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Glücksspiel, Rassismus und Pädophilie-Vorwürfe – Twitch hat eine wilde Woche hinter sich

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Auf Twitch ging es die vergangene Woche rund: Von Betrug über verbotene Glücksspiel-Streams bis zu Pädophilie-Vorwürfen war alles dabei.

Auf Twitch gab es in letzter Zeit so viel Chaos, dass das „Don‘t Worry Darling“-Drama mit Harry Styles fast schon langweilig scheint. Die Livestreaming-Plattform von Amazon, die täglich rund 31 Millionen Besucher hat, sah sich mit internen Streitigkeiten und schwerwiegenden Anschuldigungen gegen ihren beliebtesten Creator:innen, Berichten über angeblichen Kindesmissbrauch und zwei wichtigen Änderungen der Richtlinien konfrontiert.

„Das war die chaotischste Woche auf Twitch, die ich je erlebt habe“, twitterte eine Person am 19. September. „Auf Twitch geht gerade der verrücktesten Sche*ß“, schrieb eine andere Person am 20. September. Und das war, bevor die Hälfte der Neuigkeiten überhaupt öffentlich wurden.

Lasst uns also mal schauen, was diese Woche alles auf Twitch abging:

„Diese Woche auf Twitch“, schreibt dieser User auf Twitter und hinterlegt ein Bild eines explodierenden Autos.

XQc streamte einen Streit mit seiner Exfreundin

Félix Lengyel, auf Twitch als xQc bekannt, geriet am 15. September vor mehr als 125.000 Zuschauern mit seiner Ex-Freundin und Streamer-Kollegin Adept aneinander. Während des emotionalen Streits schrien sich die beiden an, und xQc behauptete, er sei gezwungen worden, sich zwischen Adept und seiner Familie zu entscheiden. Am nächsten Tag twitterte Adept, dass sie sich wünschte, sie hätten „persönliche Angelegenheiten privat gehalten“. Auch Twitter-User:innen fanden das ganze Drama verrückt (siehe Tweet 2).

„XQc, der sich vor 120.000 Zuschauer:innen mit seiner Ex streitet, ist wahrscheinlich das Widerlichste, was ich seit langem auf Twitch gesehen habe. Der Kerl ist so verrückt“, schrieb ein:e Zuschauer:in auf Twitter. Ein:e andere:r fand es „schmerzhaft anzuschauen“.

Ein:e weitere Streamer:in, QTCinderella, twitterte (den Tweet – siehe unten – löschte er:sie später wieder), dass xQc seine Ex „als Geisel für Inhalte mit einem Publikum, das Frauen hasst“ hält. Hasan Piker (auf Twitch als HasanAbi bekannt) kritisierte laut Dexerto die Art und Weise, wie xQc mit der Trennung umgegangen war, sowie seine daraus resultierende Abwesenheit von einem großen Event für Streamer namens Shitcamp. XQc nannte Piker daraufhin eine „Schlange“.

Am 20. September entschuldigte sich xQc laut Dexerto bei Adept, als sie sich wieder auf Twitch trafen, um eine Runde Paint zu streamen. Adept sagte, sie verstehe, dass die Fans „aufgeregt“ waren, weil sie beide „emotional“ waren, und xQc sagte, er sei „durchgedreht“. „Es tut mir leid, dass es so ausgegangen ist“, erklärt sich xQc. Später sagte er weiter: „Hier ist niemand ein Bösewicht“.

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Sliker auf Twitch hat seine Fans betrogen hat, um Spielsucht zu finanzieren

Am 17. September gab der Twitch-Streamer Abraham „Sliker“ Mohammed in einem Video zu, dass er Fans und Creator:innen um mindestens 200.000 Dollar betrogen hat, um seine Spielsucht zu finanzieren (andere behaupten, dass die Gesamtsumme bei über 380.000 Dollar (393.275 Euro) liegen würde, das ist jedoch nicht bestätigt). Sliker behauptete, er hätte das Geld gebraucht, weil sein Bankkonto gesperrt worden war, und hätte das Geld dann verwendet, um auf den Ausgang von Counter-Strike: Global Offensive Spielen und Sport zu wetten.

Streamer Jake Lucy berichtete auf Twitter (siehe unten), dass Sliker mehreren Fans und anderen Streamern angeschrieben und sie nach Geld gefragt hatte. Einige Leute gaben ihm mehrere tausend Dollar.

Ein weiterer Creator auf Twitch, Lacari, kritisierte Sliker in einem Tweet: „Such dir Hilfe @Sliker, du hast offensichtlich ein ernsthaftes Problem und hoffentlich öffnet dir diese Situation die Augen. Es ist an der Zeit, deine Clown-Schuhe auszuziehen. Du bist besser als das hier.“

Als Reaktion darauf kündigten Streamer:innen wie Pokimane (Imane Anys) und Mizkif (Matthew Rinaudo) an, Twitch in der Weihnachtswoche aus Protest gegen die Glücksspielregeln der Plattform zu boykottieren, wie Kotaku berichtete. XQc twitterte (siehe unten), dass er und sein Streamer-Kollege Ludwig (Ludwig Ahgren) daran arbeiten, dass die Betrogenen ihr Geld zurückbekommen.

Twitch verkündet Verbot von Glücksspiel-Streams

Nachdem beliebte Streamer:innen Twitch unter Druck gesetzt hatten, kündigte das Unternehmen am 20. September an, das Streaming von Glücksspiel-Websites, die in den USA verboten sind, einzustellen. Sportwetten, Fantasy-Sport und Poker werden weiterhin erlaubt sein. Die vollständige Richtlinie soll veröffentlicht werden, bevor die neuen Regeln am 18. Oktober in Kraft treten.

Twitch teilte Bloomberg im August mit, dass es sich mitten in einer „eingehenden Untersuchung des Glücksspielverhaltens [der Streamer:innen]“ befinde, wollte der Washington Post aber nicht sagen, inwieweit diese Untersuchung bei der Änderung der Unternehmensrichtlinien eine Rolle spielte. Devin Nash, ein Streamer, der Twitch wegen Bedenken hinsichtlich der Glücksspielpolitik des Unternehmens verließ, twitterte, dass das Verbot nicht weit genug gehe, um gegen „auf Glück basierende Spiele“ vorzugehen.

Ein Fan kritisierte auf Twitter einige Reaktionen auf die Ankündigung des Verbots: „Das Glücksspielverbot zeigt, wie sexistisch männlichen Twitch-Streamer sind. Bitte erklärt mir, wie eine Frau, die einfach in einem Whirlpool redet, genauso gefährlich ist, wie vor 100.000 Leuten Glücksspiele zu spielen.“

Was hinter den Kulissen von Glücksspielen so abgeht, erzählt hier der Mitarbeiter eines Glücksspiel-Anbieters.

Twitch in der Kritik: Rassismus, Hasskriminalität und sexuelle Inhalte sind ein großes Problem

Angesichts der schnellen Reaktion der Plattform auf dieses Problem kritisierten einige Nutzer:innen, dass Twitch nicht mehr gegen Rassismus, Hasskriminalität und sexuelle Inhalte unternimmt, die schon lange in der Kritik stehen. Eine Person, die an der Aktualisierung der Glücksspielpolitik beteiligt war, sagte gegenüber BuzzFeed News US, dass diese bereits seit mehreren Monaten in Arbeit gewesen sei.

Streamer TerribleGaming123 schrieb dazu auf Twitter: „Twitch kümmerte sich schneller um das Glücksspielproblem als um den ganzen Rassismus und Hass. Prioritäten setzen und so...“

Mizkif entschuldigt sich für sein Verhalten auf Twitch

In einem Streit, der wegen des Glücksspielverbots begann, beschuldigte der Streamer Trainwreckstv seinen Twitch-Kolleg:in Mizkif, einen angeblichen sexuellen Übergriff zu vertuschen.

Streamerin AdrianahLee sagte während eines Livestreams, dass CrazySlick, Mizkifs Freund und ehemaliger Mitbewohner, ihr anzügliche Nachrichten geschickt und sie berührte hatte, als sie auf einer Party ohnmächtig geworden war. CrazySlick bestritt die Vorwürfe in einem Tweet vom 19. September.

„Ich habe nie jemanden sexuell belästigt und werde es auch nie tun“, sagte CrazySlick in einem inzwischen gelöschten Tweet, von dem The Verge allerdings einen Screenshot machte. „Ich werde mir so schnell wie möglich einen Anwalt nehmen. Lernt von der Johnny Depp Situation und denkt zuerst nach.“

Twitch-Streamer Mizkif verharmloste sexuelle Belästigung – entschuldigt sich aber

AdrianahLee sagte, Mizkif und seine damalige Freundin Maya Higa hätten ihr erklärt, was sie sagen solle, um zu vermeiden, dass sie nach dem angeblichen Vorfall „sozial ausgeschlossen“ werde. AdrianahLee spielte Clips ab, in denen Mizkif den angeblichen Übergriff als „Belästigung“ bezeichnete.

Mizkif schrieb in einem Statement vom 20. September, dass er „unentschuldbare Aussagen“ gemacht habe und entschuldigte sich bei AdrianahLee und „allen von sexueller Belästigung Betroffenen“ für die Verharmlosung der angeblichen Handlungen von CrazySlick.

Das ist nicht alles, wofür er sich entschuldigte: Am 20. September teilte der Streamer Ice Poseidon Nachrichten, die Mizkif 2018 und 2019 verschickt hatte und in denen Mizkif rassistische und homophobe Beleidigungen verwendete. Selbst im Jahr 2022 sind Homophobie und Rassismus leider noch ein Thema. Diese Forderungen müssen LGBTQI+ auch dieses Jahr noch stellen.

„Ich war ein dummer, schräger Typ, der eine Menge dummer Dinge zu seinen Freund:innen gesagt hat“

In seiner Erklärung räumte Mizkif ein, dass er in den Nachrichten von 2018 „verwerfliche Dinge“ gesagt habe, und entschuldigte sich für sein „schlechtes Urteilsvermögen“. „Ich war ein dummer, schräger Typ, der eine Menge dummer Dinge zu seinen Freund:innen gesagt hat, um lustig und cool zu wirken“, sagte er. „Ich kann nicht ändern, was ich gesagt habe, aber ich kann ändern, wer ich bin und wie ich mich verhalte.“

Mizkif sagte, er lasse sich von seinen organisatorischen Aufgaben bei OTK, einem Unternehmen für die Erstellung von Inhalten, beurlauben. Das Unternehmen gab eine Erklärung (siehe unten) ab, in der es seine Beurlaubung bestätigte und ankündigte, eine dritte Partei mit der Untersuchung von Mizkifs Handlungen zu beauftragen.

Brisanter Bericht enthüllt weit verbreitete Kindesmisshandlung auf Twitch

Am 21. September stellte eine Untersuchung von Bloomberg News fest, dass zwischen Oktober 2020 und August 2022 bis zu 279.000 Kinder Ziel von Accounts auf der Streaming-Plattform waren. Die Untersuchung ergab, dass insgesamt 1976 Nutzer:innen in dieser Zeit systematisch junge Streamer:innen verfolgten und sie manchmal zum Tanzen oder anderen Aktionen aufforderten.

„Selbst ein einziger Fall von ‚Grooming‘ [Anm. der Red.: Als Grooming (zu Deutsch sinngemäß „Anbahnung“) wird die gezielte Kontaktaufnahme Erwachsener mit Minderjährigen in Missbrauchsabsicht bezeichnet] ist für uns abscheulich“, sagte Tom Verrilli, Chief Product Officer von Twitch, als Reaktion auf den Bericht. „Wenn es stimmt, zeigen die von Ihnen genannten Daten, dass wir noch nicht den Schutz bieten, den wir anstreben – das ist sehr beunruhigend. Diese Arbeit ist für jeden bei Twitch von entscheidender Bedeutung, und wir werden nicht damit aufhören.“

Ein:e Sprecher:in von Twitch sagte, die Plattform „entwickle zahlreiche zusätzliche Updates“, die Täter:innen erkennen und ihre Konten löschen können, aber Bloomberg News identifizierte viele Fälle von offensichtlichem Grooming bei Kindern, die möglicherweise nicht gemeldet wurden.

Twitch wird für seine aktualisierte Umsatzbeteiligungspolitik heftig kritisiert

Als ob die Woche nicht schon stressig genug gewesen wäre, veröffentlichte Twitch-Präsident Dan Clancy am 21. September einen Blogbeitrag, in dem er Pläne ankündigte, die Vereinbarung des Unternehmens zur Aufteilung der Einnahmen mit Streamer:innen zu standardisieren. Top-Creator:innen haben in der Vergangenheit einen 70/30-Anteil an den Abonnementgewinnen erhalten, was besser ist als die standardmäßige 50/50-Aufteilung der Einnahmen, die neuen Streamer:innen angeboten wird.

Twitch-Abos fangen preislich bei 4,99 US-Dollar (5,17 Euro) im Monat an und bieten Zuschauer:innen eine Möglichkeit, Streamer:innen zu unterstützen und im Gegenzug besonderen Zugang zu Inhalten und andere Vorteile zu erhalten. Amazon Prime-Abonnent:innen erhalten jeden Monat ein kostenloses Twitch-Abo, für welches Twitch selbst die Kosten übernimmt.

„Wir halten es nicht für richtig, dass diejenigen, die einen Standardvertrag haben, unterschiedene Umsatzanteile bekommen, die von der Größe des:r Streamer:in abhängen“, schrieb Clancy. Die Anpassung wird sich auf die großen Twitch-Streamer:innen auswirken, die zum Aufbau der Plattform beigetragen haben.

Twitch will größere Umsatzanteile behalten

Bloomberg News berichtete im April, dass Twitch seine Vereinbarungen über die Umsatzbeteiligung mit Top-Streamer:innen anpassen will, um die Gewinne zu steigern. Mehr als 22.000 Streamer:innen haben die Plattform gebeten, dass alle Creator:innen 70 Prozent der Einnahmen erhalten, aber Twitch plant stattdessen das Gegenteil.

Clancy sagte, ein Grund für die Änderung seien die Kosten für die Zusammenarbeit mit den Videodiensten von Amazon. Aber Amazon ist Eigentümer von Twitch. Eine Person, die mit der Aktualisierung der Richtlinien vertraut ist, sagte gegenüber BuzzFeed News US, dass Amazon ihnen einen Service anbietet, der bezahlt werden muss, egal wem Twitch gehört.

„Die Position von Twitch scheint zu sein, dass Amazon so viel Geld verlangt, um das Geschäft zu betreiben, dass das Unternehmen keine andere Wahl hat, als mehr Geld von Streamer:innen zu nehmen“, twitterte der Tech-Reporter Sam Biddle (siehe unten).

Neue Twitch-Regelungen verärgern Streamer:innen

Die Streamer waren, wie zu erwarten, verärgert über diese neuen Twitch-Regelungen. „Was für ein Chaos. Im Besitz von Amazon und benimmt sich wie eine Amateurplattform. Es ist kein Wunder, dass so viele eurer Partner zu YouTube abspringen“, schrieb Jacksepticeye, der Twitch für YouTube Gaming verlassen hat. „Es ist ganz offensichtlich, dass die Verantwortlichen bei Twitch nicht wissen, wie sie Twitch profitabler machen können“, twitterte Ice Poseidon.

Ehemalige Twitch-Mitarbeiter:innen wie Theo Browne und djWHEAT (Marcus Graham) organisierten einen Twitter-Raum, in dem sie ihre Bedenken über die Monetarisierung auf Twitch diskutierten und Streamer:innen dazu ermutigten, ihre Einnahmequellen mit Diensten wie YouTube und Patreon zu erweitern.

Matt Gaetz, republikanischer Hardliner, ist jetzt auch auf Twitch

Um eine kontroverse Woche auf der Plattform abzurunden: Der republikanische Abgeordnete Matt Gaetz aus Florida trat am 22. September Twitch bei, was auf Ablehnung stieß. Am 23. September riet die Staatsanwaltschaft laut Washington Post von einer Anklage gegen Gaetz in einer seit langem laufenden Ermittlung wegen des Verdachts auf Frauenhandel ab. Auch für ihn war es eine arbeitsreiche Woche.

Gaetz ist ein großer Trump Unterstützer. Dieser wurde gerade wegen gestohlener geheimer Dokumente angeklagt. Hier erfährst du die neun wichtigsten Dinge, die wir aus der Anklage gegen Trump gelernt haben.

Autorin ist Kelsey Weekman. Der Artikel erschien am 23. September 2022 auf buzzfeednews.com. Aus dem Englischen übersetzt von Friederike Hilz.

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