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„Wir sind immer die Bittsteller“: Menschen mit Behinderung fordern Ende von „Licht ins Dunkel“

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Von: Johannes Pressler

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„Licht ins Dunkel“ ist die größte Spendenkampagne in Österreich. Eine neue Dokumentation beleuchtet die kritischen Seiten der beliebten ORF-Aktion.

Ausgerechnet heuer feiert „Licht ins Dunkel“ ihr 50. Jubiläum, doch selten in ihrer Geschichte wurde die Spendenkampagne dermaßen kritisiert. Als Initiative des ORF sammelt „Licht ins Dunkel“ jedes Jahr mehrere Millionen Euro an Spenden für Menschen mit Behinderung. Besonders beliebt ist die vorweihnachtliche „Gala für Licht ins Dunkel“. Alleine im letzten Jahr sahen insgesamt 3,6 Millionen Menschen in Österreich die ORF-Sendungen der Spendenkampagne. Das sei fast die Hälfte „der gesamten heimischen TV-Bevölkerung“, so der ORF. Eine neue Dokumentation der inklusiven Online-Plattform „Andererseits“ zeigt „Licht ins Dunkel“ jedoch von einer anderen Seite.

„Andererseits“-Dokumentation über „Licht ins Dunkel“

„Das Spenden-Problem: Warum Menschen mit Behinderung die Abschaffung von ‚Licht ins Dunkel‘ fordern“, heißt die 30 Minuten lange Dokumentation von „Andererseits“. Die Online-Plattform ist eine junge Redaktion, zu der auch Menschen mit Behinderung zählen. „Wir geben dem Journalismus zurück, was ihm fehlt: Die Perspektiven von Menschen, die er ausschließt“, gilt als Motto. In dem „Licht ins Dunkel“-Film zeigt sich deutlich, wie groß der Einfluss der Spendenkampagne ist. 2021 hat „Licht ins Dunkel“ mehr als 300 Projekte aus der Sozial- und Behindertenhilfe unterstützt. Jedoch nicht immer zur Begeisterung der Betroffenen.

Warum „Licht ins Dunkel“ abgeschafft werden soll

Der große Kritikpunkt an „Licht ins Dunkel“ sei die Art und Weise, wie die Menschen mit Behinderung dargestellt werden würden. Roswitha Schachinger, Vizepräsidentin des österreichischen Behindertenrats, sagt dazu in der „Andererseits“-Doku: „Es hat immer diesen Almosencharakter. Wir sind immer die Bittsteller.“ Daher gehöre „Licht ins Dunkel“ abgestellt. Der Grund dafür sei, dass Menschen mit Behinderung nicht von Spenden abhängig sein sollten, vielmehr sollten deren Menschenrechte geschützt werden. So steht es in der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen sowie im „Nationalen Aktionsplan Behinderung“ der Bundesregierung.

Die „Andererseits“-Dokumentation zeigt jedoch, dass Spenden von Hilfsorganisationen wie „Licht ins Dunkel“ für Menschen mit Behinderung oftmals alles andere als eine Ausnahme sein würden. Das kritisiert in dem Film auch eine Forscherin der Universität Wien. Problematisch sei nämlich, dass „Licht ins Dunkel“ die Behinderungen der Menschen als etwas Schlechtes darstellen würde. „Österreich verletzt mit der Aktion Menschenrechte. Sozialleistungen werden systematisch ausgelagert“, schreibt dazu „Andererseits“-Geschäftsführerin Clara Porák auf Twitter. Wie wichtig dieser kritische Blick auf „Licht ins Dunkel“ ist, zeigen auch folgende Social-Media-Reaktionen:

„Mir war nicht bewusst, dass Menschen mit Behinderung die wohl bekannteste Spendenaktion des Landes extrem kritisch sehen“

„Die heilige ‚Licht ins Dunkel‘-Kuh ist gar nicht so heilig“

„Österreich muss mehr tun, um die UN-Behindertenrechtskonvention einzuhalten“

„Endlich hört man auch mal die Betroffenen, anstatt nur über sie rührselig zu berichten“

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Anmerkung: Dieser Artikel wurde am 29. November 2022 veröffentlicht.

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