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43 Stunden pro Woche: Psychiaterin besorgt über Smartphone-Trend bei Kindern

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Von: Jana Stäbener

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Kinder am Smartphone.
Kinder sind viel zu häufig am Smartphone, fürchten Expert:innen. © IMAGO/Ok Shu

Mehr als 43 Stunden pro Woche surfen Jugendliche mit ihren Handys im Schnitt im Netz. Dazu sagen manche Mütter ganz klar nein – und verweigern ihren Kindern Smartphones.

Was macht das Handy mit Jugendlichen? Diese Frage stellen sich viele Menschen – manche von ihnen finden darauf eine einfache Antwort: Es tut ihnen nicht gut. Auch der Kinderarzt Burkhard Voigt warnt vor Erziehungsfehlern, die viele Eltern machen – ganz vorne mit dabei ist die Angewohnheit, Kinder mit Handys ruhig zu stellen. Die kritisiert auch Adriana Stacey aus dem US-Bundesstaat Arkansas. Sie verbietet ihren Kindern vor dem 18. Geburtstag jegliche Art Smartphone und nimmt dafür auch in Kauf, dass ihr Nachwuchs aus diversen sozialen Gruppen ausgeschlossen wird.

Jugendliche surfen 43 Stunden pro Woche mit dem Handy im Netz

„Wenn sie eines wollen, wenn sie 18 werden, einen Job haben und es sich leisten können, dann ist das ihre Entscheidung“, sagt Stacey der Washington Post im Interview. Sie ist Psychiaterin und betreut in ihrer Praxis Kinder und Jugendlich, die sie routinemäßig immer erst einmal nach ihrem Handy-Konsum fragt. „Ich finde selten einen, bei dem es unter neun Stunden ist“, sagt sie. „Diese Teenager verbringen mehr Zeit mit ihrem Handy als mit Schlafen“. Nicht so ihre Kinder, beschloss Stacey. Hinter dieser Entscheidung steht die vierfache Mutter ganz selbstbewusst.

Auch in Deutschland verbringen Jugendliche die meiste Zeit ihres Lebens im Internet. Im Sommer 2021 veröffentlichte die Postbank Studiendaten, nach denen 16- bis 18-Jährige im Schnitt 70,4 Stunden die Woche im Netz surfen – und das größtenteils am Smartphone. Laut Studie sind es 43,7 Stunden, die Jugendliche in der Woche am Handy surfen – also etwa sechs Stunden am Tag. Dass ihre Kinder so lange am Handy hängen, will Stacey nicht. Sie verbietet ihnen die Handy-Nutzung komplett, wobei laut einer Studie der Ruhr-Uni Bochum selbst eine Stunde Smartphone-Verzicht pro Tag Auswirkungen auf das Wohlbefinden hat.

Handy-Verbot: „Es ist eine Art zweischneidiges Schwert“

Am liebsten wäre Stacey ein Mindestalter für die Nutzung von Smartphones. Ihre Tochter Annalise ist heute 15 Jahre alt. Sie erzählt der Washington Post, dass sie am Ende der achten Klasse die einzige war, die kein Smartphone hatte. Wenn ihre Freund:innen etwas unternehmen wollten, verabredeten sie sich per Gruppenchats. Wenn Annalise bei Freunden übernachtete, musste sie zusehen, wie andere Mädchen auf ihren Handys scrollten – oft wusste sie deswegen nicht, über wen gerade getratscht wurde.

Kind mit Smartphone
Kinder mit Smartphone? Viele Eltern sehen das kritisch. © IMAGO

Am schlimmsten seien aber die Tanzwettbewerbe gewesen, bei denen immer alle in der Zeit zwischen den Auftritten am Handy hingen. „Ich habe versucht, mich mit den Leuten zu unterhalten, aber die waren immer nur auf ihren Handys oder auf Snapchat oder so“, sagt sie der Washington Post. „Ich war frustriert, weil ich eher ein schüchterner Mensch bin. Ich hatte das Gefühl, dass ich von allem ausgeschlossen wurde, und wusste nicht, wie ich mich einbringen konnte.“

Adriana Stacey sagt, sie wisse, wie schwer das für ihre Tochter war. „Es ist eine Art zweischneidiges Schwert“, erklärt sie. „Ich kann es bei meinen Kindern sehen und wie es sich auf sie und ihre Beziehungen auswirkt.“ Trotzdem sei sie davon überzeugt, dass der Verzicht auf ein Smartphone im Teenager-Alter trotz aller Schwierigkeiten besser sei, als den ganzen Tag auf Social Media zu hängen. Social Media Apps wie Instagram und Snapchat sind zudem toxisch – sie zerstören unsere Erinnerungen.

Social Media: „Das ist so viel zusätzlicher Stress in meinem Leben, den ich nicht brauche.“

Nicht alle in der Familie Stacey in Fayetteville sind begeistert vom Handy-Verbot: Annalises jüngere Geschwister setzen sich derzeit noch aggressiv für ein Smartphone ein, schreibt die Washington Post. Annalise hingegen hat begonnen, die Haltung ihrer Mutter zu verstehen. Wenn sich ihre Freund:innen über Social-Media-Dramen aufregen oder digitalen Klatsch verbreiten, dann sei sie irgendwie froh, dass sie nicht dazu gehöre, sagt Annalise. „Das ist so viel zusätzlicher Stress in meinem Leben, den ich nicht brauche.“
 
Vergangenes Jahr kaufte ihre Adriana Stacey ein einfaches Gerät namens „Gabb-Telefon“, mit dem Annalise telefonieren und simsen kann. Sie wisse zwar, dass sie sich irgendwann ein Handy kaufe (mit 18 dann eben), sei aber froh, dass sie so viel Zeit ohne Smartphone verbracht habe. Dadurch sei sie kontaktfreudiger geworden, meint sie. Und sie sei sich bewusster, wie digitale Medien die Menschen verändern. Wenn sie mit Freunden zusammen sei, verbrächten diese Ewigkeiten, ein perfektes Foto für Social Media zu schießen. „Sie wollen einfach nur schöne Bilder machen, damit jeder auf Instagram sehen kann, wie glücklich sie sind“, sagt sie. „Ich finde das seltsam, weil ich denke: Können wir nicht einfach das genießen, was wir tun?‘“

Sie wollen einfach nur schöne Bilder machen, damit jeder auf Instagram sehen kann, wie glücklich sie sind. Ich finde das seltsam, weil ich denke: Können wir nicht einfach das genießen, was wir tun?‘

Annalise (15), ist ohne Smartphone aufgewachsen

Auf unseren Smartphones tummeln sich viel zu viele Apps. Eine Aktivistin fordert nun: Löscht eure Zyklus-Apps vom Handy – wir erklären, was dahinter steckt.

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