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Beauty-Filter machen uns psychisch krank und die TikTok-Chefs wissen das genau

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Von: Helena Dimmel

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Junge Frau nimmt ein Selfie von sich auf.
Beauty-Filter beeinflussen unser Selbstbild. © Pixabay

TikTok und Instagram sind unter GenZ-Kids inzwischen die meistgenutzten Social Media Apps der Welt. Ihre Schönheits-Algorithmen verzerren unser Körperbild und die Beauty-Ideale ganzer Generationen. Interne Berichte zeigen, dass die Firmen wissen, wie toxisch ihre Apps wirklich sind.

Maria* (*Name von der Redaktion geändert) ist die Kosmetikerin meines Vertrauens. Über mich gebeugt trägt sie die verschiedenen Tinkturen auf, minutiös bürstet sie jedes einzelne Härchen auseinander. Sie versteht ihr Geschäft - und deswegen komme ich regelmäßig zu ihr. Wir scherzen jedes Mal, diskutieren über dies und das. Doch heute erzählt sie mir unter anderem auch ernst, dass sie sich die Lippen machen lassen wird. „Weißt eh, wegen TikTok und so.“ Maria ist eine reflektierte, junge Frau; lustig, ehrgeizig. „Nur ein bisschen lass ich einspritzen. Ich will halt, dass die Lippen so ausschauen, wie ich sie mir normalerweise schminke.“ Sie wisse auch, dass ihre Entscheidung von Social Media beeinflusst sei. „Man unlocked halt eine ganz neue Art von Insecurities. Wenn ich den ganzen Tag nur andere Frauen anschaue, die alle schöner sind als ich, ist eh klar, dass ich mich nicht gut fühle.“

Die Filter haben Maria besonders an sich zweifeln lassen. „Zum Beispiel der Symmetrie-Filter. Da dreht man sein Gesicht seitenverkehrt und schaut dann, ob man immer noch attraktiv ist. Aber auch allgemein bearbeitete Bilder und Videos. Wenn ich sowas sehe, weiß ich, das ist Photoshop, oder da ist ein Filter drauf, aber ich vergleiche mich trotzdem und letzten Endes merke ich, wie ich mich selber danach nicht mehr schön finde.“

Was ist ein Beauty-Algorithmus?

Ein Algorithmus ist eine Handlungsvorschrift zur Lösung eines Problems oder einer Klasse von Problemen. Vor allem in der Informatik kommen Algorithmen zur Anwendung. Im Falle von Social Media kann man sich das so vorstellen: Ein Algorithmus schaut sich an, wie du klickst, was du likest und spielt dir dann ähnlichen Content aus, der für dich wichtig sein könnte. 

Es ist allgemein bekannt, dass Social Media Plattformen wie TikTok einen hochentwickelten Schönheitsalgorithmus verwenden, der jedem Gesicht in Bildern und Videos ein numerisches Attraktivitäts-Ranking gibt. Content mit “attraktiveren” Personen wird im Algorithmus stärker beworben. Da viele Social-Media-Algorithmen geschütztes geistiges Eigentum sind, kann man eigentlich nur losgelöst durch Experimente feststellen, was wahrscheinlich von einem Algorithmus gefördert wird.

Nackt, schön und standardisiert - so muss menschlicher Content sein, um beworben zu werden

Gelegentlich dringen dennoch Informationen darüber durch, was Social-Media-Unternehmen hinter den Kulissen tun. Laut einer Studie von Algorithm Watch gemeinsam mit dem europäischen Daten Journalismus Netzwerk werden von Instagram beispielsweise Fotos, auf denen eine Person leicht bekleidet ist, in den Feeds der Nutzer:innen häufiger beworben und angesehen. “Undress or fail” (Ausziehen oder verlieren) wurde die Studie betitelt. 

The Intercept berichtete bereits im März 2020, dass ein internes Dokument von TikTok die Moderator:innen dazu anwies, Posts von User:innen zu unterdrücken, die für die Plattform zu “hässlich, arm oder behindert” sind. „Hässliche Gesichtsausdrücke“ gelte es in Content zu vermeiden. Das Dokument teilt den Moderator:innen mit, dass Videos von Menschen mit „anormalen Körperformen“, „zu vielen Falten“, „offensichtlichen Narben im Gesicht“ und „Gesichtsmissbildungen” „weniger attraktiv sind, und nicht wert, neuen Benutzern empfohlen zu werden.“ 

Das Wallstreet Journal erhielt im September 2021 Zugang zu einem Facebook-internen Dokument, das auf Studien innerhalb des Konzerns zum Body Image der User:innen hinweist. Berichtet wird von den schädlichen Auswirkungen, die Instagram auf seine jüngeren Nutzer:innen hat, insbesondere auf Mädchen im Teenageralter. „Mit Instagram verstärken wir Body-Image Probleme für durchschnittlich eines von drei Teenager-Mädchen.” heißt es. 

Der Konsum von algorithmisch schönem Content wirkt sich negativ auf unsere mentale Gesundheit aus

Maria ist mit ihrem durch Social Media verzerrten Body-Image nicht allein. Mit einem simplen Google-Search wie „body image social media influence“ stößt man auf eine Vielzahl von Studien, die alle im Grunde das gleiche bezeugen: Ja, das Konsumieren von perfekten, gefilterten, gelifteten, glatten Körpern und Gesichtern schädigt unsere psychische Gesundheit. Immer öfter geht das so weit, dass gerade junge Frauen sich unters Messer legen. „Selfie Dysmorphia“ also frei übersetzt Selfie-Verformung, ist ein Phänomen von dem immer mehr plastische Chirurg:innen berichten. In einer Umfrage der American Academy of Facial Plastic and Reconstructive Surgery aus 2017 gaben 55% der Schönheits-Chirurg:innen an, dass ihre Patient:innen gezielt OPs in Anspruch nehmen, um so aus zu sehen, wie auf den gefilterten Selfies diverser Social Media Anbieter.

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