten des Europäischen Parlaments, wobei hier die Wahlsysteme in den einzelnen Mitgliedstaaten voneinander abweichen können (z. B. Wahltag oder Prozent-Hürde).
Die Aufgaben
- Gesetzgebung: Verabschiedung von EU-Rechtsvorschriften, in Zusammenarbeit mit dem Rat der EU auf der Grundlage von Vorschlägen der Europäischen Kommission
- Entscheidung über internationale Abkommen
- Entscheidung über Erweiterungen
- Prüfung des Arbeitsprogramms der Kommission und Aufforderung der Kommission, Rechtsvorschriften vorzuschlagen
- Aufsicht: Demokratische Kontrolle aller EU-Organe
- Wahl der Präsidentin/des Präsidenten der EU-Kommission und Zustimmung zur Kommission als Kollegium
- Möglichkeit, einen Misstrauensantrag zu stellen, der die gesamte Kommission zum Rücktritt zwingen könnte
- Entlastung, d. h. Genehmigung der Ausgaben aus dem EU-Haushalt
- Bearbeitung von Petitionen der EU-Bürger:innen und Einsetzen von Untersuchungsausschüssen
- Erörterung der Währungspolitik mit der Europäischen Zentralbank
- Befragung von Kommission und Rat
- Wahlbeobachtung
- Haushalt: Aufstellung des Haushaltsplans der EU gemeinsam mit dem Rat
- Genehmigung des langfristigen EU-Haushalts, also des „mehrjährigen Finanzrahmens“
Die Arbeit des Europäischen Parlaments
Wie funktioniert das Europäische Parlament? Monatlich trifft sich das Europäische Parlament zu den Plenartagungen und Haushaltstagungen. Zusätzliche Plenartagungen und Treffen der Ausschüsse des Parlaments finden in Brüssel statt. Das Parlament umfasst 20 Ausschüsse und drei Unterausschüsse (Krebsbekämpfung, Einflussnahme aus dem Ausland auf alle demokratischen Prozesse in der EU sowie Künstliche Intelligenz im digitalen Zeitalter), die je für einen bestimmten Politikbereich zuständig sind. Ständige Ausschüsse sind:
- Auswärtige Angelegenheiten
- Menschenrechte
- Sicherheit und Verteidigung
- Entwicklung
- Internationaler Handel
- Haushalt
- Haushaltskontrolle
- Wirtschaft und Währung
- Steuerfragen
- Beschäftigung und soziale Angelegenheiten
- Umweltfragen, öffentliche Gesundheit und Lebensmittelsicherheit
- Industrie, Forschung und Energie
- Binnenmarkt und Verbraucherschutz
- Verkehr und Tourismus
- Regionale Entwicklung
- Landwirtschaft und ländliche Entwicklung
- Fischerei
- Kultur und Bildung
- Recht
- Bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres
- Konstitutionelle Fragen
- Rechte der Frauen und Gleichstellung der Geschlechter
- Petitionen
In den Ausschüssen werden Rechtsvorschriften vorbereitet. Sie prüfen Legislativvorschläge. Dabei können Abgeordnete und Fraktionen Änderungsvorschläge einbringen oder ein Gesetz ablehnen. Auch in den Fraktionen werden die Vorschläge erörtert. Auf den Plenartagungen werden Rechtsvorschriften verabschiedet. Dabei kommen alle Abgeordneten im Plenarsal zusammen, um abschließend über Legislativvorschläge und deren Änderungen abzustimmen. Normalerweise finden Plenartagungen an vier Tagen im Monat statt, gelegentlich können auch zusätzliche Tagungen in Brüssel einberufen werden.
Von Wolfgang Wonesch