Österreichs Gletscher könnten sich schon diesen Sommer endgültig verabschieden

Der Winter hat Österreichs Gletschern wenig Schnee beschert. Wenn der Sommer so weiter macht, schmilzt auch dieser dahin. Saharastaub tut sein Übriges.
Hoffen wir, dass es mit dieser Bauernregel doch nichts auf sich hat. Am Siebenschläfertag, der stets auf den 27. Juni fällt, gilt nämlich dieser Spruch: „Wie das Wetter am Siebenschläfer sich verhält, ist es sieben Wochen lang bestellt.“ Den gibt es in verschiedenen Abwandlungen, inhaltlich bedeutet er immer aber: Je nachdem, ob es regnet, angenehm warm oder aber brütend heiß ist, so wird es im Juli und in Teilen des August sein.
In Österreich hat es Temperaturen jenseits der 30-Grad-Marke
Eingedenk der Tatsache, dass der 27. Juni 2022 österreichweit mit Temperaturen zum Teil weit jenseits der 30-Grad-Marke aufwartete, keine schönen Aussichten. Darunter hat auf Dauer nicht nur der menschliche Organismus zu leiden, sondern allem voran die Natur. Dass die Klimakrise bereits da ist, kann niemand leugnen. Es ist oft viel zu lange trocken, es kommt zu gehäuften sogenannten Wetterphänomenen wie Stürmen und Überschwemmungen, andere Landstriche verdorren. Den Seen geht vermehrt das Wasser aus.
Darunter leiden auch die österreichischen Gletscher, zumindest wenn es mit der Sommerhitze tatsächlich so weiter geht. Die Voraussetzungen sind jedenfalls nicht gerade die besten. Die Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) hat gemeinsam mit der Universität für Bodenkultur Wien (BOKU) ihr Gletscherbeobachtungsprogramm durchgeführt. Die dabei vermessenen Gletscher in den Hohen Tauern haben dabei weniger schöne Daten zutage gefördert. Sie weisen eine der geringsten Schneehöhen der letzten Jahre auf, gemessen wird zum Teil seit 1987. Vielerorts ist jeglicher Schnee bereits geschmolzen, darunter kommt bereits das blanke Eis zum Vorschein. Auch das beginnt sich schön langsam, aber sicher, zu verflüssigen. In Zahlen gab es heuer 70 bis 90 Zentimeter weniger Schnee als im Durchschnitt. Vor dem Sommer, wohlgemerkt. Auch Protestaktionen von fast 170.000 Menschen bringen da wenig.
Der Sommer wird für die Gletscher entscheidend
Wie alle Wissenschafter:innen wiegen jene von der ZAMG ab, auch wenn sie sich keine großen Hoffnungen machen. „Für die langfristige Entwicklung der Gletscher in Österreich ist (...) die Witterung im Sommer wichtiger als im Winter“, erklärt Gletscherexperte Anton Neureiter von der ZAMG in einer Aussendung. „Entscheidend ist, ob gelegentliche Kaltlufteinbrüche im Sommer auf den Gletschern Schnee bringen. Denn eine frische, sehr weiße Schneedecke reflektiert die Sonnenstrahlen zu fast 100 Prozent und kann den Gletscher bis zu einer Woche vor dem Schmelzen schützen. Ein Gletscher ohne Neuschnee ist hingegen viel dunkler, nimmt daher viel Sonnenstrahlung auf und kann in einer Woche bis zu einem halben Meter Eisdicke verlieren.“
Es ist noch nicht alles verloren, so das Wetter eben mitspielt. In Wahrheit ist es aber nur eine Frage der Zeit, dass wir uns von unseren Gletschern verabschieden müssen, mit ungeahnten Auswirkungen. Saharastaub, ansonsten ungefährlich und wegen seiner Mineralstoffe sogar nützlich, spielt hier ebenfalls eine Rolle. Sein immer massiveres Aufkommen sorgt nicht nur für den sogenannten Blutregen und dient als natürlicher Dünger.
Saharastaub verschmutzt den Schnee
Er hat den Schnee auch verschmutzt, bereits im März. Und als es im Mai unerwartet und plötzlich über Gebühr warm geworden ist, hat der Saharastaub wie ein Schmelzbeschleuniger gewirkt: Dadurch, dass der Schnee nun „dunkler“ geworden ist, kann er Sonnenlicht weniger gut reflektieren, im Gegenteil, er zieht es leichter an. Die Folge: Der Schnee und letztlich auch der Gletscher schmelzen schneller. Hoffen kann man lediglich auf Sommerschnee im Juli und im August. Der ist allerdings schon in den letzten Jahren immer öfter ausgeblieben.