„Diskriminierende Löscharbeit“: Selbst Nutzer:innen decken jetzt Missstände bei TikTok auf

Rund 1.000 Nutzer:innen haben sich zu einem Bündnis zusammengeschlossen, um der Social-Media-Plattform TikTok genauer auf die Finger zu schauen.
Auf TikTok scheint alles möglich: Das reizt Millionen Menschen, birgt aber gleichzeitig zahlreiche Gefahren. Doch wer genau für Änderungen der Regeln und Funktionen oder das Übernehmen der Verantwortung bei Verfehlungen zuständig ist, ist nicht so ganz klar. Das wollten einige Nutzer:innen nicht einfach so stehen lassen und gründeten kurzerhand das Bündnis „The Online Creators’ Association“ (TOCA).
Wie funktioniert TOCA?
TOCA versteht sich als Interessenvertretung von Creator:innen. In einem eigens eingerichteten Ticket-System und einer Community auf der Plattform Discord sammelt das Bündnis Hinweise über Probleme auf TikTok und entwickelt Lösungsvorschläge. Das kann gesperrte Videos und Accounts, aber auch eine komplette Umstellung des Algorithmus betreffen. Aktivere Nutzer:innen können als Moderator:innen fungieren, alles funktioniert auf freiwilliger Basis. Begleitend werden dabei auch Statistiken erstellt und Präsenzveranstaltungen an Universitäten angeboten. Ein Fokus liegt auf Diskriminierung, denn oftmals scheint TikTok gerade hier die Augen zu verschließen.
Welche Probleme gibt es auf TikTok?
Laut Vertreter:innen des Bündnisses ist mangelnde Kommunikation ein großes Problem. Projektmanagerin Amelia Som beschreibt TikTok als Blackbox, die Änderungen nicht nach außen kommuniziert. „Es sind algorithmische und wirtschaftliche Kräfte am Werk, die die meisten Creator:innen nicht verstehen - das ist unglaublich entmutigend und stürzt dich in Selbstzweifel“, so Som. Selbst die Theorien der Nutzer:innen stützen sich großteils nur auf Beobachtungen. „Wir glauben, dass TikTok intern Accounts markiert, die es als problematisch für Werbeanzeigen einstuft. Aber Betroffene erfahren davon nichts. Es gibt keine Benachrichtigung, kein öffentliches Regelwerk“, erzählt Som.
Diskriminierung ist auch auf TikTok vorherrschend
Wie bei vielen anderen Großkonzernen - zuletzt kam hier auch Burger King in Kritik - wird auch bei TikTok Offenheit und Diversität eher als Marketingmaschinerie betrieben. „Wir lassen uns nicht davon beeindrucken, dass TikTok einmal im Jahr ein paar handverlesene Accounts vorstellt, während Tausende eine beschissene Zeit haben“, so Som. Im Austausch ist jedenfalls klar geworden, dass marginalisierte Gruppen trotz ihrer Einzigartigkeit auf TikTok ähnliche Probleme haben. So werden nicht selten Videos gesperrt, wenn sich Menschen gegen Diskriminierung aussprechen. Es gab Fälle, da haben jüdische Creator:innen antisemitische Äußerungen auf TikTok angeprangert und wurden wegen „Belästigung und Mobbing“ bestraft. Hier wird ganz offensichtlich „diskriminierende Löscharbeit betrieben und das ist keinesfalls in Ordnung“, meint Som.
TOCA fordert Transparenz
„Allen voran wollen wir Transparenz, insbesondere was die Moderation von Inhalten angeht. Welche Dinge werden immer geprüft? Welche nur, wenn sie jemand meldet? Wann arbeiten Algorithmen, wann Menschen? Welche Regeln gelten für unsere Inhalte? - das wären Fragen, auf die wir Antworten wollen“, fordert Som. Auch sollte TikTok-Personal besser hinsichtlich Diskriminierung geschult werden. Obwohl TikTok weiß, dass das Bündnis existiert, wurden Annäherungsversuche bislang ignoriert. „Vielleicht tun sie das, damit sie nichts versprechen müssen“, so Som. Doch eines weiß sie als Creatorin fix: „Ohne Creator:innen würde TikTok nicht existieren. Dann müsste TikTok vielleicht Leute für die Inhalte bezahlen, die sie jetzt kostenlos bekommen“. Und das käme dann vermutlich schon ganz schön teuer.
Erst vor Kurzem kündigte TikTok an, Altersprüfungen durchzuführen - bislang blieb es bei der Ankündigung.