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Karl Nehammer: Das Leben und die Karriere des österreichischen Bundeskanzlers

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Karl Nehammer im Parlament
Karl Nehammer bei der 121. Nationalratssitzung im September 2021. © Tobias Steinmaurer/Imago

Generalsekretär der ÖVP, Abgeordnetenmandat im Nationalrat, Innenminister und Bundeskanzler ‒ die Karriere von Karl Nehammer im Überblick:

Karl Nehammer kam am 18. Oktober 1972 auf die Welt. Geboren wurde er in Wien-Meidling und besuchte zunächst das Kollegium Kalksburg, anschließend das Gymnasium Amerlingstraße. An seine Matura im Jahr 1992 schloss sich ein einjähriger freiwilliger Präsenzdienst beim österreichischen Bundesheer an. Karl Nehammer verpflichtete sich für weitere Jahre, ließ sich zum Infanterieoffizier ausbilden und schied im Jahr 1997 in seiner Funktion als Leutnant aus dem Bundesheer aus. Es folgte eine Ausbildung am Kommunikations-Trainerausbildung Managementinstitut der Industrie.

Danach war er als Ausbilder für Informationsoffiziere und für strategische Kommunikation in verschiedenen Einrichtungen tätig ‒ darunter das Bundesministerium für Landesverteidigung, das Berufsförderungsinstitut und die Politische Akademie der ÖVP. Ab dem Jahr 2012 absolvierte er erfolgreich den von der Donauuniversität Krems angebotenen Lehrgang Politische Kommunikation. Diesen schloss er mit dem Master of Science (MSc) ab, einen Bachelor- bzw. Diplomabschluss besitzt der Bundeskanzler nicht. Der Politiker gehört zu den Mitgliedern der Katholischen Österreichischen Studentenverbindung Sonnberg Perchtoldsdorf.

Der Politiker Karl Nehammer privat

Verheiratet ist der Politiker Karl Nehammer mit Katharina Nehammer. Sein Schwiegervater ist der frühere ORF-Moderator Peter Nidetzky. Das Ehepaar hat zwei gemeinsame Kinder, Jagdhündin Fanny ergänzt das Familienleben des Hundeliebhabers. Die Ehefrau des Kanzlers ist ebenfalls fester Bestandteil der ÖVP. Lange bevor ihr Ehemann im Jahr 2017 als Abgeordneter in den Nationalrat einzog, war sie bereits Pressesprecherin und stellvertretende Kabinettschefin von Ex-Innenminister Wolfgang Sobotka. Später arbeitete Katharina Nehammer für das Verteidigungsministerium, wo sie die Position der stellvertretenden Kabinettschefin innehatte und als enge Vertraute von Verteidigungsministerin Klaudia Tanner galt.

2020 entschied sie sich für eine berufliche Tätigkeit in der Privatwirtschaft, offizielle Begründung: die bessere Vereinbarkeit mit der Familie. Nun ist sie als Senior Consultant in der PR-Branche beim Wiener Unternehmen „Schütze.Positionierung“ tätig. Im November des gleichen Jahres stand die gesamte Familie Nehammer nach einem Terroranschlag in Wien und Razzien im islamistischen Milieu unter Polizeischutz. Nehammer, zu dieser Zeit Innenminister, äußerte hierzu, dass Drohungen nichts Neues seien, dass sich diese jetzt aber auch gegen Frau und Kinder richten, sei eine Neuerung.

Karl Nehammer beruflich: Vom Prospektverteiler zum Generalsekretär des ÖAAB

Die Eltern von Karl Nehammer prägten maßgeblich den Weg ihres Sohnes in die Politik. Sein Vater galt als liberal, seine Mutter stand der Volkspartei nahe. Politik war also von Kindestagen an wesentlicher Bestandteil im Leben des zukünftigen Innenministers und Bundeskanzlers Im Alter von 14 Jahren begann er damit, sich aktiv einzubringen. So unterstützte er den Wahlkampf des damaligen Chefs der ÖVP Alois Mock, indem er Folder verteilte.

Rückblickend auf diese Zeit wird sich der Politiker Jahre später äußern: „Hier habe ich gelernt, was dahinter steckt, argumentieren zu können“. Nachhaltigen Einfluss auf den beruflichen Werdegang Nehammers nahm auch August Wöginger. Er holte ihn in den Arbeitnehmerbund der ÖVP. Im Herbst 2015 erfolgte die Bestellung zum Generalsekretär-Stellvertreter und zum Bundesorganisationsreferenten des Österreichischen Arbeitnehmerinnen- und Arbeitnehmerbundes ‒ ÖAAB. In der Zeit von April 2016 bis Jänner 2018 hatte er das Amt des Generalsekretärs des ÖAAB inne.

Vom Abgeordneten im Nationalrat zum Innenminister

Nachdem Karl Nehammer bereits 1986 für die ÖVP im Wahlkampf aktiv gewesen war, blieb er der Partei auch weiterhin verbunden. So war er zunächst als Bereichsleiter für die ÖVP-Akademie tätig, wurde 2009 deren Geschäftsführer und arbeitete ab 2013 als Kommunalabteilungsleiter für die ÖVP-Niederösterreich. Im Zuge der Nationalratswahl 2017 kandidierte er für den Landeswahlkreis Wien, ab 9. November kam er nach dem Wahlsieg von Sebastian Kurz als Abgeordneter für die ÖVP in den österreichischen Nationalrat. Im November des gleichen Jahres gewann der Politiker die Wahl zum ÖVP-Klubobmann-Stellvertreter (weitere Funktionen für die ÖVP: Mediensprecher im ÖVP-Parlamentsklub, ÖVP-Generalsekretär ab Jänner 2018 sowie Integrations- und Migrationssprecher ab September 2018).

Seine Wahl zum Generalsekretär der ÖVP beschrieb er als die „schönste Aufgabe, die ich mir wünschen kann. Das Herz hat sofort Ja gesagt...“ Auch nach der Nationalratswahl 2019 blieb er Abgeordneter und verhandelte im Rahmen der türkis-grünen Koalitionsverhandlungen die Themen Europa, Migration, Integration und Sicherheit. Nachdem Innenminister Herbert Kickl als Konsequenz aus der „Ibiza-Affäre“ seinen Stuhl hatte räumen müssen, wurde Karl Nehammer am 7. Jänner 2020 Innenminister der Regierung Kurz II. Dank seiner militärischen Ausbildung wäre er laut Sebastian Kurz ebenso gut für das Verteidigungsministerium infrage gekommen.

Im Herbst 2021 folgte dann die ÖVP-Inseratenaffäre rund um Sebastian Kurz. Dieser trat zuerst als Kanzler zurück und wenige Wochen später im Dezember 2021 zog sich Kurz komplett aus der Politik zurück. Die ersten rund 50 Tage übernahm Außenminister Alexander Schallenberg das Amt des Bundeskanzlers, auf ihn folgte nach dem Kurz-Rückzug Karl Nehammer als Kanzler und gleichzeitig ÖVP-Chef.

Karl Nehammers politischer Karriereweg zum Bundeskanzler führte über folgende Stationen:

Schwierige Zeiten während seiner Zeit als Innenminister

Während Nehammers Zeit als Bundesminister für Inneres Anfang des Jahres 2020 war das Thema Corona omnipräsent. Um die Bevölkerung ausreichend zu schützen, galt es, notwendige Maßnahmen durchzusetzen und rechte Eskalation notfalls mithilfe eines Einschreitens der Polizei zu verhindern. Auch das Thema „Blackout“ beschäftigte den Innenminister. Für ihn gehört ein überregionaler Netzzusammenbruch mit toten Telefonleitungen, stehenden Straßenbahnen und geschlossenen Supermärkten zu den größten Bedrohungen moderner Staaten. Grund genug, einen Kooperationsvertrag zwischen Austrian Power Grid und der Polizei anzustreben, der im Ernstfall ein schnelles Einschreiten ermöglicht.

Der Terroranschlag in Wien vom 2. November 2020 mit vier Toten und 14 Verletzten brachte den Politiker Karl Nehammer in arge Bedrängnis. Er musste sich den Vorwurf gefallen lassen, das Attentat aufgrund eines Kommunikationsfehlers nicht verhindert zu haben. So hatte es bereits vorab eindeutige Hinweise darauf gegeben, dass der polizeibekannte Terrorist Kujtim F. in Bratislava versucht hatte, Munition für ein Kalaschnikow-Sturmgewehr zu beschaffen. Das dem Innenminister unterstellte Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung hätte das zuständige Landesamt jedoch nicht darüber in Kenntnis gesetzt.

von Gabi Knapp

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