„Die Menschheit stirbt sowieso aus“: Richter treibt Klimaaktivistin Tränen in die Augen

„Letzte Generation“-Sprecherin Carla Hinrichs steht vor Gericht. Ein Spruch von Richter Weyreuther bringt die Aktivistin an ihre Grenzen. „Es ist schockierend.“
Am 10. Februar 2022 saß Carla Hinrichs in Berlin auf der Straße, jetzt, ein Jahr später steht sie vor Gericht. Der Klimaaktivistin der Letzten Generation wird Nötigung vorgeworfen. Es entwickelt sich ein Verfahren um grundsätzliche Fragen, Klimaschutz und das Ende der Menschheit.
Anders als viele Aktivist:innen der Letzten Generation verteidigt sich Hinrichs nicht alleine. Ihr ehemaliger Juraprofessor Gerd Winter unterstützt sie und ihren Protest. Gemeinsam haben sie eine Verteidigungsstrategie erarbeitet. „Ich erwarte von einem Rechtssystem, dass es sich wirklich die Lage anguckt. Dass es sich mit der Klimakrise auseinandersetzt und aufgrund der Fakten anerkennt, dass das eine akute Krise ist“, sagte Hinrichs vor Prozessbeginn in einem Interview mit der taz.
„Ich halte mein Verhalten nicht für strafbar“, stellte Hinrichs klar. Zuversichtlich konnte sie aber nicht in den Gerichtssaal gehen: „Der Richter hat mich schon vorab wissen lassen, dass er von der Strafbarkeit überzeugt ist und mich nur vor Gericht bestellt, um über das Strafmaß zu sprechen“, verriet sie. Dass sie bereit ist, für den Klimaprotest ins Gefängnis zu gehen, erklärte Hinrichs bereits im Dezember.
Richter teilt Überzeugung der Klimaaktivistin – verurteilt aber die Art des Protests
„Durch die Klimakrise bin ich unmittelbar bedroht“, plädierte Hinrichs dann vor Gericht. Der Richter müsse das in sein Urteil einfließen lassen, berichtet t-online.de vom ersten Prozesstag.
Und Richter Christoph Weyreuther machte der Aktivistin Hoffnung: „Das ist eine Überzeugung, die ich durchaus teile“, gestand er ein. Darin zwar vereint, finden beide Seiten bei der weiteren Verhandlung aber keinen gemeinsamen Nenner.
Blockadeaktionen beurteilt Richter Weyreuther als grundsätzlich falsch. „Es geht nicht um ihr Ziel, sondern die Art und Weise.“ Darum drehte es sich dann in der restlichen Verhandlung.
Spruch des Richters: „Letzte Generation“-Aktivistin vor Gericht unter Tränen
Damit waren die Fronten geklärt und die Diskussion wurde hitziger. Das gipfelte in einem Spruch des Richters, der für Hinrichs offenbar zu viel war.
„Der Mensch wird sowieso aussterben, davon bin ich fest überzeugt. Das lässt sich nicht verhindern, dafür ist er zu dumm.“
Hinrichs erklärte, alles Leben auf der Erde mit ihren Protestaktionen schützen zu wollen. Weyreuther entgegnete: „Kakerlaken auch? Und die Dinos sind schließlich auch ausgestorben. Der Mensch wird sowieso aussterben, davon bin ich fest überzeugt. Das lässt sich nicht verhindern, dafür ist er zu dumm.“ Diesen Moment hielt Hinrichs auch bei Twitter fest.

Der Aktivistin schossen die Tränen in die Augen, berichtet t-online.de. Unter Schluchzen habe sie dem Richter ins Gewissen geredet, die Menschheit werde sich um den letzten Tropfen Wasser bekriegen.
„Es ist schockierend“ – Verteidiger von Carla Hinrichs beantragt Richtertausch
Nach dem Prozess sagte Hinrichs: „Es ist schockierend, dass Menschen gewillt sind, sehenden Auges über die Klippe zu gehen. Er hat nicht verstanden, wie dramatisch die Krise ist. Da bin ich emotional geworden. Ich war einfach fassungslos. Er will mich bestrafen, weil ich noch Hoffnung habe.“
Ein 30-minütiges Schlussplädoyer durfte die Klimaaktivistin am Donnerstag (16. Februar) nicht halten. Richter Weyreuther ließ die Verhandlung vertagen. Womöglich stehen sich Hinrichs und Weyreuther nicht noch einmal gegenüber, Verteidiger Winter kündigte an, einen Richtertausch zu beantragen. Die Meinung von Weyreuther habe zu vorgefestigt gewirkt.