GLOBAL 2000: Alles, was ihr über die österreichische Umweltschutzorganisation wissen müsst
Angefangen hat alles mit einer Umweltstudie namens GLOBAL 2000. Wie sich daraus eine populäre Umweltorganisation mit Sitz in Wien entwickelte und wofür sie heute noch steht, erfährt ihr jetzt.
GLOBAL 2000 ist eine österreichische unabhängige Umweltschutzorganisation, die seit knapp 40 Jahren Umweltaktionen in Österreich umsetzt.

GLOBAL 2000: Namensgebung und Geschichte
Auslöser für die Gründung von GLOBAL 2000 war eine Umweltstudie, die 1981 eigentlich von der US-Regierung in Auftrag gegeben wurde und zentrale Entwicklungen der Umweltbedingungen und ihre Auswirkungen auf die Zukunft der Menschheit bis zum Jahr 2000 bestimmen sollte. Schlüsselfigur war der damalige US-Präsident Jimmy Carter, der sie initiierte und vom Council on Environmental Quality und dem US-Außenministerium ausarbeiten ließ. Durch ihre teils treffenden Prognosen hinsichtlich eines überproportionalen Bevölkerungswachstums und der Klimaveränderungen (ja, das wurde schon damals beobachtet) gilt die Studie als Meilenstein in der Entstehung der modernen Umweltschutzbewegung.
Auch im deutschsprachigen Raum fand die Studie schnell Anklang. Alleine in Deutschland wurde sie trotz des gewaltigen Umfangs von über 1.500 Seiten über 500.000 Mal verkauft. In Österreich war für sechs Freunde aus der Anti-Zwentendorf-Bewegung das bloße Lesen zu wenig. Sie entschlossen sich 1982, eine gleichnamige Organisation in Wien zu gründen, und gegen die beschriebenen Folgen der Umweltveränderungen vorzugehen.
GLOBAL 2000: Gegen Atomkraft
Die Umweltorganisation widmete sich zunächst der damals aufkommenden kollektiven Angst der Österreicher:innen, die vor allem aus den neuen Technologien resultierte: der Atomkraft. Bezüglich Atomkraft waren die Gründer:innen, wie oben beschrieben, bereits tief in die Materie eingetaucht. Schon vier Jahre vor der Gründung des Vereins verhinderte eine Volksabstimmung die Inbetriebnahme des AKW Zwentendorfs.
GLOBAL 2000 knüpfte an jener als problematisch empfundenen Thematik an und organisierte etwa Proteste gegen grenznahe Kraftwerke wie Bohunice, Krsko oder Temelin. Zuletzt konnte man durch die Unterstützung von 261.000 Menschen die Inbetriebnahme des slowakischen AKWs Mochovce verhindern, indem man die Parteien zu einem transnationalen Schulterschluss drängte.
Nach jahrelangem Ringen konnte 2014 erzielt werden, dass Österreich als erstes Land überhaupt die Herkunft des Stroms kennzeichnet: Atomstrom bekommt ein Mascherl und kann sich nicht mehr hinter „Graustrom“ verstecken.
GLOBAL 2000: Gegen Luftverschmutzung
Erste Projekte drehten sich vor allem auch um die Luftverschmutzung. 1983 protestierten GLOBAL 2000-Aktivist:innen auf den Schornsteinen zweier kalorischer Kraftwerke und einer Sondermüllverbrennungsanlage mit riesigen Transparenten gegen die steigende Luftverschmutzung. Durch diese Thematik erhielt der Verein erstmals Einzug in die Medienwelt. Dies führte dazu, dass Regierungen die Kraftwerke mit Filteranlagen und Kraft-Wärme-Kopplungen ausrüsten ließen.
1987 kam es bereits zum nächsten Luft-Erfolg. GLOBAL 2000 zeigte auf, dass die Müllverbrennungsanlage Flötzersteig durch unsortierten Müll und eine geringe Recyclingquote als absolute umweltschädlich eingestuft werden muss. Da die Politiker:innen zunächst aber sämtliche Warnungen ignorierten, besetzten fünf Aktivist:innen 36 Stunden lang den Schornstein der Anlage. Aufgrund des Drucks der Öffentlichkeit wurden schließlich Rauchgaswaschanlagen eingebaut und die Wiener Müllpolitik neu konzipiert.
2021 erreichte man den Durchbruch punkto Kohlekraftwerke. Da man neben dem „Verbund“ nun auch die „EVN“ überzeugen konnte, auf Kohlestrom zu verzichten, ist Österreich seit September 2021 „kohlestromfrei“.
GLOBAL 2000: Gegen Chemikalien und Pestizide
Auf Grundlage von eigens angelegten Studien fand die Organisation 2011 heraus, dass in neun von zehn Babyschnullern die hormonelle wirksame Chemikalie BPA verwendet wurde. Der Handel ließ die Produkte zurückziehen, betroffene Firmen stellten die Produktion ein und Österreich erließ als erstes Land ein BPA-Verbot in Schnullern. Auch in Kosmetika wurde hormonell wirksame Chemikalien festgestellt, weshalb die betroffenen Märkte ihr Sortiment umstellten.
Das umstrittene Unkrautvernichtungsmittel Glyphosat darf aufgrund des Engagements von GLOBAL 2000 bereits seit 2015 nicht mehr im Zuge der Vorerntebehandlungen des Brotgetreides verwendet werde. Mittlerweile stufte selbst die WHO Glyphosat als krebserregend ein.
Bezüglich Insektiziden konnte 2018 ein enormer Durchbruch erreicht werden. GLOBAL 2000 wies gemeinsam mit zahlreichen Imker:innen 15 Jahre lang auf das bienenschädliche Neonicotinoide, welches für Wintergetreide eingesetzt wird, hin. Daraufhin beschlossen die EU-Mitgliedstaaten das endgültige Verbot des Insektizids.
In Kooperationen mit lokalen und nationalen Supermärkten, versucht der Verein zudem, schädliche Pestizide in konventionellem Obst und Gemüse zu reduzieren. So konnten etwa die Rückstände von Keimhemmungsmitteln in Kartoffeln seit 2012 mehr als halbiert werden.
GLOBAL 2000: Gegen Gentechnik
Bereits 1997 machte man diesbezüglich große Fortschritte. Das vom Verein mitinitiierte Volksbegehren „Gegen Gentechnik“ sammelte 1,23 Millionen Unterschriften und war damit das zweiterfolgreichste Volksbegehren in der österreichischen Geschichte. Es löste europaweit eine Dynamik aus, die dazu führte, dass es in der EU zu einem Quasi-Gentechnik-Verbot kam.
GLOBAL 2000: Gegen Klimakrise und Plastik
Als Teil des internationalen Netzwerks „Friends of the Earth“ beteiligt sich die Organisation seit vielen Jahren an der internationalen Klimaschutzarbeit und kämpft für ein weltweites Klimaschutzabkommen. Im Dezember 2015 war es dann so weit: 196 Staaten schließen das „Pariser Klimaabkommen” ab.
Auch dem Plastiksackerlverbot, das in Österreich seit 2020 gilt, hat GLOBAL 2000 den Weg bereitet. Nun will man sich verstärkt für die umfassende Umsetzung der „EU Einweg-Plastik Richtlinie“ in Österreich einsetzen.
Die Strukturen und Finanzen der Organisation
GLOBAL 2000 setzt sich mittlerweile aus den Vereinen GLOBAL 2000 Umweltschutzorganisation und GLOBAL 2000 Umweltforschungsinstitut (UFI), welches 1991 gegründet wurde und eigene Studien durchführt, zusammen. Das Team besteht aus rund 70 Vollzeitmitarbeiter:innen und zahlreichen freiwilligen Aktivist:innen. Es verfügt über ein sechsköpfiges Vorstandsteam, das derzeit aus folgenden Mitgliedern besteht: Miriam Bahn, Dominik Linhard, Barbara Studeny, Evelyn Knoll, Franz Schättle und Daniela Unterholzner. Als politische Geschäftsführerin fungiert derzeit Agnes Zauner, während Rene Fischer das Amt des wirtschaftlichen Geschäftsführers übernimmt.
GLOBAL 2000 finanziert sich größtenteils über Spenden. Der Rest der Einnahmen stammte aus Förderungen und Kooperationen mit Unternehmen – etwa dem Handelskonzern Rewe, der seit zehn Jahren seine Obst- und Gemüselieferungen von Global 2000 auf Pestizidrückstände untersuchen lässt. Rund zwei Drittel des Budgets fließen in die Kampagnen des Vereins, ein knappes Sechstel in Fundraising und Organisation.
GLOBAL 2000: Sprungbrett für einige Politikerinnen
Viele Politikerinnen der SPÖ und der Grünen waren zuvor aktive Mitglieder des Umweltschutzvereins. Allseits bekannt ist etwa Ex-Klubobfrau Eva Glawischnig, die von 1992 bis zu ihrem Einstieg in die Wiener Gemeindepolitik 1996 als juristische Beraterin für GLOBAL 2000 arbeitete.
Auch Ulrike Sima, die seit 2004 als Stadträtin in der Wiener Landesregierung tätig ist, machte ihre Anfänge im Rahmen des Vereins. Nach Abschluss ihres Studiums wurde sie Mitarbeiterin der Umweltschutzorganisation, wo sie anfangs als Regenwaldreferentin, ab 1995 als Gentechnikexpertin und Leiterin der gegen die landwirtschaftliche Nutzung von Gentechnologie gerichteten Gentechnikkampagne des Vereins arbeitete.
Last but not least war auch die aktuelle Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie, Leonore Gewessler, für GLOBAL 2000 tätig. Dort erreichte sie sogar das höchste Amt und war von 2014 bis 2019 als Geschäftsführerin tätig.